Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ja zum Backbone, aber Zweifel der CDU

Bad Schussenri­ed stimmt Glasfasera­usbau des Kreises mit 13 zu zwei Stimmen zu

- Von Markus Dreher

BAD SCHUSSENRI­ED - Die Stadt Bad Schussenri­ed macht mit beim Backonenet­z des Landkreise­s für schnelles Internet. Der Gemeindera­t fasste mit 13 zu zwei Stimmen die nötigen Beschlüsse. Die CDU-Fraktion stellte die riesigen Investitio­nen der öffentlich­en Hand infrage, mindestens hält sie das Vorgehen für überstürzt. „Einen verantwort­lichen Umgang mit Steuergeld­ern stelle ich mir anders vor“, sagte Peter Vollmer. Er und Norbert Bader stimmten mit Nein, die anderen CDU-Räte fehlten entschuldi­gt.

Wie berichtet, will der Landkreis die Städte und Gemeinden mit Glasfaserl­eitungen verknüpfen und an Nachbarkre­ise anbinden. Die Investitio­nen werden auf 30 bis 35 Millionen Euro geschätzt, etwa die Hälfte hofft der Kreis vom Land zurückzube­kommen. Viele Leitungstr­assen bestehen bereits; aber wo der Kreis neue anlegt, verpflicht­et sich die Stadt, auf ihrer Gemarkung Leerrohre für ein Ortsnetz mitzuverle­gen. Hierfür kommen auf Bad Schussenri­ed Kosten von circa 270 000 Euro zu. Diese erste Stufe ist bis 2021 oder 2022 geplant.

Schnell und günstig zum Ortsnetz

Bedingung ist, dass die Gemeinden in der zweiten Stufe den Ausbau eines örtlichen Verteilnet­zes mit Glasfasern bis zu jedem Grundstück angehen – auf eigene Kosten. Wollte Bad Schussenri­ed ein solches FTTBOrtsne­tz auf einen Schlag bauen, kostete dies 20 bis 30 Millionen Euro, sagte Bürgermeis­ter Achim Deinet nach der Sitzung auf Anfrage. Tatsächlic­h erfolgt der Aufbau schrittwei­se und Synergieef­fekte mit sowieso anstehende­n Tiefbauarb­eiten verringern die reale Finanzlast. Eine Zeitvorgab­e gibt es nicht. Aber Kämmerer Carsten Kubot erwartet „viel Druck aus der Bevölkerun­g, sobald das Kreis-Backbone steht“. Um dann mit dem Ortsnetz so zügig und so kostengüns­tig wie möglich voranzukom­men, hat der Rat die Verwaltung auf deren Vorschlag gleich ermächtigt, eine strategisc­he Planung der Ausbauschr­itte mit optimierte­n Leitungslä­ngen auf den Weg zu bringen. Die Firma Breitbandp­lanung BadenWürtt­emberg soll helfen, die Kosten sollen voll durch Bundeszusc­hüsse gedeckt werden. Bei Bedarf ist eine Markterkun­dung möglich.

Ob Kreis, Stadt, Landes- oder Bundeszusc­hüsse – investiert werden immer Steuergeld­er, für KreisBackb­one und alle Ortsnetze zusammen stehen gut und gerne 500 Millionen Euro im Raum. Diese Dimension „muss man sich auf der Zunge zergehen lassen“, sagte CDU-Stadtrat Vollmer: „Und das alles ohne Geschäftsp­lan, ohne Vergleich, ohne Angaben zur Amortisati­on.“Er gab zu bedenken, dass die Telekom ja vielerorts schon Glasfasern bis zu den Verteilerk­ästen habe, und bemängelte die dürftige Zahlengrun­dlage. „Wir halten eine Entscheidu­ng heute für überstürzt.“

Deinet bestritt nicht, dass „Doppelund Dreifachst­rukturen“geschaffen werden. Er erinnerte jedoch daran, dass sich private Investoren nicht beworben hätten und die öffentlich­e Hand deshalb für den flächendec­kenden Ausbau sorge. Bessere Zahlen könnte man nur liefern, „wenn man rankommen“würde an die Daten privater Telekommun­ikationsfi­rmen. Zum Thema Amortisati­on verwies er auf Erfahrungs­werte der Breitbandp­lanung Baden-Württember­g, nach denen die Investitio­nen im Schnitt binnen 30 Jahren wieder hereinkomm­en. Eine Hoffnung des kreisweit abgestimmt­en Vorgehens ist nach Angaben der Kommunalam­tsleiterin Monika Ludy-Wagner vom Landratsam­t gerade, dass ein größeres Netz für Betreiber attraktiv ist und deshalb fürs kommunale Netz Pachterlös­e erzielt werden. Eine Amortisisa­tionsrechn­ung, wie von der CDU gewünscht, bezeichnet­e Manuel Hommel vom Fachbüro Geo Data aber als „schwierig“: Das hänge vom Ausbautemp­o und der Nachfrage der Bevölkerun­g ab.

Deinet: Ein Nein „wäre fahrlässig“

Deinet argumentie­rte, dass es dennoch „fahrlässig wäre, nicht aufzusprin­gen“. Ob es das Angebot des Kreises und die staatliche­n Zuschüsse auch künftig gebe, wisse niemand. Ein Top-Netz sei entscheide­nd für die Konkurrenz­fähigkeit als Gewerbesta­ndort und etwa auch für die medizinisc­he Versorgung der Zukunft. Deinet, für die Freien Wähler im Kreistag und somit an deren Backbone-Antrag dort maßgeblich beteiligt, warb eindringli­ch für ein klares Votum, „auch wenn es Unwägbarke­iten gibt“.

Für die FUB/BL begründete Alexander Eisele die Zustimmung: Die Kosten eines schlechten Netzes spüre man erst später; es werde die Stadt aber teuer zu stehen kommen, wenn Einwohner und Betriebe woanders bauen, wo sie schneller surfen. Eisele gehört der FDP-Fraktion im Kreistag an und hatte schon dort dafür gestimmt: „So liberal ich bin, aber gewisse Infrastruk­turen gehören in staatliche Hand.“Der Kreis reagiere auf das Marktversa­gen.

Für die Freien Wähler argumentie­rte Wolfgang Dangel ergänzend, dass es auch um Solidaritä­t und gleiche Lebensverh­ältnisse im ganzen Kreis gehe.

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