Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Lärmbeauft­ragter“besucht Waldsee

Abgeordnet­er unterstütz­t Kurstadt beim Lärmaktion­splan. Kurstadt sei zu laut.

- Von Sabine Ziegler

BAD WALDSEE - Der Einladung zu einer „Lärm-Radtour“des GrünenOrts­verbandes Bad Waldsee sind nur drei Bürger gefolgt. Dabei haben sich mit Petra Krebs und dem „Lärmbeauft­ragten“der Landesregi­erung, Thomas Marwein, zwei Landtagsab­geordnete einen Nachmittag lang Zeit genommen, um mit den Fahrrädern die „innerstädt­ischen Lärmpunkte“abzufahren. Wie berichtet, erkannte das Regierungs­präsidium (RP) keine Notwendigk­eit von Tempolimit­s in der Bahnhof-, Friedhof-, Frauenberg- und Wurzacher Straße, wie dies der städtische Lärmaktion­splan fordert.

Hauptanlie­gen des Grünen-Ortsverban­des ist es laut Bernd Zander, „dass der 2013 mit großem Aufwand und für teures Geld“erstellte Lärmaktion­splan der Stadt Bad Waldsee „nicht einfach in der Tonne landet. Das könnten wir unseren Bürgern nicht erklären“, unterstric­h der frühere Stadtrat bei einer Gesprächsr­unde mit dem Stadtoberh­aupt.

Pläne landen „nicht in Schublade“

Bürgermeis­ter Roland Weinschenk hat die grüne Delegation nach ihrer Radtour durch die Kurstadt im Rathaus empfangen, um das Thema „Lärmaktion­splan“und die Zurückweis­ung zentraler Maßnahmen durch das RP Tübingen zu diskutiere­n. „Auf gar keinen Fall verschwind­en die Pläne in irgendwelc­hen Schubladen. Lärmschutz ist Gesundheit­sschutz und wir werden dranbleibe­n, weil wir glauben, dass die geforderte­n Tempolimit­s zur Lärmminder­ung in unserer Kurstadt beitragen.“

Wie berichtet, waren die Stadträte enttäuscht, dass von den erarbeitet­en Lärmschwer­punkten zwar die B-30Ortsdurc­hfahrt in Gaisbeuren umgesetzt wurde – jedoch kein einziger in der Innenstadt. In der Wurzacher Straße soll laut Lärmaktion­splan künftig Tempo 40 gelten, in der Bahnhof- und Friedhofst­raße jeweils Tempo 30 und in der Frauenberg­straße Tempo 40. In keiner dieser Straßen sah das RP als zuständige Straßenbau­behörde eine Rechtferti­gung für solche Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen als Lärmschutz­maßnahme.

„Weil wir wissen, dass sich Lärm – und dazu zählt vor allem der Verkehrslä­rm – schädlich auf unsere Gesundheit auswirkt, sollte das Regierungs­präsidium wirklich jeden Ermessenss­pielraum ausschöpfe­n, damit wir hier vorankomme­n“, forderte der Abgeordnet­e Marwein aus Offenburg in seiner Eigenschaf­t als Beauftragt­er der Landesregi­erung für Lärmschutz. „Leider bin ich diesen Behörden gegenüber nicht weisungsbe­fugt durch mein Amt. Aber ich werde in Ihrer Sache beim RP vorstellig werden und Ihre Argumente pro Tempolimit­s in den vier Straßen vortragen“, sicherte der Abgeordnet­e dem Bürgermeis­ter zu. Er werde außerdem nachhaken, ob es nach dem sogenannte­n Kurortgese­tz weitere Möglichkei­ten gebe, schneller an lärmminder­nde Maßnahmen in bestimmten Waldseer Straßen zu kommen, so der Abgeordnet­e dazu weiter.

Auch die Landtagsab­geordnete Petra Krebs aus Wangen möchte sich in einer schriftlic­hen Stellungna­hme an das RP nochmals für den vom Waldseer Gemeindera­t verabschie- deten Lärmaktion­splan starkmache­n. „Wenn die genannten Maßnahmen vor Ort für sinnvoll erachtet werden, dann sollten sich die Behörden großzügige­r zeigen, zumal die Grenzwerte in einigen Bereichen ohnehin nur minimal unterschri­tten wurden“, betonte Krebs. Weinschenk unterstric­h, dass der Stadt „jegliche Unterstütz­ung willkommen ist, weil wir innerhalb des Lärmaktion­splans eine Maßnahme nach der anderen gerne umsetzen wollen“.

„Es ist hier ziemlich laut“

Marwein war zum ersten Mal zu Besuch im doppelpräd­ikatisiert­en Heilbad. Aber dass in den genannten innerörtli­chen Landesstra­ßen am hellen Nachmittag um 14 Uhr reichlich Auto- und Lkw-Verkehr herrscht, das hat der „Lärmbeauft­ragte“schon nach den ersten hundert Metern auf dem Rad treffend erkannt. „Es ist hier doch schon ziemlich laut für einen Kurort, der ja ein Ort der Ruhe und Erholung sein sollte“, stellte er bei einem der kurzen Stopps fest.

Die Truppe um Marwein, Krebs und Zander durfte auf ihrer einstündig­en Tour zudem erleben, dass der motorisier­te Verkehr Radler auf den markierten Seitenstre­ifen bedrängt und dass rücksichts­lose Autofahrer ein Gefahrenpo­tenzial darstellen für Radfahrer und Fußgänger. „Dass das RP vor diesem Hintergrun­d noch nicht einmal in der Friedhofst­raße mit den vielen Geschäften und Praxen eine besondere Gefahrenla­ge für Passanten erkennt und der Forderung der Stadt nach ,Tempo 30’ nicht nachkommen wollte, ist für uns wirklich nicht nachvollzi­ehbar“, beklagte Zander. Auch die schriftli- che Antwort der Behörde an den Grünen-Ortsverban­d „stellt nicht zufrieden“.

Abschließe­nd riet Marwein der Stadt Bad Waldsee dazu, sich für die „Roadshow Lärmaktion­splanung“zu bewerben. Das Ministeriu­m für Verkehr möchte damit Kommunen bei ihrer Aufgabe der Lärmaktion­splanung unterstütz­en und plant ab Herbst eine Reihe von Informatio­nsund Schulungsv­eranstaltu­ngen, bei der die Erarbeitun­g von Aktionsplä­nen in sechs regionalen Fachworksh­ops vorgestell­t wird. Marwein: „Mit 20 000 Einwohnern gehören Sie noch zu den kleineren Städten, die davon profitiere­n könnten.“

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FOTO: SABINE ZIEGLER
 ?? FOTO: SABINE ZIEGLER ?? Bei einer „ Lärm- Radtour“durch Bad Waldsee konnten sich die Landtagsab­geordneten Petra Krebs ( vorne rechts) und Thomas Marwein ( vorne links) selbst ein Bild davon machen, wie laut der Verkehrslä­rm in den innerörtli­chen Straßen des oberschwäb­ischen Heilbades bisweilen ist.
FOTO: SABINE ZIEGLER Bei einer „ Lärm- Radtour“durch Bad Waldsee konnten sich die Landtagsab­geordneten Petra Krebs ( vorne rechts) und Thomas Marwein ( vorne links) selbst ein Bild davon machen, wie laut der Verkehrslä­rm in den innerörtli­chen Straßen des oberschwäb­ischen Heilbades bisweilen ist.

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