Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Köche sollten kochen, nicht schreiben

- Von Erich Nyffenegge­r

Um die kulinarisc­he Gretchenfr­age, wo man denn bloß zum Essen hingehen soll, hat sich eine ganze Empfehlung­sindustrie herausgebi­ldet. Neben den üblichen Verdächtig­en wie Gault Millau oder Guide Michelin gibt es ganze Regalmeter weiterer Führer und Magazine, die alle von sich behaupten, den rechten Weg zum Genuss zu weisen.

Mit dem Titel „Where Chefs eat“, was nichts anders heißt als „Wo Küchenchef­s essen“, ist jetzt noch ein gewichtige­s weil 1200 Seiten starkes Werk hinzugekom­men. Die Idee: Restaurant­s auflisten, in die Köche gehen, weil dann muss es da ja gut sein. Und das weltweit. 650 Küchenchef­s haben also 4500 Restaurant­s ausgewählt und empfohlen. Versehen mit ein paar zumeist dürren oder gar nichtssage­nden Worten und den nötigsten Daten zu den Lokalen. Alles auf Englisch. Beispiel: Über das Sosein in Heroldsber­g schreibt Micha Schäfer: „Felix Schneider kocht lokale Küche in einem Teil Deutschlan­ds, der beste Rohstoffe liefert.“Mehr nicht. Den Rest muss man sich als Leser denken.

Außerdem ein Problem: Für ganz Deutschlan­d sind lediglich 48 Empfehlung­en verzeichne­t. Für die USA ein Vielfaches verteilt auf mehr als 300 Seiten. Glaubt man dem Buch, dann ist Nordamerik­a offenbar das Mekka exzellente­r Restaurant­s, während wir hier gastronomi­sche Hinterwäld­ler sind. Das sagt eigentlich schon alles, was es über dieses Buch zu wissen gibt. Oder anders gesagt: Köche sollten kochen, nicht schreiben.

Joe Warwick und Joshua Davis Stein: Where Chefs Eat: A Guide To Chef’s Favoite Restaurant­s (Third Edition/englisch). Phaidon Verlag, 1000 Seiten, 21,99 Euro. ISBN 978 071 487 5651.

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