Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Debatte um Fahrverbote in Stuttgart gewinnt an Fahrt
Zwei juristische Gutachten empfehlen, alte Diesel ab 2019 aus der Landeshauptstadt auszusperren
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STUTTGART (lsw) - In der von Luftverschmutzung geplagten Landeshauptstadt Stuttgart könnten 2019 die umstrittenen Verbote für Dieselfahrzeuge kommen. Zu diesem Schluss kommen Juristen des Landes und der Stadt. Das dürfte die Debatte um Fahrverbote innerhalb der grünschwarzen Regierung befeuern.
Die „Südwest Presse“berichtet, dass ein Gutachten der Landesregierung Fahrverbote ab 2019 für eine bessere Luft empfehle. Nach Informationen der Deutschen PresseAgentur kommen auch Juristen der Landeshauptstadt zu dem Schluss.
Die vom der Landesregierung beauftragte Kanzlei rät demnach, ab Januar 2019 ein „zonenweites Verbot von Euro 3- und 4-Diesel“in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Damit sollen die StickstoffdioxidGrenzwerte eingehalten werden. Dieselfahrzeuge der Kategorie Euro 5 sollten ab September 2019 mit einem Fahrverbot für Innenstadtbereiche belegt werden. Allerdings könne diese Frist verlängert werden, sollte die Luft deutlich sauberer werden.
Ob nun Fahrverbote angeordnet werden, ist Sache der Politik. Die Landesregierung müsste entsprechenden Änderungen im Luftreinhalteplan der Stadt Stuttgart zustimmen. In der grün-schwarzen Koalition sind die Fahrverbote jedoch äußerst umstritten.
Im Februar hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auch mit Blick auf Stuttgart geurteilt, dass Fahrverbote zur Luftreinhaltung grundsätzlich erlaubt sind. Seit einigen Tagen liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor. Demnach müssen Verkehrsverbote dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. „Mithin ist ein Verkehrsverbot zeitlich gestaffelt nach dem Alter und Abgasverhalten der betroffenen Fahrzeuge und unter Einschluss von Ausnahmeregelungen einzuführen“, heißt in dem Urteil.
Wie die „Südwest Presse“berichtete, schlägt das Gutachten des Landes daher weitreichende Ausnahmen vor. „Alle Anwohner der Zone, Handwerker, Liefer- und Wirtschaftsverkehr“sollten von Fahrverboten ausgenommen werden, heißt es darin. Und noch ein Schlupfloch sehen die Juristen: Verbote für Euro-5-Autos wären hinfällig, sollte es Sommer 2019 Prognosen geben, nach denen die Grenzwerte auch ohne diese eingehalten werden können.
„Für uns gilt weiterhin das Ziel: Saubere Luft für unsere Städte und auch die Vermeidung von Fahrverboten“, sagte der CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart. Das Vorgehen werde mit dem grünen Koalitionspartner besprochen. „Die starken Verbesserungen der Messwerte müssen laut Urteil in die weiteren Abwägungen einfließen“, sagte er.
Opposition warnt
Die Schadstoffwerte sinken, nachdem die Stadt Stuttgart zahlreiche Maßnahmen ergriffen hat. Allerdings müssen die Grenzwerte nach diversen Gerichtsurteilen rasch unterschritten werden - was aber ohne Fahrverbote schwierig wird,
Für die Opposition im Landtag warnten SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch und FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke vor Fahrverboten. Die Verantwortlichen sollten die Finger davon lassen, sagte Rülke. Stoch forderte unter anderem weitere „Bemühungen auf Bundesebene, um eine wirksame Hardware-Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge zu ermöglichen“.
Ein Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag sagte: „Die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts werden wir respektieren und umsetzen.“Die wichtigsten Ziele für die Grünen sei eine „Verbesserung der Luftqualität, das Vermeiden von Verkehrsbeschränkungen und ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr“.