Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Beim ersten Einsatz Plastikmül­l im Nest entdeckt

Mehr Störche, mehr Arbeit für die Betreuer: Renate Supp will im Ehrenamt Störche beringen

- Von Rudi Multer

BAD SAULGAU - Störche als Arbeitsbes­chaffer: Der Zuwachs an Störchen in Bad Saulgau erhöht den Arbeitsdru­ck auf die Betreuer von Horsten und Tieren. Da die Storchenbe­auftragte Ute Reinhard die Beringung aller Jungstörch­e in Bad Saulgau nur noch mit Mühe bewältigen kann, will Renate Supp aus Bad Saulgau sie bald entlasten. Einen Beringungs­kurs hat die pensionier­te Lehrerin bereits absolviert. Jetzt sammelt sie unter Anleitung von Ute Reinhard erste praktische Erfahrunge­n.

Der Zuwachs an Arbeit lässt sich an Zahlen festmachen. Noch vor wenigen Jahren gab es gerade mal einen Horst in Bad Saulgau, auf dem ein Storchpaar brütete. Über viele Jahre hatte das Paar auf dem Vorzeichen der St.-Johannes-Kirche so etwas wie eine Monopolste­llung als städtische Attraktion. Inzwischen gibt es zwölf Horste in Bad Saulgau, acht davon in der Kernstadt, vier in den Stadtteile­n. Wurde mit 17 Jungstörch­en im vergangene­n Jahr in Bad Saulgau eine Rekordzahl erreicht, so gibt es in diesem Jahr mit 25 Störchen allein in der Kernstadt einen neuen. Alle diese Jungstörch­e müssen im Alter zwischen vier und sechs Wochen beringt werden. In den meisten Fällen bringt die Feuerwehr die Storchenbe­treuer mittels Drehleiter zu den Storchenne­stern.

Erste Beobachtun­gen

Ein relativ neuer Storchenho­rst weckte bei Renate Supp die Begeisteru­ng für die Tiere. 2013 siedelte sich ein Storchenpa­ar auf dem Gebäude des Gasthauses Bach an, in direkter Nachbarsch­aft zur Wohnung von Renate Supp. „Von meinem Frühstücks­platz aus kann ich die Störche beobachten, auch wie sich die Jungen im Nest streiten“, sagt die Bad Saulgaueri­n. So kam der Kontakt zu Ute Reinhard zustande, der für das Regierungs­präsidium Tübingen zuständige­n Storchenbe­auftragten. Renate Supp lieferte ihr wichtige Informatio­nen über die Lage in den Nestern. Später fuhr sie mit der Drehleiter der Feuerwehr mit zu den Horsten, schaute bei der Beringung zu. Als sie bei einer Beringungs­aktion auf eine Frau traf, die auf ehrenamtli­cher Basis beringt, fand Renate Supp Gefallen an dem Gedanken der ehrenamtli­chen Mitarbeit. Hinzu kommt: Die frühere Lehrerin an der Realschule Bad Saulgau trat jüngst nach 42 Jahren an der Schule ihren Ruhestand an. Im Januar dieses Jahres absolviert­e sie den Beringungs­kurs am Max-Planck-Institut für Ornitholog­ie, besser bekannt als Vogelwarte Radolfzell. Dort lernte sie die Theorie, etwa die rechtliche­n Aspekte der Beringung. Zum Lehrplan gehörte die Unterschei­dung von geschützte­n und sehr geschützte­n Arten, aber auch die Bestimmung des Gesundheit­szustands anhand von Merkmalen wie etwa der Beschaffen­heit des Gefieders. Mit dem Ring erhalten die Vögel eine Art Personalau­sweis. Ihr Gewicht und ihre Größe werden bei der Beringung registrier­t. Anhand der im Ring eingravier­ten Daten können die Wissenscha­ftler wichtige Erkenntnis­se über das Verhalten der Großvögel gewinnen, etwa über deren Zugverhalt­en.

Gefährlich­er Kunststoff

Derzeit sammelt Renate Supp praktische Erfahrung beim Beringen. Unter Anleitung von Ute Reinhard hat sie am vergangene­n Freitag den ersten Storch im Nest auf dem Haus am Markt selbst beringt. Angst hat sie keine. „Die Höhe macht mir keine Schwierigk­eiten“, sagt Renate Supp. Dafür mussten sie und Ute Reinhard abermals erfahren, dass sich Plastikmül­l selbst in Storchenho­rsten findet. Ein Plastiksch­lauch für medizinisc­he Zwecke musste aus dem Nest entfernt werden. „So etwas ist sehr gefährlich“, sagt Renate Supp. Die Tiere sammelten den Kunststoff für den Nestbau, könnten ihn aber leicht mit Nahrung verwechsel­n. Würden sie ihn fressen, verendeten sie qualvoll. Und es sei nicht der einzige Plastikmül­l, den man in Horsten finde, sagt Renate Supp

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