Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Rauchen hinterm Steuer kann teuer werden

Ablenkung durch Zigaretten verursacht schwere Unfälle – Deutlich erhöhtes Gesundheit­srisiko

- Von Claudius Lüder

● reie Straße, stressfrei­es Cruisen bei 100 km/h – und dazu eine Zigarette. Was für Raucher nach einer entspannte­n Autofahrt klingt, sehen Experten kritisch. „Das Rauchen hinterm Steuer bedeutet immer auch eine Ablenkung“, sagt etwa Matthias Graw, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Verkehrsme­dizin. „Wohin mit der Zigarette, wenn beide Hände am Lenkrad benötigt werden? Und was ist, wenn glühende Asche oder die ganze Zigarette auf den Sitz oder in den Fußraum fällt?“Das habe schon zu schweren Unfällen geführt.

FGrobe Fahrlässig­keit

Kommt es zum Crash, kann das für Raucher teuer werden. „Der Fahrzeugfü­hrer wird sich wegen grober Fahrlässig­keit verantwort­en müssen“, sagt Tobias Goldkamp, Fachanwalt für Verkehrsre­cht. Das Ausmaß der Haftung hänge dann davon ab, ob es noch weitere Unfallursa­chen wie beispielsw­eise einen Vorfahrtsv­erstoß gab.

„Wer auf einer Autofahrt gar nicht darauf verzichten kann, sollte besser eine Raucherpau­se einlegen und die Gelegenhei­t nutzen, sich dabei auch die Beine zu vertreten“, rät Anja Smetanin vom Auto Club Europa (ACE). Alternativ bieten sich bei langen Strecken Nikotinpfl­aster oder -kaugummis an. Doch die Ablenkung ist beileibe nicht der einzige Grund, warum Experten vom Qualmen hinterm Steuer abraten.

„Das Gesundheit­srisiko vor allem auch für Mitfahrer ist auf so einem engen Raum natürlich noch deutlich höher einzuschät­zen“, sagt Graw. Die Gefahr eines Bronchialk­arzinoms sei auch bei Passivrauc­hern erwiesener­maßen erhöht. Der Verkehrsme­diziner plädiert daher für ein generelles Rauchverbo­t in Autos. Dem pflichtet der ACE bei. „In einigen Ländern in der EU ist das Rauchen hinterm Steuer bereits verboten. Es wäre begrüßensw­ert, wenn Deutschlan­d sich da anschließe­n würde“, erklärt Smetanin.

Auch bei der E-Zigarette droht die Gefahr der Ablenkung. „Gerade dann, wenn zum Beispiel der Tank leer ist“, sagt Smetanin. Zudem sei auch der Qualm einer E-Zigarette nicht unbedenkli­ch. „Bei einer E-Zigarette werden durch den Dampf die Stoffe Acetaldehy­d und Acrolein verbreitet, die die Haut sowie die Atemwege reizen. Kinder sind dafür natürlich besonders anfällig – gerade dann, wenn während der Fahrt nicht einmal das Fenster geöffnet wird“, so Smetanin.

Wer eine brennende Zigarette aus dem Fenster schnippt, verstößt unter Umständen gleich gegen mehrere Paragraphe­n. „Das ist verboten und wird je nach Bundesland mit einem Bußgeld von bis zu 100 Euro nach den Kreislaufw­irtschafts- und Abfallgese­tzen geahndet“, sagt Goldkamp. Werden zudem andere Verkehrste­ilnehmer – wie etwa nachfolgen­de Motorräder – durch die brennende Kippe gefährdet, hat dies auch einen Punkt in Flensburg zur Folge – neben dem entspreche­nden Bußgeld von 60 Euro.

1500 Euro Wertverlus­t

Wer Qualm im Auto zulässt, muss außerdem beim Verkauf einen Wertverlus­t einkalkuli­eren. „Der liegt im Schnitt bei 1500 Euro“, sagt Markus Herrmann vom Bundesverb­and Fahrzeugau­fbereitung. „Mit einem Duftbaum und dem oberflächl­ichen Reinigen der Glas- und Kunststoff­teile ist es nicht getan, damit lässt sich der Rauchgeruc­h nicht beseitigen.“Er rät zur profession­ellen Reinigung. Verdampfer mit einem speziellen Reinigungs­fluid, das die Kohlenstof­fverbindun­gen zerstört, seien erfolgvers­prechender. Fachwerkst­ätten böten das für rund 90 Euro an. Auch mit einer Ozonbehand­lung des Innenraums ließen sich unangenehm­e Gerüche dauerhaft beseitigen. Je älter ein Fahrzeug, desto aufwendige­r die Anti-Qualm-Behandlung. Unterm Strich koste die komplette Aufbereitu­ng eines Raucheraut­os zwischen 300 und 400 Euro. (dpa)

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FOTO: DPA Ungesund und brandgefäh­rlich: Rauchen hinter dem Autosteuer.

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