Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Bordelle in der Innenstadt sind weiterhin erlaubt
Zwei Jahre nach Gerichtsurteil fühlt sich für die Neuordnung der Häfler Sperrgebiete niemand zuständig
● FRIEDRICHSHAFEN - Während die Stadt Ravensburg derzeit an einer neuen Sperrgebietsverordnung bastelt, um Prostitution aus der Altstadt verbannen zu können, herrscht bei diesem Thema in Friedrichshafen seit zwei Jahren Stillstand.
Nachdem der Verwaltungsgerichtshof Mannheim 2016 eine neue Verordnung für unwirksam erklärt hat, gilt nach wie vor jene aus dem Jahr 1984. Und das soll offenbar auch so bleiben. Konkrete Aussagen hat die Schwäbische Zeitung dazu nicht erhalten, stattdessen wurden die angeblichen Zuständigkeiten hin- und hergeschoben.
In einer Stadt der Größe Friedrichshafens ist Prostitution zwar grundsätzlich erlaubt, allerdings haben die Kommunen einen gewissen Spielraum. So dürfen sie über entsprechende Verordnungen Sperrgebiete und Toleranzzonen festlegen – Bereiche, in denen sich Bordellbetriebe ansiedeln dürfen, und solche, in denen diese tabu sind. Als die Stadt dies im Jahr 1984 tat, zog sie eine rote Linie, die käuflichen Sex in der Kernstadt zuließ – und außerhalb verbot. Um zu verhindern, dass sich das Rotlichtgewerbe unkontrolliert ausbreitet, erstellte die Stadt vor einigen Jahren eine neue Verordnung, die das Regierungspräsidium Tübingen absegnete. Diese wies als Toleranzzonen nur noch Gewerbegebiete aus, die Innenstadt sollte für Prostitution tabu bleiben – mit Ausnahme der bestehenden Betriebe, die Bestandsschutz genießen.
VGH gibt Prostituierten Recht
Das Vorhaben scheiterte allerdings vor dem Mannheimer Verwaltungsgerichtshof, nachdem vier Prostituierte eine Normenkontrollklage eingereicht hatten. Die Frauen boten ihre Dienste selbstständig in angemieteten Appartments im City Tower an und sahen sich in ihrer Existenz bedroht, weil besagter Bestandsschutz für die sogenannte Wohnungsprostitution offenbar nicht gegriffen hätte. Die Prostituierten hätten in eine der Toleranzzonen ausweichen müssen. Das Problem: In praktisch keiner dieser Zonen hätten sie, aus unterschiedlichen Gründen, eine realistische Chance, entsprechende Räumlichkeiten für ihre Dienste anzumieten oder zu erwerben. Unter anderem aus diesem Grund erklärte der VGH die Sperrgebietsverordnung für unwirksam – weshalb die bisherige gültig blieb.
Und daran hat sich in den vergangenen zwei Jahren auch nichts geändert. Nachbesserungen der Verordnung plant man im Häfler Rathaus offenbar nicht. Die Pressestelle der Stadt verwies auf Nachfrage ans Regierungspräsidium. Dieses wiederum hielt zunächst Rücksprache mit dem Innenministerium und teilte dann mit, dass für Beantwortung von vier vermeintlich simplen Fragen der SZ drei weitere Landesministerien zuständig seien. Woraufhin sich die Presseabteilung des Justizministeriums etwas irritiert zeigte, warum es die Antwort auf eine Frage liefern soll, die nur die Stadt Friedrichshafen zusammen mit dem Regierungspräsidium beantworten kann: nämlich die, ob es für die Stadt einen neuen Versuch für eine geänderte Sperrgebietsverordnung geben wird. Das Ergebnis der gut zweiwöchigen Recherche könnte man wie folgt zusammenfassen: Niemand ist für nichts zuständig und nichts Genaues weiß man nicht. Wer weiß, vielleicht wollen Stadt und Regierungspräsidium ja auch einfach nur abwarten, ob die Stadt Ravensburg mit ihrer neuen Verordnung durchkommt.