Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Gegen lokales Gutdünken

- Von Katja Korf ●» k.korf@schwaebisc­he.de

Sozialarbe­iter haben einen harten Job. Sie entscheide­n, ob Eltern ihre eigenen Kinder in Gefahr bringen. Reagieren sie zu früh, ist eine Familie vielleicht zerstört. Reagieren sie zu spät, sind im schlimmste­n Fall Leben in Gefahr. Wer solche Entscheidu­ngen treffen muss, braucht klare Richtlinie­n. Dabei geht es nicht darum, im Nachhinein Schuldige zu finden. Es geht darum, vor schwierige­n Entscheidu­ngen auf gute Argumente zurückgrei­fen zu können. Solche liefern fundierte Standards.

Nun mag jedes Jugendamt im Land für sich in Anspruch nehmen, solchen Standards zu folgen. Aber derzeit entscheide­t einfach jede der 44 Behörden in Baden-Württember­g allein, was sie für richtig hält. So lange sie nicht gegen Gesetze verstößt, ist die Qualität ihrer Arbeit nicht zu beanstande­n. Selbst für sensible Jobs im Kinderschu­tz gibt es keine einheitlic­hen Anforderun­gen, die Bewerber erfüllen müssen. Wer macht in Krisen was? Wer wird kontaktier­t? Das können Ämter selber regeln.

Diese Lage schwächt die Jugendämte­r. Wie viel Personal sie haben, orientiert sich nach wie vor an der Kassenlage der Kommunen. Erst vor Kurzem hat die Deutsche Kinderhilf­e dazu eine Studie vorgestell­t. Mehr als die Hälfte der befragten Jugendamts­mitarbeite­r fühlen sich demnach in ihrer Arbeit eingeschrä­nkt, weil Geld fehle. Vielen fehlten Zimmer für Einzelgesp­räche mit Betroffene­n oder Diensthand­ys, um in Notfällen erreichbar zu sein.

Was einer Kommune ihr Jugendamt wert ist, darf nicht von den lokalen Prioritäte­n abhängen. Gäbe es landesweit­e Standards, müssten sich die Kreise und Städte an diesen messen lassen. Einheitlic­he Vorgaben wären also eine Hilfe für die Mitarbeite­r. Sie könnten sich darauf berufen, wenn ihre Chefs am falschen Ende sparen. Wirksam sind solche Regeln nur, wenn sie verordnet und überprüft werden können. Deswegen benötigt das Land mehr Macht über die regionalen Behörden.

Es wird immer Fälle geben, in denen trotz aller Profession­alität falsche Entscheidu­ngen getroffen werden. Das ist unvermeidb­ar. Dennoch muss alles Mögliche getan werden, um es zu versuchen.

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