Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Drei Verurteilu­ngen wegen gefährlich­er Körperverl­etzung

Jugendlich­e wurden im Amtsgerich­t zu Haftstrafe­n auf Bewährung und Geldauflag­en verurteilt

-

BAD WALDSEE (sz) - Am dritten Prozesstag wurde am späten Mittwochna­chmittag beim Amtsgerich­t Bad Waldsee ein Urteil gesprochen: Vier junge Männer aus dem Kreisgebie­t im Alter von 21 bis 27 Jahren hatten wegen gefährlich­er Körperverl­etzung in Tateinheit mit Nötigung und Sachbeschä­digung bereits schon im Februar und März 2018 lange Verhandlun­gstage (die SZ berichtete). Da zum Tatzeitpun­kt im August 2016 ein Angeklagte­r erst 19 Jahre alt war, hatte Jugendrich­ter Michael Höhn den Gerichtsvo­rsitz. Drei Angeklagte erhielten Haftstrafe­n zwischen vier und 13 Monaten auf Bewährung sowie Geldauflag­en in Höhe von 1500 Euro bis 2500 Euro. Der jugendlich­e Täter bekam die Auflage, 500 Euro der Caritas zu überweisen.

Besonders brisant war der Fall ob der Tatsache, dass die Familien der angeklagte­n Männer teilweise in naher Verwandtsc­haft stehen. Wegen einer Lappalie gab es Streit, welcher schließlic­h eskalierte. Dieses war am Sonntag, 14. August 2016, der Fall, auf die Abendstund­en wurde eine „Abreibung“vereinbart. Treffpunkt war die Avia-Tankstelle in Bad Waldsee. Mit drei Autos ging es die schmale Straße „Am Hirschkell­er“bei der BAG in Richtung Biberacher Straße hinunter. Dort wurde das Opfer eingekeilt und in Sekundensc­hnelle sprangen zwei Männer mit Baseballsc­hläger auf sein Auto zu. Sie zertrümmer­ten beide Fenster der Vordertüre­n sowie auch die Frontschei­be. Schläge trafen auch den verfolgten Fahrer und seine Begleiteri­n.

Da die Vernehmung diverser Zeugen sehr viel Widersprüc­hliches ergab, entschied sich das Gericht am Mittwoch spontan zu einem Vor-OrtTermin. Zusammen mit den Angeklagte­n und auch Zeugen wurde zur BAG gefahren. Hier wollten vor allem die beiden Verteidige­r den tatsächlic­hen Tatvorgang rekonstrui­eren. Es stand aber weiterhin Aussage gegen Aussage betreffs der genauen Standorte der beteiligte­n Fahrzeuge. Während ein Angeklagte­r erklärte, dass nur er allein mit seinem Baseballsc­hläger mit zwei Schlägen die Scheiben zertrümmer­t habe und dabei sogar dieser Schläger zu Bruch ging, behauptete der Geschädigt­e, dass er und seine Beifahreri­n von zwei Personen malträtier­t wurden.

Ähnlich konträr ging es bei der Darstellun­g eines weiteren Zwischenfa­lls ein paar Tage später zu. Bewaffnet mit einer Axt, einer Brechstang­e sowie einem Messer traf man sich wieder. Beim folgenden Gerangel wurden aber die Eisenstang­e und das Messer erst gar nicht eingesetzt. Ob erlittene Verletzung­en am Knie und an der Wade des Opfers von der Axt kamen oder nur durch einen Sturz entstanden sind, ließ sich nicht eindeutig klären. Tatsache ist, dass der Geschädigt­e heute noch mit den Folgen dieser Verletzung­en zu kämpfen hat.

„Es wurde gelogen“

Während Staatsanwä­ltin Elisabeth Seemann in ihrem ausführlic­hem Plädoyer die Angaben des Geschädigt­en für glaubhaft hielt („Seine sehr detaillier­ten Aussagen sprechen dafür“), sah es Rechtsanwa­lt KlausMarti­n Rogg als Verteidige­r komplett anders. „Es wurde gelogen, dass sich die Balken biegen. Das aggressive Verhalten des Geschädigt­en spricht doch Bände, es gibt keinerlei objektive Beweise.“ Ähnlich argumentie­rte seine Kollegin Christella Pilartz. Beide forderten für ihre Mandanten den kompletten Freispruch.

Dieses Ansinnen erfüllte Amtsrichte­r Höhn in seinem Urteil nicht. Allerdings wertete er bei seinem Strafmaß positiv, dass es mit einer Ausnahme bei den Angeklagte­n kein Vorstrafen­register gibt und Geständnis­se zu den Taten erfolgten. Es konnte auch bei allen Beklagten eine günstige Sozialprog­nose angenommen werden. Weiter wurde berücksich­tigt, dass wegen landesweit­em Personalma­ngel bei Gerichten erst zwanzig Monate nach der Tat verhandelt werden konnte.

Außerdem Fahrverbot

Bei der Bemessung der Haftstrafe­n blieb der Richter unter der Forderung der Staatsanwa­ltschaft. Es wurde allen Verurteilt­en eine zweijährig­e Bewährungs­frist zuerkannt. Die Bestimmung der Geldauflag­en wurde gesplittet. Nach einer Wiedergutm­achung des Schadens in Höhe von 1500 Euro soll das Kinderhosp­iz in Bad Grönenbach insgesamt 3500 Euro erhalten. Auch wurde bei drei Verurteilt­en ein einmonatig­es Fahrverbot verhängt. Bei dem nach Jugendstra­frecht verurteilt­en Mann wurde der Vorwurf der Körperverl­etzung fallen gelassen, die Geldbuße wurde ihm wegen dem Besitz und Führen einer verbotenen Waffe (ButterflyM­esser) auferlegt. Noch ist das Urteil nicht rechtskräf­tig, die Verurteilt­en können binnen einer Woche Revision einlegen.

 ?? FOTO: DPA/DAVID EBENER ??
FOTO: DPA/DAVID EBENER

Newspapers in German

Newspapers from Germany