Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Neuer Weingartener „Martinsberg“ist da
700 Flaschen des Weines abgefüllt – Frostschäden waren geringer als erwartet
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WEINGARTEN - „Der rollt gefällig über die Zunge“, sagt ein braungebrannter Uwe Stürmer, während er zwischen den Weinreben unterhalb des Klosteranlage am Martinsberg in Weingarten steht. Gerade hat er gemeinsam mit seinen Hobbywinzer-Kollegen Günther Staud, Michael Linse und Gerhard Wirbel die erste Flasche des neuen Weingartener Weins „Martinsberg“geöffnet. 12,5 Prozent Alkoholgehalt hat die 15. Ernte des Cuvée, der aus den Rebsorten Johanniter und Merzling gekeltert wurde. 350 Liter und damit 700 Flaschen (je 0,5 Liter) konnten aus der Lese 2017 gewonnen werden – und das, obwohl der späte Frost vor knapp einem Jahr den Trieben gehörig zugesetzt hatte.
Damals hatten Wirbel und Staud bei einer ersten Begehung der drei kleinen Weinberge am Martinsberg das Schlimmste befürchtet. Mindestens ein Drittel, vielleicht auch die Hälfte der Reben am Martinsberg würde keine Trauben tragen, so die düstere Prognose der beiden Männer. Zu stark, zu lange hatte der späte Frost die Triebe der Weinreben geschädigt. Doch im Spätsommer bei der Lese war davon dann keine Rede mehr. Zwischen 300 und 400 Kilogramm Trauben mit einem Zuckergehalt von gut 75 Oechsle wurden gelesen und sorgten für zufriedene Gesichter. Die Wärme der Stadt und die geschützte Hanglage hatten doch mehr geholfen als bis dato angenommen. „Letztlich macht es aber doch der Stock“, sagt Gerhard Wirbel heute. 20 Prozent Einbußen. „Ich bin sehr zufrieden.“
Dem kann sich Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald nur anschließen, der an diesem sonnigen Tag ob des erfreulichen Anlasses ebenfalls den Weg in den Klostergarten gefunden hat. „Der schmeckt lecker. Er hat einen intensiven Geschmack. Ein kräftiger Weißwein“, lobt Ewald und Stürmer fügt an: „Der wird eben mit viel Liebe gemacht.“Doch was hat der als Ravensburger Polizeipräsident gehandelte Stürmer mit dem Weingartener Wein am Hut? Gemeinsam mit dem ehemaligen Weingartener Verwaltungsdirektor Günter Staud, Michael Linse und Gerhard Wirbel hat er die „Weinbergfreunde“gegründet. „Da waren alle sofort dabei. Auch wenn wir alle grundverschiedene Typen sind, verstehen wir uns gut“, sagt der selbst ernannte „Weinbaudirektor auf Lebenszeit“, Günter Staud, der die drei Weinberge am Martinsberg in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat anlegen lassen.
Und so stehen mittlerweile 200 Reben abwärts der Basilika in Richtung Münsterplatz, 250 hinter dem Fruchtkasten beziehungsweise der Hochschulbibliothek und 375 im Klostergarten. Insgesamt sind es 825 Rebstöcke. Davon sind 725 von der Sorte Johanniter, 100 heißen Merzling. Gemeinsam gekeltert – in den vergangenen Jahren vom Weingut Dilger aus Bermatingen – entstand so der „Weingartener Martinsberg“. In Spitzenzeiten kamen 550 Liter zusammen. In 2014 waren es 300, im Jahr 2015 150 Liter. Im Jahr 2016 fiel die Ernte wegen des Pilzes „Mehltau“komplett aus.
Baubetriebshof wird entlastet
Umso zufriedener sind die Weinbergfreunde über das Ergebnis von 2017. Damit das so bleibt oder gar besser wird, wollen sich die vier Männer fortan um die kleinen Weingartener Weinberge kümmern. Mit dem Ruhestand vom langjährigen Verwaltungsdirektor Staud sei die Idee entstanden, sich noch intensiver um den Weingartener Wein zu kümmern. Und so wird auch der Baubetriebshof entlastet. Zwar kümmert der sich weiter um die Themen „Düngen und Pflanzenschutz“. Andere Arbeiten, wie beispielsweise das Mähen, Erdarbeiten oder das Abbinden, Schneiden und Lesen, übernehmen die Weinbergfreunde. „Jetzt steckt ein bisschen mehr Herzblut dahinter. Das soll immer ordentlich aussehen. Unser Anspruch ist hoch“, sagt Staud.
Und das, obwohl mit dem Wein die klamme Weingartener Stadtkasse nicht aufgebessert werden kann. „Die Anzahl der Flaschen lässt eine Vermarktung nicht zu“, erklärt OB Ewald. Daher werden sie – wie schon in der Vergangenheit – nicht in den freien Verkauf kommen. Vielmehr werden die 700 Flaschen der Stadt Weingarten weiterhin als Geschenk für Gäste oder bei Ehrungen dienen. „Bisher haben sich immer alle sehr gefreut“, weiß Ewald.