Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Das Ziel ist kostenloses WLAN für alle“
Martin Rösner von der Freifunk-Initiative Tettnang über das geplante freie Internet in Aulendorf
AULENDORF/TETTNANG - Im Aulendorfer Schloss, in der Hauptstraße und der Bachstraße und auch am Bahnhof soll es künftig kostenloses WLAN geben. Umsetzen möchte es die Stadtverwaltung mittels der Freifunk-Technik. Karin Kiesel hat sich mit Martin Rösner von der von der Stadt hinzugezogenen Freifunk-Initiative Tettnang über Möglichkeiten, Ziele und ein freies Netz unterhalten.
Herr Rösner, was ist Freifunk und wer steht dahinter?
Die Freifunk-Initiative ist vor etwa 16 Jahren in Berlin losgetreten worden von Menschen, die freies WLAN anbieten wollten. Sinn und Zweck der Grundidee, die sich mittlerweile deutschlandweit etabliert hat, ist, unzensiertes und kostenloses WLAN für alle zur Verfügung zu stellen. Nutzer müssen keine Haken setzen oder etwas anklicken oder Datenschutzbestimmungen zustimmen, sondern können das Internet sofort und problemlos nutzen. Das Netz eignet sich besonders auch für Flüchtlinge, die via Whatsapp oder Facebook in ihre Heimat kommunizieren wollen. Freifunk ist ein Netz von Bürgern für Bürger. Es steht kein Provider wie beispielsweise Telekom oder Unitymedia dahinter und es geht somit nicht um Profit.
Wie funktioniert Freifunk?
Das ist recht simpel. Es geht darum, dass der eigene Internetzugang mit anderen geteilt wird, da man in der Regel die verfügbare Datenrate alleine gar nicht verbrauchen kann. Zum eigenen Router beispielsweise von Unitymedia wird der Freifunk-Router dazu gestellt. Auf diesem ist ein spezielles Betriebssystem, die Firmware, die Linux-basierend ist. Der FreifunkRouter verbindet sich via VPN-Tunnel mit einem Freifunk-Knoten über den vorhandenen Router des jeweiligen Providers. Damit sind die Menschen geschützt, die ihren Internetzugang via Freifunk mit anderen teilen. Man kann das auch mit dem Router vom Anbieter machen ohne die Freifunk-Technik, dann allerdings wird das Heimnetz geöffnet und es gibt keine Sicherheitsbarrieren mehr. Das heißt, Unbefugte können Zugang zu Handys, Druckern oder Smart TVs bekommen, die ans Heimnetz angeschlossen sind. Das kann mit der Freifunk-Technik nicht passieren. Der Freifunk-Router spannt ein zweites WLAN-Netz auf. Dieses Netz ist frei, also nicht verschlüsselt. Und das Netz heißt dann Freifunk-Aulendorf.
Benötigen Nutzer ein Passwort?
Nein. Es wird nichts benötigt, auch kein Passwort. Wer beispielsweise mit dem Smartphone an einem Freifunk-Netz vorbeikommt und WLAN aktiviert hat, kann gleich lossurfen.
Entstehen für den Anbieter oder den Nutzer Kosten?
Für denjenigen, der sein Netz teilt und einen Freifunk-Router anschafft, fallen einmalige Kosten für den Router an. Ansonsten ist es kostenlos und für jeden zugänglich. Die Kosten für einen Router belaufen sich auf 20 Euro für die kleine Variante bis zu 100 Euro für einen leistungsstarken Router.
Gibt es bei der Freifunk-Technik Grenzen oder Einschränkungen?
Je nach verbautem Prozessor können bei einem kleinen Router fünf bis zehn Leute problemlos gleichzeitig surfen oder Whatsapp schreiben. Da die Rechenleistung wegen der eingesetzten Kryptografie aber hoch ist, können jedoch nicht alle gleichzeitig Netflix-Filme schauen. Ein großer Router oder zwei mittlere schaffen das hingegen locker, auch für 20 bis 30 Leute gleichzeitig. Gaststätten beispielsweise sollten also eher auf die größere Lösung setzen.
Woher kommt die Software auf den Routern?
Die wird von der Freifunk-Gruppe in Deutschland programmiert, jede Untergruppe, wie beispielsweise Freifunk Bodensee, modifiziert diese auf ihre Gegebenheiten. Die Basis ist immer die gleiche: Es ist ein Linux-Betriebssystem und darauf läuft die FreifunkSoftware. Das ist vergleichbar mit einem Android-Betriebssystem, das die Smartphonehersteller anpassen.
Was sind die Vorteile von Freifunk?
Es ist ein dezentrales Bürgernetz von Bürgern für Bürger. Es ist günstig, macht das Heimnetz sicher und das Netz wird nicht zensiert, das heißt, es laufen keine Filter im Hintergrund oder Einschränkungen für spezielle Internetseiten.