Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ein Weltmeister im Kuhstall
Ringer Frank Stäbler und Verein streiten um Trainingszeiten – Ende nicht in Sicht
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MUSBERG - Es riecht nach frischem Heu, ein paar Fliegen surren in der Luft. Offene Türen geben den Blick frei auf grüne Wiesen, Bäume und Sonnenschein. Fast alles hier wäre geprägt von ländlicher Idylle und frühsommerlicher Ruhe, wenn nicht mitten in diesem ehemaligen Kuhstall gerade einer von Deutschlands besten Sportlern trainieren würde. Zwischen Heuballen und Traktoren schleudert Frank Stäbler seinen iranischen Trainingspartner auf die Matte. Hier bereitet sich der doppelte Ringer-Weltmeister auf die nächste WM im Oktober und Olympia 2020 in Tokio vor.
Diese Kulisse ist so skurril, dass sogar Stäbler darüber lachen muss. Da, wo jetzt seine blaue Trainingsmatte liegt, hätten früher „ungefähr 110 Kühe“gestanden. Zum Lachen ist die ganze Geschichte für ihn aber nicht. „Die Atmosphäre hat was Schönes“, sagt er zwar. Hier Sport zu betreiben, sei aber vor allem traurig. Denn dass er auf dem Bauernhof seiner Eltern trainiert, ist das Ergebnis eines Streits mit seinem Heimatclub TSV Musberg. Der habe sich „über viele Jahre aufgebaut“, sagt Stäbler.
Der Vater braucht den Stall in zwei Monaten für die Ernte
Musberg? Es gibt in diesem Stadtteil von Leinfelden-Echterdingen viele Felder, Wälder, Wanderwege und eben Frank Stäbler. Ein außergewöhnlicher Sportler für einen Verein mit 2200 Mitgliedern. Doch anstatt mit dem Doppel-Weltmeister zu werben, kann der seit Mitte April nur noch eingeschränkt in der TSV-Halle trainieren. „Ich dürfte bis 16 Uhr in der Halle trainieren und dann nur einen Trainingspartner haben“, erzählt Stäbler. „Totaler Schwachsinn“sei das. Denn zum einen müssten die meisten seiner Trainingspartner bis 19 Uhr arbeiten. Und zweitens brauche er eine Trainingsgruppe, um vernünftig arbeiten zu können.
Der Verein widerspricht. „Was er behauptet, ist falsch“, sagt der TSVVorsitzende Joachim Beckmann. „Er kann bis auf Weiteres auch abends bei uns trainieren mit zwei Trainingspartnern.“Das sei Stäbler allerdings zu wenig, ergänzt Beckmann.
Die Unstimmigkeiten zwischen dem TSV und seinen Ringern gibt es schon lange. Als diese 2015 dann mit dem KSV Musberg ihren eigenen Verein gründeten, eskalierte er. Die Ringer des KSV wollten weiter in den Sportstätten des TSV trainieren. Das lehnte der Hauptverein allerdings ab. „Der TSV Musberg ist im Augenblick Herr der Sportstätten. Wenn neue Vereine kommen, gilt die Regelung alt vor neu“, sagt Beckmann. Mit dem Ergebnis, dass viele KSV-Sportler nun nicht mehr in der TSV-Halle trainieren können. Und Stäbler nur noch eingeschränkt.
Sein Weg bis in den früheren Kuhstall der Eltern ist geprägt von kleinen oder größeren Streitereien mit Beckmann. Als Stäbler 2015 nach seinem ersten WM-Erfolg in Las Vegas in Leinfelden-Echterdingen empfangen wird, lehnt er den Handschlag von Beckmann ab. Der wirft Stäbler nun vor, „seine ganzen Erfolge im TSV geschafft zu haben“, um sie dann zum KSV mitzunehmen. „Was wir in höchstem Maße bedauern ist, dass wir uns über Erfolge von Frank Stäbler mittlerweile nicht mehr freuen können“, sagt Beckmann.
Eine Lösung des Streits deutet sich derzeit nicht an. Mit einem wie Beckmann sei das sogar „eigentlich unmöglich“, sagt Stäbler. Der Weltmeister hofft jetzt auf die Unterstützung des Deutsche Ringer-Bundes (DRB) und der Stadt Musberg. Da aber die Zeit drängt, schaut sich Stäbler schon nach anderen Trainingshallen in der Region um, seine Heimat verlassen will er trotz etlicher Angebote aber nicht.
Die Situation sei wenige Monate vor der WM in Budapest suboptimal, sagt DRB-Vizepräsident Daniel Wozniak. „Frank hat das Angebot, dass wir an einem Bundesstützpunkt für ihn etwas machen. Aber das wären dann immer Entfernungen, die nicht mal eben zu bewältigen sind.“
Stäbler will gerne in seinem Umfeld bleiben: „Heimat ist mir wichtig, hier kann ich mich optimal vorbereiten.“Dauerhaft in dem ehemaligen Kuhstall trainieren? Das will und kann er nicht. Denn in zwei Monaten braucht sein Vater den Stall für die Erträge aus der Getreideernte.