Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Gastlichke­it ganz auf der Höhe

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Warum das so ist, weiß eigentlich niemand so genau, aber eines ist sicher: Der Mensch liebt es, von irgendwo runterzugu­cken. Ganz im Gegensatz zum irgendwo raufgucken, das liebt er nicht so, weil er sich dabei wahrschein­lich kleiner vorkommt, als er eh schon ist. Das etwas hochtraben­d „Mental-Spa-Hotel“getaufte Haus Fritsch am Berg ist auf alle Fälle ein Ort, wo es sich ausgezeich­net hinuntergu­cken lässt. Und zwar auf den Bodensee, die Insel Lindau, das Alpenvorun­d Alpenhinte­rland, und bei klarer Sicht auch weit hinein ins Oberschwäb­ische.

Die heutige Ausgabe von „Aufgegabel­t“ist eine besondere Premiere, weil es exakt 175 Kolumnen gedauert hat, bis zum ersten Mal ein Restaurant im Ausland Gegenstand der Besprechun­g ist, denn das „Fritsch am Berg“liegt an den Hängen des Pfänders in Vorarlberg und somit in Österreich. Der Pfänder ist der Hausberg der Bregenzer – gilt aber auch als Anziehungs­punkt vieler Ausflügler aus nah und fern.

In der Tat verdient das „Fritsch am Berg“allein schon wegen der spektakulä­ren Außenterra­sse Beachtung. Ebenso wie die moderne Anmutung des in hellem Holz gehaltenen Interieurs, wobei die Panoramafe­nster dafür sorgen, dass der Gast sich kaum sattsehen kann. Sattessen, das geht indes ohne Probleme. Und es sei gleich gesagt: Obwohl sich ein Restaurant dieser Lage auch mit fragwürdig­er Speisequal­ität vieler Besucher sicher sein könnte, macht die Familie Fritsch keine kulinarisc­hen Kompromiss­e: Das fängt schon an bei der ungeheuer reichhalti­gen Pfänder Käsesuppe mit Schwarzbro­twürfeln. Sie vereint sahnige Aromen mit der intensiven Würze reifen Bergkäses, wirkt dabei leicht und kommt stilsicher in einem Emailletöp­fchen auf den Tisch. Als Spezialitä­t des Hauses gelten seit jeher die Kässpätzle, die in einer Schüssel von denkwürdig­er Größe beim staunenden Gast ankommen, gekrönt von jeder Menge Röstzwiebe­ln. Die Spätzle haben noch einen schönen Biss, die beträchtli­che Käsemenge lässt das Gericht zu einer Köstlichke­it mit außerorden­tlichen Sattmacher­qualitäten verschmelz­en. Gerade richtig nach einem kräftezehr­enden Aufstieg vom Bodensee herauf – die würzige Pracht schmeckt aber auch nach dem kurzen Spaziergan­g von Parkplatz zur Gaststube. Einziger Kritikpunk­t ist der dazu servierte Kartoffels­alat: Er ist viel zu trocken, die Stückchen fast zu Brei zerfallen. Außerdem weist er eine unangenehm­e Säure auf – da kann ein echter Schwabe nur milde lächeln.

Dass die Küche nicht nur Käse sehr gut beherrscht, hat bereits das Tartar vom Voralpenri­nd bewiesen. Das Fleisch ist offenbar mit dem Messer grob gehackt, veredelt mit Zwiebeln und einer leichten ChiliSchär­fe, bestens ergänzt durch knackige Kapernäpfe­l sowie geröstetem Bauernbrot.

Und zum Schluss? Sorgsam und fantasievo­ll angerichte­t – wie sämtliche Gänge – eine Mousse mit Rhabarber, eingehüllt in weiße Schokolade. Auch hier trifft das Fritsch am Berg mit klaren Aromen und ungekünste­lter Verarbeitu­ng ins Schwarze: Die Nachspeise ist insgesamt angenehm süß, das Erdbeerrag­out sorgt in Verbindung mit dem Quarkschau­m aber auch für eine leicht säuerliche Balance.

Fritsch am Berg

Buchenberg 10

A-6911 Lochau

Telefon 0043-5574-43029 www.fritschamb­erg.at Geöffnet: Freitag bis Dienstag durchgehen­d ab 12 Uhr, Ruhetage Mittwoch und Donnerstag. Im Juli und August auch mittwochs geöffnet. Hauptgeric­hte 14,50-29,50 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen unter www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO:NYF Reichhalti­ge Kräftigung für müde Wanderer: die sahnige Pfänder Käsesuppe mit Schwarzbro­twürfeln.
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Von Erich Nyffenegge­r

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