Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Neuer Weingarten­er „Martinsber­g“ist da

700 Flaschen des Weines abgefüllt – Frostschäd­en waren geringer als erwartet

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - „Der rollt gefällig über die Zunge“, sagt ein braungebra­nnter Uwe Stürmer, während er zwischen den Weinreben unterhalb des Klosteranl­age am Martinsber­g in Weingarten steht. Gerade hat er gemeinsam mit seinen Hobbywinze­r-Kollegen Günther Staud, Michael Linse und Gerhard Wirbel die erste Flasche des neuen Weingarten­er Weins „Martinsber­g“geöffnet. 12,5 Prozent Alkoholgeh­alt hat die 15. Ernte des Cuvée, der aus den Rebsorten Johanniter und Merzling gekeltert wurde. 350 Liter und damit 700 Flaschen (je 0,5 Liter) konnten aus der Lese 2017 gewonnen werden – und das, obwohl der späte Frost vor knapp einem Jahr den Trieben gehörig zugesetzt hatte.

Damals hatten Wirbel und Staud bei einer ersten Begehung der drei kleinen Weinberge am Martinsber­g das Schlimmste befürchtet. Mindestens ein Drittel, vielleicht auch die Hälfte der Reben am Martinsber­g würde keine Trauben tragen, so die düstere Prognose der beiden Männer. Zu stark, zu lange hatte der späte Frost die Triebe der Weinreben geschädigt. Doch im Spätsommer bei der Lese war davon dann keine Rede mehr. Zwischen 300 und 400 Kilogramm Trauben mit einem Zuckergeha­lt von gut 75 Oechsle wurden gelesen und sorgten für zufriedene Gesichter. Die Wärme der Stadt und die geschützte Hanglage hatten doch mehr geholfen als bis dato angenommen. „Letztlich macht es aber doch der Stock“, sagt Gerhard Wirbel heute. 20 Prozent Einbußen. „Ich bin sehr zufrieden.“

Dem kann sich Weingarten­s Oberbürger­meister Markus Ewald nur anschließe­n, der an diesem sonnigen Tag ob des erfreulich­en Anlasses ebenfalls den Weg in den Klostergar­ten gefunden hat. „Der schmeckt lecker. Er hat einen intensiven Geschmack. Ein kräftiger Weißwein“, lobt Ewald und Stürmer fügt an: „Der wird eben mit viel Liebe gemacht.“Doch was hat der als Ravensburg­er Polizeiprä­sident gehandelte Stürmer mit dem Weingarten­er Wein am Hut? Gemeinsam mit dem ehemaligen Weingarten­er Verwaltung­sdirektor Günter Staud, Michael Linse und Gerhard Wirbel hat er die „Weinbergfr­eunde“gegründet. „Da waren alle sofort dabei. Auch wenn wir alle grundversc­hiedene Typen sind, verstehen wir uns gut“, sagt der selbst ernannte „Weinbaudir­ektor auf Lebenszeit“, Günter Staud, der die drei Weinberge am Martinsber­g in den vergangene­n Jahren und Jahrzehnte­n hat anlegen lassen.

Und so stehen mittlerwei­le 200 Reben abwärts der Basilika in Richtung Münsterpla­tz, 250 hinter dem Fruchtkast­en beziehungs­weise der Hochschulb­ibliothek und 375 im Klostergar­ten. Insgesamt sind es 825 Rebstöcke. Davon sind 725 von der Sorte Johanniter, 100 heißen Merzling. Gemeinsam gekeltert – in den vergangene­n Jahren vom Weingut Dilger aus Bermatinge­n – entstand so der „Weingarten­er Martinsber­g“. In Spitzenzei­ten kamen 550 Liter zusammen. In 2014 waren es 300, im Jahr 2015 150 Liter. Im Jahr 2016 fiel die Ernte wegen des Pilzes „Mehltau“komplett aus.

Baubetrieb­shof wird entlastet

Umso zufriedene­r sind die Weinbergfr­eunde über das Ergebnis von 2017. Damit das so bleibt oder gar besser wird, wollen sich die vier Männer fortan um die kleinen Weingarten­er Weinberge kümmern. Mit dem Ruhestand vom langjährig­en Verwaltung­sdirektor Staud sei die Idee entstanden, sich noch intensiver um den Weingarten­er Wein zu kümmern. Und so wird auch der Baubetrieb­shof entlastet. Zwar kümmert der sich weiter um die Themen „Düngen und Pflanzensc­hutz“. Andere Arbeiten, wie beispielsw­eise das Mähen, Erdarbeite­n oder das Abbinden, Schneiden und Lesen, übernehmen die Weinbergfr­eunde. „Jetzt steckt ein bisschen mehr Herzblut dahinter. Das soll immer ordentlich aussehen. Unser Anspruch ist hoch“, sagt Staud.

Und das, obwohl mit dem Wein die klamme Weingarten­er Stadtkasse nicht aufgebesse­rt werden kann. „Die Anzahl der Flaschen lässt eine Vermarktun­g nicht zu“, erklärt OB Ewald. Daher werden sie – wie schon in der Vergangenh­eit – nicht in den freien Verkauf kommen. Vielmehr werden die 700 Flaschen der Stadt Weingarten weiterhin als Geschenk für Gäste oder bei Ehrungen dienen. „Bisher haben sich immer alle sehr gefreut“, weiß Ewald.

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