Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die Geschichte der Papierfabrik Baienfurt aufarbeiten
Sie bestimmte 137 Jahre die Geschicke der Gemeinde – Noch leben Zeitzeugen
BAIENFURT (ka) - 137 Jahre hat die Papierfabrik die Geschichte der Gemeinde Baienfurt geradezu dominiert. Am 11. Dezember 2008 war Schluss. Die finnische Stora-EnsoGruppe stellte die Kartonproduktion ein und schloss das Werk. Mehrere Hundert Menschen verloren ihren Arbeitsplatz. Es sei hohe Zeit, die Geschichte der Papierfabrik aufzuarbeiten, findet Uwe Hertrampf, Historiker und Sprecher der Fraktion der Grünen und Alternativen im Baienfurter Gemeinderat, jetzt gebe es noch Leute, die sich erinnern, wie es damals war.
Die Gemeinde sollte sich um dieses Thema kümmern, fand Hertrampf, der an wichtiger Stelle am 2015 erschienenen Baienfurter Heimatbuch mitgearbeitet hat und der als Nachfolger von Professor Markus das Denkstätten-Kuratorium NS-Dokumentation Oberschwaben betreut. Lange Jahre unterrichtete Hertrampf am Gymnasium in Weingarten. In der Baienfurter Papierfabrik seien auch die ersten „Gastarbeiter“tätig gewesen und von ihnen lebten noch Zeitzeugen, die man befragen könne, sagte Uwe Hertrampf im Gespräch mit der SZ. Das Archivmaterial habe die Gemeinde von Stora-Enso bekommen. Man könnte die Geschichte der Papierfabrik schriftlich aufarbeiten und eventuell auch in einer Ausstellung, regte er an.
Das Thema sei für Baienfurt mindestens genauso wichtig wie die Geschichte der Kardel, jenes stacheligen Distelgewächses, das der Aufrauung von Wollstoffen diente und lange Jahre in Baienfurt gewinnbringend angebaut wurde. Der Kardel hat Baienfurt sogar ein kleines Museum gewidmet.
Hunderte von Menschen haben in der Papierfabrik Brot und Arbeit gefunden. 137 Jahre lang. Die Menschen von heute sollten wissen, wie das damals war, meinte Uwe Hertrampf. Identifikation mit der Heimat sei wichtig. Im 2015 erschienenen Heimatbuch kam die Papierfabrik schon vor. Doch nur auf gerade mal vier Seiten, die Hans Sättele und Toni Stärk beisteuerten. Stärk wies jetzt im Gemeinderat darauf hin, dass es in einem Gebäude der früheren Papierfabrik (in der damaligen Reithalle des Fabrikdirektors Dr. Haug und späteren Ehrenbürgers) noch Material zur Firmengeschichte der Papierfabrik gebe. Auch das, so Hertrampf, müsse die Gemeinde aufarbeiten lassen.