Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Chemiekonzerne erleiden Schlappe vor Gericht
EU-Kommission darf bereits zugelassene bienenschädliche Insektizide nachträglich verbieten
LUXEMBURG (AFP) - Das Gericht der Europäischen Union hat die Teilverbote mutmaßlich bienenschädlicher Neonikotinoide bestätigt. Das Gericht wies mit dem am Donnerstag verkündeten Urteil die Klagen des deutschen Chemiekonzerns Bayer und des Schweizer Herstellers Syngenta in vollem Umfang ab. Umweltschützer erklärten, dass mit der Entscheidung der Naturschutz über wirtschaftliche Interessen gesiegt habe.
Die EU-Kommission hatte 2013 den Einsatz der als bienenschädlich geltenden Neonikotinoide mit den Wirkstoffen Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid in großem Umfang verboten. Dagegen klagten Bayer und Syngenta mit dem Ziel, die Verbote für nichtig zu erklären. Syngenta beantragte zudem Schadenersatz in Höhe von mindestens 367,9 Millionen Euro.
Das EU-Gericht wies diese Klagen nun „in vollem Umfang“ab. Es verwies dazu auf verschärfte Anforderungen auf Unionsebene, wonach Bienen den fraglichen Wirkstoffen nur in „vernachlässigbarer Weise“ausgesetzt werden dürften oder die Verwendung „keine unannehmbaren akuten oder chronischen Auswirkungen auf das Überleben und die Entwicklung der Bienenvölker“haben dürfe. Die Kommission habe darlegen können, dass die festgestellten Gefahren den Schluss zuließen, dass die strittigen Wirkstoffe nicht mehr den Zulassungskriterien entsprächen.
Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert, bezeichnete die Entscheidung als „vollum- fänglichen Erfolg für Mensch und Natur“. Das Gericht habe „beispielgebend klargestellt, dass der Schutz unserer Lebensgrundlagen über wirtschaftlichen Interessen steht“.
Die Anwälte gehen nach eigenen Angaben aber davon aus, dass über den Fall in zweiter und letzter Instanz auch noch der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden muss.
Beschränkungen und Verbote erließ die EU-Kommission 2013 auch für Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Fipronil. Dagegen klagte der BASF-Konzern. In diesem Fall erklärte das Gericht die Maßnahmen zur Beschränkung des Einsatzes für nichtig, weil sie ohne vorherige Folgenabschätzung ergangen seien.
Erst Ende April erließ die EU eine weitere Verordnung, die den Freilandeinsatz von drei Pflanzenschutzmittelwirkstoffen aus der Gruppe der Neonikotinoide gänzlich verbietet. Das jetzt veröffentlichte Urteil dürfte auch dafür von Bedeutung sein.