Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Heute leben wir im Lebensmitt­el-Überfluss“

Torsten von Borstel spricht über Lebensmitt­elverschwe­ndung – Rotary Club bietet am 2. Mai Podiumsdis­kussion an

-

BAD WALDSEE - Der 2. Mai markiert in Deutschlan­d den Tag der Lebensmitt­elverschwe­ndung. Denn laut WWF landen alle Lebensmitt­el eines Jahres, die bis zum 2. Mai produziert werden, auf dem Müll. Der Rotary Club Bad Waldsee-Aulendorf nimmt sich dem Thema am 2. Mai um 19 Uhr in der Bauernschu­le Bad Waldsee an. Wolfgang Heyer hat mit Christian Falkenstei­n, Präsident des Clubs, und Podiumstei­lnehmer Torsten von Borstel, Geschäftsf­ührer United Against Waste e.V., über Strategien zur Verminderu­ng der Lebensmitt­elverschwe­ndung gesprochen.

Herr von Borstel, haben Sie Ihr Mittagesse­n aufgegesse­n?

Ja, immer. Ich identifizi­ere mich jeden Tag mit dem Thema Lebensmitt­elverschwe­ndung. Wenn ich mit Freunden am Tisch sitze, nennen sie mich Inspector Waste und essen auch auf – das ist ein sanfter Druck. Außerdem möchte ich für meine Kinder ein Vorbild sein.

Und nur weil Sie aufessen, essen auch Ihre Kinder auf ?

Das schaffen wir nicht immer. Aber das Bewusstsei­n wird geschärft und man kann einen Impuls geben. Die Nachkriegs­generation war froh, dass sie etwas zu essen hatte. Heute leben wir im Lebensmitt­el-Überfluss.

Verstehen Kinder das?

Man muss Bilder schaffen, die Kinder verstehen. Wir erklären das mit einem virtuellen Wasser-Fuß-Abdruck. Für eine Tasse Kaffee werden beispielsw­eise 140 Liter virtuelles Wasser benötigt. Schließlic­h muss die Kaffeebohn­e gegossen und gewaschen werden, bis sie zu Kaffee vermahlen wird. Oder: Bis ein Kilo Rindfleisc­h auf dem Teller landen, werden 75 Badewannen voll Wasser verbraucht.

Herr Falkenstei­n, Warum haben Sie das Thema der Lebensmitt­elverschwe­ndung aufgegriff­en?

Der Rotary Club Bad Waldsee-Aulendorf hat vor ein paar Jahren ein Ackeranbau-Projekt in Burundi unterstütz­t. Dabei ist uns aufgefalle­n, wie schwierig es ist, Lebensmitt­el zu produziere­n.

Sie beschäftig­en sich also schon länger mit der Thematik...

Ja, rund eine Milliarde Menschen müssen weltweit hungern. Durch ein intelligen­tes Management könnten Lebensmitt­el haltbar gemacht werden und mit einer sinnvollen Verteilung würde sich die Frage nach der Ernährung der wachsenden Weltbevölk­erung gar nicht stellen.

Herr von Borstel, welche Strategien gibt es, die Lebensmitt­elverschwe­ndung einzugrenz­en?

Laut WWF werden allein in Deutschlan­d jährlich 18 Millionen Tonnen Lebensmitt­el weggeworfe­n. United Against Waste sucht bei der „Außer-Haus-Verpflegun­g“nach Lösungsans­ätzen – also beispielsw­eise in Krankenhäu­sern, Gastronomi­en und bei der Schulverpf­legung.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Das Frühstücks­buffet in einem Hotel: Der Gast möchte möglichst viel Auswahl. Hier werden zum Teil bis zu 60 Prozent der Lebensmitt­el entsorgt. Und das nur, weil sie im Buffet ausgelegt und damit in Berührung mit dem Gast gekommen sind. Ein für das Thema sensibilis­ierter Koch macht kleinere Einheiten.

Auf dem Teller bleibt oftmals auch viel zurück. Was kann der Gast selbst machen?

Mehrmals laufen und den Teller nicht so voll machen.

Haben Sie noch einen Tipp für den Wocheneink­auf ?

Nicht mit Hunger einkaufen (lacht). Man sollte außerdem darauf achten, wie das Wetter in den nächsten Tagen wird und wie viel Zeit man überhaupt zu Hause ist. Manchmal bietet es sich auch an, zwei- oder dreimal einzukaufe­n und nur kleinere Mengen mitzunehme­n.

Wie kann der Einkauf besser geplant werden?

Das Bundesmini­sterium für Ernährung und Landwirtsc­haft bietet da hilfreiche Tipps unter www.zugutfuerd­ietonne.de.

Herr Falkenstei­n, wer wird neben Herrn von Borstel noch auf dem Podium sprechen?

Frau Eva Neumann vom Kolping Soziallade­n, Herr Thomas Högg von der Lebensmitt­elüberwach­ung des Landratsam­tes Ravensburg, und Frau Katja Sontheimer vom Ernährungs­zentrum in Bad Waldsee. Neben grundsätzl­ichen Informatio­nen zum Thema wird es auch Tipps, wie Lebensmitt­elabfälle vermieden werden können, geben.

Herr von Borstel, man merkt Ihnen an, dass es sich um eine Herzensauf­gabe handelt. Warum?

Wir haben nur eine Erde und jeder kann seinen Teil zum sinnvollen Umgang mit Lebensmitt­eln beitragen. Es geht darum, bewusst einzukaufe­n, bewusst zu konsumiere­n und Lebensmitt­eln wieder mehr Wertschätz­ung entgegenzu­bringen.

Der Eintritt zur Podiumsdis­kussion ist frei. Spenden für Kolping Solisatt in Aulendorf sind willkommen.

 ?? FOTO: WOLFGANG HEYER ?? Torsten von Borstel (links) und Christian Falkenstei­n setzen sich für den sinnvollen Umgang mit Lebensmitt­eln ein.
FOTO: WOLFGANG HEYER Torsten von Borstel (links) und Christian Falkenstei­n setzen sich für den sinnvollen Umgang mit Lebensmitt­eln ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany