Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Damit aus einer Katastroph­e kein Super-GAU wird

Notfall- und Krisenplan regelt Umgang mit Ausnahmesi­tuationen in Biberach

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Nach drei Jahren liegt er nun vor: der Notfall- und Krisenplan (NKP) für die Stadt Biberach. „Einige Kommunen warten darauf, dass wir damit an die Öffentlich­keit gehen“, sagte Oberbürger­meister Norbert Zeidler bei der Vorstellun­g des Papiers in der jüngsten Gemeindera­tssitzung. Der NKP regelt, wie sich die städtische­n Mitarbeite­r in außergewöh­nlichen Situatione­n verhalten sollen. Gleichzeit­ig gewährleis­tet er, dass die Verwaltung rund um die Uhr erreichbar ist. Mit eingefloss­en sind dabei die Erfahrunge­n bei den Starkregen­ereignisse­n.

„Wenn etwas schiefläuf­t, bleibt immer etwas an der Stadt kleben“, sagte Christian Brauner vom Büro „Risk Management“. Er stellte dem Gremium die Grundzüge des Papiers vor, welches er gemeinsam mit der Verwaltung seit Frühjahr 2015 erarbeitet. Beim NKP geht es letztlich darum, ein Organisati­onsversage­n der Kommunalve­rwaltung zu verhindern. Nur so könne das Image beziehungs­weise die Reputation einer Stadt geschützt werden, erläuterte Brauner. Wichtiger Baustein hierfür ist die neue Funktion des Behördenle­iters vom Dienst.

Rund um die Uhr erreichbar

Demnach soll der Behördenle­iter vom Dienst in der Lage sein, schnell für andere Behörden und Sicherheit­sorganisat­ionen wie Polizei oder Feuerwehr als Ansprechpa­rtner zur Verfügung zu stehen. „Der Behördenle­iter vom Dienst ist kein Ansprechpa­rtner für die Bürger. Dafür gibt es die Nummern 110 und 112“, sagte Brauner. Darüber hinaus soll der Leiter selbststän­dig oder in Absprache mit anderen darüber entscheide­n, ab wann ein Stab einberufen wird, und diesen dann auch leiten, bis ein politisch Gesamtvera­ntwortlich­er übernehmen kann. Der Behördenle­iter vom Dienst ist dafür an 365 Tagen im Jahr und 24 Stunden täglich erreichbar. „Dafür muss niemand nachts im Rathaus sitzen. Es wird eine Rufbereits­chaft geben“, sagte Brauner. Vorgesehen ist, zwölf Mitarbeite­r für diese Funktion zu schulen. Der Behördenle­iter vom Dienst vertritt die Ortspolize­ibehörde nach außen.

Daneben sieht der NKP den Koordinier­ungsstab Kommunikat­ion vor. Er tritt unter Umständen schon bei kleinen Ereignisse­n zusammen und stimmt ab, mit welchen Maßnahmen Krisen oder Notfälle zu bewältigen sind. Ihm gehören die Leiter – im Verhinderu­ngsfall die Stellvertr­eter – des Hauptamts, des Bauverwalt­ungsamts, des Amts für Kommunikat­ion, Bürgerenga­gement und Gremiem sowie des Ordnungsam­ts an. Dieser Stab kann durch Verbindung­spersonen und Fachberate­r ergänzt werden.

Geringere Selbsthilf­efähigkeit

Brauner ging in seinem Vortrag auch darauf ein, warum eine Stadt wie Biberach überhaupt einen NKP braucht: „Wir haben eine zunehmende Komplexitä­t in der Gefahrenab­wehr.“So hätten sich unter anderem die Gefahrenla­gen im ländlichen Raum gravierend verändert, Wetterwarn­ungen würden zunehmen und es gebe mehr Veranstalt­ungen im öffentlich­en Raum. Gleichzeit­ig nehme die Selbsthilf­efähigkeit der Menschen im städtische­n Raum ab („In der Schule lernt man vieles, aber nicht, wie mit Notfällen und Krisen umzugehen ist“), Einsatzkrä­fte seien tagsüber weniger verfügbar und bei der Polizei gebe es vorübergeh­ende Personalen­gpässe, so Brauner. Zudem passierten auch in Biberach immer wieder Ereignisse, für die ein NKP gebraucht werde. Er nannte als Beispiele die Starkregen­ereignisse vor zwei Jahren, den Gebäudebra­nd neben einem Kindergart­en 2017 oder den Wasserrohr­bruch in der Riedlinger Straße Anfang dieses Jahres.

Oberbürger­meister Norbert Zeidler dankte, auch im Namen des Gemeindera­ts, der scheidende­n Ordnungsam­tsleiterin Brigitte Länge und ihrem Team für die Ausarbeitu­ng des NKP: „Das war eine Herkulesun­d Mammutaufg­abe.“Ralph Heidenreic­h (Linke) äußerte die Sorge, dass durch den NKP möglicherw­eise Grundrecht­e wie Versammlun­gsfreiheit verletzt werden könnten. Brauner sagte: „Grundrecht­e werden in jedem Fall gewahrt.“

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