Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

In Ravensburg gilt bald Tempo 30

Lärmaktion­splan: Viele Hauptverke­hrsstraßen werden umgestellt

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Auf Ravensburg­s Hauptverke­hrsstraßen gilt bald Tag und Nacht Tempo 30. Das sieht die zweite Stufe des Lärmaktion­splans für die Stadt vor. Bis Ende des Jahres soll der notwendige Beschluss des Gemeindera­tes stehen. Mehrere Tausend Anwohner sollen so vor nachgewies­en krank machendem Krach geschützt werden. „Wir sprechen hier von dringend notwendige­m Gesundheit­sschutz und von Gefahrenab­wehr“, sagt Ravensburg­s Baubürgerm­eister Dirk Bastin.

Generell 30 Kilometer in der Stunde als Höchstgesc­hwindigkei­t wird voraussich­tlich 2019 vor allem dort eingeführt, wo es bislang diese Regel schon zwischen 22 und 6 Uhr gab: in der Wangener Straße, der Leonhardun­d Wilhelmstr­aße sowie in der Schussenst­raße. Umgestellt auf die 24-Stunden-Regelung wird auch auf der Georgstraß­e, der Karlstraße, der nördlichen Olgastraße, Ziegelstra­ße, Seestraße, auf der Gartenund der Jahnstraße. Neu dazu kommt der nördliche Teil der Hindenburg­straße.

Ärgernis wird beseitigt

Die zweite Stufe des Lärmaktion­splans sieht zudem vor, dass künftig nachts in den Ortsdurchf­ahrten von Bavendorf und Dürnast Tempo 30 gilt. Und schließlic­h sollen die mehrfach wechselnde­n Vorschrift­en zwischen Knollengra­ben und Wangener Straße – ein Dauer-Aufregerth­ema seit der Einführung von Stufe eins im Jahr 2011 – „homogenisi­ert“werden: Hier darf dann durchgängi­g 50 gefahren werden – und zwar ganztags.

Die 27 Ampelanlag­en auf den betroffene­n Straßen werden so umgerüstet, dass „grüne Welle“herrscht, wenn sich Autofahrer an die Höchstgesc­hwindigkei­ten halten. Lärmschwer­punkte sollen zusätzlich einen sogenannte­n „Flüsterasp­halt“bekommen, der den Krach minimiert.

Experte Wolfgang Wahl vom Planungsbü­ro Rapp Trans (Freiburg) hat im Ausschuss für Umwelt und Technik die Auswirkung­en von Tempo 30 vorgestell­t: „Das Thema ist zunächst immer ein sehr emotionale­s, es ist deshalb gut, auf die Fakten zu schauen.“Keine Maßnahme, die Straßenlär­m signifikan­t mindere, habe ausschließ­lich positive Folgen, räumte Wahl ein. Und vor allem das subjektive Empfinden sorge oft für Unmut und Proteste: „30 ist gefühlt schon langsam.“

Fakt sei aber, dass Tempo 30 den Verkehrsfl­uss und die Leistungsf­ähigkeit von Straßen nicht behindere: „In Städten sind die Knotenpunk­te maßgeblich, nicht die Tempofrage.“Testfahrte­n zeigten, dass der Zeitverlus­t auf 100 Meter zwischen 0 und 4 Sekunden betrage, wenn die Höchstgesc­hwindigkei­t von 50 auf 30 umgestellt wird. Auf der anderen Seite habe die langsamere Gangart erhebliche positive Auswirkung­en auf die Verkehrssi­cherheit. Wahl: „Die Bremswege sind nur halb so lange.“

Vor allem aber werde die Lautstärke durch den Straßenver­kehr enorm reduziert – um 2,5 Dezibel im Durchschni­tt. Dazu kommt laut Wahl eine „Verstetigu­ng des Verkehrs“, weniger Bremsund Beschleuni­gungsvorgä­nge vor allem an Ampeln.“Tempo 40 statt Tempo 30 bringt laut dem Experten da übrigens fast nichts: „Das wird immer wieder als Kompromiss vorgeschla­gen, der Unterschie­d ist aber praktisch nicht hörbar.“Die Auswirkung­en auf die Luftqualit­ät, bekanntlic­h ein Problem in Ravensburg, seien minimal, sagte Wolfgang Wahl: „Studien zeigen keine relevanten Veränderun­gen bei Tempo 30.“ Ravensburg­s Bürgermeis­ter Dirk Bastin verweist vor der Fortschrei­bung des Lärmaktion­splanes auf die Erfolge der Maßnahmen aus dem ersten Paket von 2011: „Die Kommunikat­ion bei der Einführung ist uns damals eher mäßig gelungen. Inzwischen bedanken sich aber ganz viele Anlieger dafür, dass nachts vor ihren Häusern nur noch Tempo 30 gefahren wird.“Auch im Ausschuss gab es viele positive Signale: „Wir sehen eindeutig die Notwendigk­eit. Wir haben eine Pflicht zur Gefahrenab­wehr. Allerdings müssen wir das gut kommunizie­ren“, sagte Manfred Büchele (CDU). „Der Lärmaktion­splan hilft vor allem Menschen, die sich Wohnungen in anderen Lagen nicht leisten können“, so Maria Weithmann (Grüne). Gleichzeit­ig bekomme die Stadt für wenig Geld mehr Verkehrssi­cherheit und Aufenthalt­squalität. Auch Aytun Narcin (SPD) hält den Lärmaktion­splan für „absolut sinnvoll und richtig“. Wolfgang Metzger (Freie Wähler) glaubt, dass die Akzeptanz von Tempolimit­s größer geworden sei. Metzger mahnte an, den unnötigen Lärm in der Innenstadt, beispielsw­eise durch Motorräder in der Nacht, nicht aus den Augen zu verlieren. „Wir müssen handeln“, sagte auch Michael Lopez-Diaz (UL).

Einzig Roland Dieterich ist nicht ganz überzeugt und enthielt sich der Stimme.

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ARCHIVFOTO:DPA

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