Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Angstmacher
Angst ist ein guter Wahlkampfhelfer. Auch Ivan Duque folgt dieser Strategie. Der 41 Jahre alte Senator strebt die Präsidentschaft in Kolumbien an. Vor der Wahl an diesem Sonntag führt er in allen Umfragen deutlich.
Auf Großplakaten mahnt Duques Rechtsaußen-Partei „Centro Democrático“: „Vote para que Colombia no sea otra Venezuela“. Frei übersetzt: Wer nicht will, dass sich Kolumbien in ein zweites Venezuela verwandelt, der muss am Sonntag Duque wählen. „Das Thema Venezuela hat über diesem Wahlkampf geschwebt“, sagt Andrés Molano vom Politischen Institut Hernán Echavarría in Bogotá. Mehr als eine Million Venezolaner sind in den vergangenen zwei Jahren angesichts der Versorgungskrise nach Kolumbien ausgewandert und stellen das Land vor enorme Herausforderungen.
Darüber ist selbst der Friedensprozess mit den „Revolutionären Streitkräften Kolumbiens“(FARC) in den Hintergrund getreten, das wichtigste Thema in der Amtszeit des scheidenden Präsidenten Juan Manuel Santos. Doch viele Kolumbianer lehnen den Friedensprozess ab. Duque will das Abkommen mit den FARC zwar nicht wie sein politischer Ziehvater, Ex-Präsident Álvaro Uribe, „in Stücke reißen“, wohl aber entscheidend verändern. So stellt er die Straffreiheit für geständige Rebellen in Frage – auch wenn das womöglich nur Wahlkampfrhetorik ist.
Duques aussichtsreichster Kontrahent – und mutmaßlicher Gegner in einer Stichwahl – ist Gustavo Petro, der für die Koalition „Humanes Kolumbien“ins Rennen geht. Um den 58-Jährigen, der in seiner Jugend mal der M-19-Guerilla angehörte, scharen sich fast alle linken und sozialen Bewegungen des Landes. Für Duque ist Petro ein Vertreter des „Castro-Chavismo“, in Anspielung auf Venezuelas verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez und den früheren kubanischen Präsidenten Fidel Castro. Dieses Etikett, so Politikwissenschaftler Molano, bekomme jeder verpasst, der nur ein wenig links der Mitte in Kolumbien liege. Klaus Ehringfeld