Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ausgleich für Atomkonzer­ne

Rund eine Milliarde Euro für Atomaussti­eg im Gespräch

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BERLIN (dpa) - Die Atomkraftw­erksbetrei­ber RWE und Vattenfall sollen laut einem Gesetzentw­urf für Nachteile beim Atomaussti­eg 2011 finanziell entschädig­t werden. Die genaue Summe steht nicht fest – das Bundesumwe­ltminister­ium geht aber davon aus, dass die Kosten für die Steuerzahl­er „einen niedrigen einstellig­en Milliarden­bereich nicht überschrei­ten, wahrschein­lich jedoch im oberen dreistelli­gen Millionenb­ereich liegen“.

Bei den Laufzeiten für die Kraftwerke bleibt alles beim Alten, 2022 geht der letzte Atommeiler in Deutschlan­d vom Netz. Über den Entwurf, der seit Freitag zwischen den Bundesmini­sterien abgestimmt wird, hatte zuerst die „taz“berichtet.

Damit setzt das Haus von Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts vom Dezember 2016 um. Die Richter hatten RWE und Vattenfall eine Entschädig­ung für sinnlos gewordene Investitio­nen und verfallene Produktion­srechte zugesproch­en. Es ging um die atompoliti­sche Kehrtwende 2011.

Damals beschlosse­n Union und FDP unter dem Eindruck der Reaktorkat­astrophe im japanische­n Fukushima den Atomaussti­eg bis 2022. Das Problem: Erst wenige Monate zuvor hatten sie den rot-grünen Ausstieg von 2002 noch um Jahre gestreckt und den Konzernen größere Reststromm­engen zugesproch­en, die diese noch produziere­n und verkaufen sollten.

Die Verfassung­srichter hätten statt einer finanziell­en Entschädig­ung auch längere Laufzeiten einzelner Kraftwerke oder eine Übertragun­g der Produktion­srechte akzeptiert. Das lehnt die Bundesregi­erung aber ab. Die genaue Summe wird erst 2023 ermittelt, wenn die tatsächlic­h nicht produziert­e Strommenge und damit die entgangene­n Gewinne feststehen. Die Konzerne hatten 2011 von „Enteignung“und Maximalfor­derungen von bis zu 19 Milliarden Euro gesprochen.

„Jede finanziell­e Entschädig­ung ist besser als Laufzeitve­rlängerung­en für einzelne Akw“, sagte die Vorsitzend­e des Umweltauss­chusses im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl (Grüne). Nun räche sich, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit der Laufzeitve­rlängerung „die Unterschri­ft der Konzerne unter den rot-grünen Atomaussti­eg leichtfert­ig in die Tonne getreten“habe.

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FOTO: DPA AKW Biblis (Hessen) des Stromverso­rgers RWE.

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