Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Damit aus einer Katastrophe kein Super-GAU wird
Notfall- und Krisenplan regelt Umgang mit Ausnahmesituationen in Biberach
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BIBERACH - Nach drei Jahren liegt er nun vor: der Notfall- und Krisenplan (NKP) für die Stadt Biberach. „Einige Kommunen warten darauf, dass wir damit an die Öffentlichkeit gehen“, sagte Oberbürgermeister Norbert Zeidler bei der Vorstellung des Papiers in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Der NKP regelt, wie sich die städtischen Mitarbeiter in außergewöhnlichen Situationen verhalten sollen. Gleichzeitig gewährleistet er, dass die Verwaltung rund um die Uhr erreichbar ist. Mit eingeflossen sind dabei die Erfahrungen bei den Starkregenereignissen.
„Wenn etwas schiefläuft, bleibt immer etwas an der Stadt kleben“, sagte Christian Brauner vom Büro „Risk Management“. Er stellte dem Gremium die Grundzüge des Papiers vor, welches er gemeinsam mit der Verwaltung seit Frühjahr 2015 erarbeitet. Beim NKP geht es letztlich darum, ein Organisationsversagen der Kommunalverwaltung zu verhindern. Nur so könne das Image beziehungsweise die Reputation einer Stadt geschützt werden, erläuterte Brauner. Wichtiger Baustein hierfür ist die neue Funktion des Behördenleiters vom Dienst.
Rund um die Uhr erreichbar
Demnach soll der Behördenleiter vom Dienst in der Lage sein, schnell für andere Behörden und Sicherheitsorganisationen wie Polizei oder Feuerwehr als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. „Der Behördenleiter vom Dienst ist kein Ansprechpartner für die Bürger. Dafür gibt es die Nummern 110 und 112“, sagte Brauner. Darüber hinaus soll der Leiter selbstständig oder in Absprache mit anderen darüber entscheiden, ab wann ein Stab einberufen wird, und diesen dann auch leiten, bis ein politisch Gesamtverantwortlicher übernehmen kann. Der Behördenleiter vom Dienst ist dafür an 365 Tagen im Jahr und 24 Stunden täglich erreichbar. „Dafür muss niemand nachts im Rathaus sitzen. Es wird eine Rufbereitschaft geben“, sagte Brauner. Vorgesehen ist, zwölf Mitarbeiter für diese Funktion zu schulen. Der Behördenleiter vom Dienst vertritt die Ortspolizeibehörde nach außen.
Daneben sieht der NKP den Koordinierungsstab Kommunikation vor. Er tritt unter Umständen schon bei kleinen Ereignissen zusammen und stimmt ab, mit welchen Maßnahmen Krisen oder Notfälle zu bewältigen sind. Ihm gehören die Leiter – im Verhinderungsfall die Stellvertreter – des Hauptamts, des Bauverwaltungsamts, des Amts für Kommunikation, Bürgerengagement und Gremiem sowie des Ordnungsamts an. Dieser Stab kann durch Verbindungspersonen und Fachberater ergänzt werden.
Geringere Selbsthilfefähigkeit
Brauner ging in seinem Vortrag auch darauf ein, warum eine Stadt wie Biberach überhaupt einen NKP braucht: „Wir haben eine zunehmende Komplexität in der Gefahrenabwehr.“So hätten sich unter anderem die Gefahrenlagen im ländlichen Raum gravierend verändert, Wetterwarnungen würden zunehmen und es gebe mehr Veranstaltungen im öffentlichen Raum. Gleichzeitig nehme die Selbsthilfefähigkeit der Menschen im städtischen Raum ab („In der Schule lernt man vieles, aber nicht, wie mit Notfällen und Krisen umzugehen ist“), Einsatzkräfte seien tagsüber weniger verfügbar und bei der Polizei gebe es vorübergehende Personalengpässe, so Brauner. Zudem passierten auch in Biberach immer wieder Ereignisse, für die ein NKP gebraucht werde. Er nannte als Beispiele die Starkregenereignisse vor zwei Jahren, den Gebäudebrand neben einem Kindergarten 2017 oder den Wasserrohrbruch in der Riedlinger Straße Anfang dieses Jahres.
Oberbürgermeister Norbert Zeidler dankte, auch im Namen des Gemeinderats, der scheidenden Ordnungsamtsleiterin Brigitte Länge und ihrem Team für die Ausarbeitung des NKP: „Das war eine Herkulesund Mammutaufgabe.“Ralph Heidenreich (Linke) äußerte die Sorge, dass durch den NKP möglicherweise Grundrechte wie Versammlungsfreiheit verletzt werden könnten. Brauner sagte: „Grundrechte werden in jedem Fall gewahrt.“