Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Mein Programm ist politischer geworden“
Bülent Ceylan kommt nach Sigmaringen – Mit der Stadt verbindet er Kurioses
SIGMARINGEN - Er hat die Haare schön und die Lacher auf seiner Seite – am Sonntag ist Comedian Bülent Ceylan in Sigmaringen zu erleben. Am 27. Mai kommt er zu „BadenWürttemberg macht Spaß“– für die Veranstaltung gibt es sogar noch Karten (reservix.de). Was er mit Sigmaringen verbindet und wie er sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat, hat er Redakteurin Anna-Lena Buchmaier im Interview erzählt.
Herr Ceylan, wir haben uns schon mal gesprochen, 2010 muss das gewesen sein. Damals sind Sie in Heidenheim aufgetreten. Spucken Sie eigentlich immer noch so bei Ihren Auftritten?
Das war nicht ich, das war bestimmt Mompfred, der Hausmeister.
Werden Sie in Sigmaringen auch in Rollen schlüpfen?
Ich habe nur 30 Minuten Zeit, das reicht nicht, um in Figuren zu schlüpfen, höchstens, um mal kurz reinzurutschen. Da mache ich eher Stand-up-Comedy.
Sprich: spontan?
Ich hab ein Grundgerüst, aber ich lasse mich auf Sigmaringen ein und improvisiere.
Ist es für Sie leicht, zwischen den Charakteren hin- und herzuwechseln?
Ich habe das schon immer geliebt. Ich spiele gern naive Figuren, die authentisch wirken, und nehme verschiedene Dialekte aufs Korn, wie euren. Das macht Spaß!
Was gibt es denn über Schwaben zu erzählen?
Ach, die sagen zum Beispiel manchmal „Kanackle“oder „Türkle“zu mir.
Mit dem Klischee des Deutschtürken, der breit kurpfälzisch spricht, haben Sie ja lange Zeit gespielt. Aber das erschöpft sich doch langsam.
Ja, die Leute haben ihre eigenen Schubladen. Ich habe meine Inhalte weiterentwickelt. Mein Programm ist beispielsweise politischer geworden, ich mache mir mehr Gedanken übers Weltgeschehen. Aber nicht so, wie Florian Schroeder, mit dem ich in Sigmaringen auftrete, sondern auf Comedy-Art, dass man noch gut drüber lachen kann.
Sie haben Politikwissenschaft und Philosophie studiert – den fachlichen Tiefgang hätten Sie durchaus, um Politkabarett zu machen.
Ja, aber mir es ist wichtiger, zu rocken, zu entertainen und viele Leute zu erreichen. Aber ich bin jetzt älter – 42 – und denke mir mehr bei den Sachen.
Sie wissen ja, was man hier über Ihr Alter sagt: Mit 40 wird d’r Schwob erscht g’scheit.
Da sehen Sie mal.
Dieses Jahr kam ja Ihr erster Film in die Kinos, „Verpiss Dich, Schneewittchen“...
Ja, an dem habe ich mitgearbeitet und geschauspielert. Den Fans hat er gefallen. Ich könnte mir vorstellen, noch mal einen Film zu machen, aber jetzt stehen erst mal neue TV-Shows an – im Juni gibt es dazu offizielle Infos.
Wer ist denn das Schneewittchen im Film?
Ich bin das, wegen meinen schwarzen Haare und der hellen Haut.
Apropos – ich muss Sie das jetzt leider fragen, so von Langhaariger zu Langhaarigem: Was ist Ihr HaarGeheimnis?
Immer mal wieder Spitzen schneiden, ein gutes Haaröl und ab und zu waschen.
Waren Sie schon in Sigmaringen?
Ja, das ist aber schon zehn, 15 Jahre her, vor meinem Durchbruch. Es waren nur wenige Menschen im Publikum und übernachtet habe ich in einer staubigen Pension, bei der die Toilette nicht auf dem Zimmer war, sondern auf dem Flur. Eigentlich praktisch, weil man den Gestank dann auslagern kann. Da erhält Stuhlgang eine ganz neue Bedeutung. Diesmal bin ich in Stuttgart in einem Hotel untergebracht.
Haben Sie es je bereut, Ihr Studium zugunsten der Comedy abgebrochen zu haben?
Ich habe erfolgreich abgebrochen, sage ich immer. Ich liebe meine Arbeit. Ich bin meinem innersten Wunsch gefolgt, was für mich als sicherheitsliebender Steinbock nicht leicht war. Aber der Plan ging auf.
Werden Sie manchmal von Türken angefeindet?
Also als ich Kritik an Erdogan geübt habe, hagelte es Kritik, positiv wie negativ. Ich bin für die Demokratie und gegen Diktatur. Da gab es schon Türken, die gesagt haben: „Was hat Erdogan mit Diktatur zu tun?“, oder mir sogar gedroht haben. Aber ich beleidige ja niemanden, ich hab meine Meinung, und wo kämen wir hin, wenn wir die nicht äußern dürften? Ich bin „Monnemer“und hab halt „mei Gosch“. Einer nannte mich mal einen „Haustürken“.
Was soll das denn sein?
Hatte ich bis dato auch noch nie gehört. Eine Art Schoßhund von Angela Merkel. Dabei kriegt die bei mir ja auch ihr Fett weg. Trump ist übrigens nicht besser als Erdogan. Mein Kollege, Florian Schroeder, der mit mir in Sigmaringen auftritt, ist viel politischer als ich, er bringt es immer auf den Punkt. Das mag ich. Ich freue mich auch auf Lisa Feller und Markus Krebs, ich weiß aber gar nicht, ob wir groß die Gelegenheit haben, uns auszutauschen.
Vielleicht trifft man sich ja – nachts, auf dem Hotelflur...
Ja genau! Auf dem Klo.