Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Heute ist irgendwann Geschichte
Das Aulendorfer Stadtarchiv zieht ins ehemalige Spielzeugmuseum – Umbau des Raums kostet 56 000 Euro
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AULENDORF - Meterweise Ordner und gebundene Bücher mit alten bis uralten Unterlagen lagern in einem Kellerraum im Aulendorfer Schloss. Es ist das Archiv der Stadt. Oder besser: ein Teil des Archivs, denn weitere Kisten lagern unterm Dach. Gemeinsam ist beiden: Sie sollen eine neue Bleibe finden, denn der bisherige Archivraum ist nicht nur voll, sondern auch zu feucht. Deshalb will die Stadt einen Teil des ehemaligen Spielzeugmuseums für rund 56 000 Euro zum Archiv umbauen.
Eine steile Treppe führt hinab in den engen Kellerraum, in dem sich unter dem geweißelten Gewölbe deckenhohe Rollregale aneinanderreihen. In ihnen lagert „das, was für die Geschichte der Stadt relevant ist“, sagt Hauptamtsleiterin Brigitte Thoma. Und das kann eine ganze Menge sein, angefangen von standesamtlichen Informationen wie Geburten und Sterbefälle, über Gemeinderatsbeschlüsse, Listen von Gewerbebetrieben und Gebäuden oder auch Unterlagen zu Stadtfinanzen. Es gebe immer wieder Anfragen zu Stammbäumen, von Heimatkundlern oder Schülern, berichtet Thoma. Jüngst habe jemand Informationen über ein Windrad gesucht, das es wohl am Steegersee einmal gab. „Ich sage dann, sie können kommen und ins Findbuch schauen.“
Findbuch hilft suchen
Denn um die Übersicht über all die Unterlagen zu behalten, werden sie in einem sogenannten Findbuch katalogisiert und mit einer Nummer versehen, anhand derer man sie wiederfinden kann. Da es in Aulendorf seit 1999 für etwa zehn Jahre keine archivarische Betreuung gab, sind bislang nicht alle Akten und Unterlagen gesichtet und erfasst. Mittlerweile kümmert sich ein Gemeindearchivpfleger des Kreises um das Aulendorfer Stadtarchiv. Die turnusgemäße Vernichtung von Akten ab 1988 wurde zwischenzeitlich sogar ausgesetzt, um die Aktenbestände noch sichten und sortieren zu können. Was aufbewahrt wird, regelt auch das Landesarchivgesetz.
Neben dem Archiv im Keller gibt es in etwa noch mal dieselbe Menge mittlerweile gesichtetes Archivmaterial auf den Bühnen des Schlosses. Dorthin waren die Unterlagen nach dem Umzug aus dem alten Rathaus 1996 gebracht worden. Aber weder die Bühnen noch der Kellerraum sind auf Dauer als Archiv geeignet; erstere aus statischen und Brandschutzgründen, letzterer ist zu klein, zu feucht und auch nicht gerade einfach zugänglich. Dabei sollen Archive auch der Öffentlichkeit zugänglich sein, wie Thoma berichtet.
Daher soll das gesamte Archivgut, wie die als aufbewahrungswert eingestuften Unterlagen heißen, nun im Schloss umziehen. Und zwar in den Teil des ehemaligen Spielzeugmuseums, der noch früher einmal die Schlossküche war. Allerdings: Ganz so einfach ist das nicht; das Schloss ist ein denkmalgeschützes Gemäuer und kein passgenauer Zweckbau: Abgesehen von den unterschiedlichen Deckenhöhen ist es vor allem der Fußboden im Spielzeugmuseum, der Probleme macht. Da er direkt über dem bisherigen Kellerarchiv liegt, kann er die Last der Archivregale nicht einfach so tragen. Für 30 000 Euro will die Stadt den Boden nun anpassen und mit Stahlträgern tragfähig machen. Insgesamt rechnet sie mit 56 000 Euro für das neue Archiv samt Beleuchtung, Türen und Regalsystem. Auch ein Arbeitsplatz für den Archivar wird in einem angrenzenden Turmzimmerchen eingerichtet und mit Telefon- und Internetanschluss ausgestattet.
Genehmigung steht noch aus
Noch stehen im ehemaligen Spielzeugmuseum, dort, wo Besucher einst Puppenstuben betrachten konnten, eine Menge leerer Glasvitrinen. Der Verwaltungsausschuss hat zwar grundsätzlich bereits für die neuen Archivräume gestimmt, noch fehlt allerdings eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Hauptamtsleiterin Thoma hofft, diese bald zu bekommen und mit dem Umbau starten zu können. Noch in diesem Jahr soll das Archiv dann umziehen. Darüber hinaus plant die Stadt einen weiteren angrenzenden Raum des ehemaligen Spielzeugmuseums für archivarische Zwecke zu nutzen. Dort ist ein öffentlich nutzbarerer Archivraum geplant. Noch allerdings wird dieser nicht ausgestattet. Wohl auch, da noch nicht ganz klar ist, wie er aussehen soll; er könnte nämlich sowohl Arbeits- als auch Ausstellungsraum sein. Damit in Zusammenhang steht auch die Idee, dass das Bürgermuseum des Heimat- und Geschichtsvereins Traditio in den darüber hinaus noch leer stehenden Teil des ehemaligen Spielzeugmuseums einziehen könnte. Ein Museumsbesuch ließe dann einen Abstecher in diesen zweiten, öffentlichen Archivraum zu. Noch ist das letzte Wort dazu aber nicht gesprochen.