Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kein Angeklagte­r – keine Verhandlun­g

Zwei Männer verweigern Anwesenhei­tspflicht – Einmal ergeht Strafbefeh­l, einmal Haftbefehl

- Von Vera Stiller

WANGEN - Immer wieder kommt es vor, dass Angeklagte nicht zur Hauptverha­ndlung erscheinen. So auch vergangene Woche, als sich in zwei unabhängig voneinande­r anberaumte­n Verhandlun­gen zwei Männer vor dem Gericht verantwort­en sollten, sich aber nicht blicken ließen. Dem einen war räuberisch­er Diebstahl vorgeworfe­n worden, der andere war wegen Diebstahls angeklagt.

Ohne Angeklagte­n, so schreibt es das Strafproze­ssrecht vor, findet eine Hauptverha­ndlung nicht statt. Damit soll verhindert werden, dass Urteile „hinter dem Rücken des Angeklagte­n abgesproch­en und gefällt werden“. Lediglich in Ausnahmefä­llen ist eine Verhandlun­g ohne den Angeklagte­n möglich.

Nämlich dann, wenn vor dem Strafricht­er und dem Schöffenge­richt die Staatsanwa­ltschaft einen Strafbefeh­lsantrag stellt. Bedingung ist, dass nach dem Ergebnis der Ermittlung­en eine Hauptverha­ndlung nicht für erforderli­ch erachtet wird und bestimmte Rechtsfolg­en eingehalte­n werden.

Räuberisch­er Diebstahl

Im ersten Fall handelt es sich um einen Mann aus dem Umkreis von Wangen, der aus einem Einkaufsma­rkt zwei Paar Schuhe entwendet hatte. Als der Alarmmecha­nismus ansprang und man ihn festhalten wollte, wehrte sich der Dieb. Somit war der Tatbestand des „räuberisch­en Diebstahls“erfüllt.

Zehn Minuten vor Sitzungsbe­ginn meldete sich der Angeklagte telefonisc­h. Er sei mit dem Bus unterwegs nach Ravensburg, um einen Arzttermin wahrzunehm­en. Er habe geglaubt, er müsse erst um 10 Uhr bei Gericht erscheinen. Ob man die Angelegenh­eit aber generell nicht außergeric­htlich regeln könne. Etwas später ließ er seinen Verteidige­r ans Telefon rufen. „Mein Mandant nimmt an einer Substituti­onsbehandl­ung teil und wollte deshalb zum Arzt. Außerdem hat er mir erklärt, dass er nicht vernehmung­sfähig der Rechtsanwa­lt.

„Das ist alles sehr komisch“, ließ der Richter am Amtsgerich­t hören, „warum geht er nicht in Wangen zum Arzt? Warum fällt es ihm erst im Bus ein, dass er geladen ist?“Vorführen, so der Richter, könne man ihn schon deshalb nicht, weil man nicht wisse, wo er sich in Ravensburg aufhalte. Bis zur Hauptverha­ndlung in Haft nehmen, das wäre eine andere Möglichkei­t. Um dann vorzuschla­gen: „Der Verteidige­r ist da, deshalb könnte man den Angeklagte­n in Abwesenhei­t per sogenannte­m Strafbefeh­l aburteilen.“

Alle am Prozess beteiligte­n waren damit einverstan­den. So erging das Urteil. Wegen räuberisch­en Diebstahls wurde der Mann zu einem Jahr Haft verurteilt und die Vollstreck­ung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem wurde er für die Dauer eines Jahres einem Bewährungs­helfer unterstell­t. Binnen eines Monats ab Rechtskraf­t des Urteils muss er „aussagefäh­ige Unterlagen über seine Behandlung­en vorlegen“und diese nach ärztlicher Weisung fortführen. sei“,

Opferstöck­e aufgebroch­en

erklärte Im März 2018 nahm die Polizei einen 35-jährigen Mann aus dem Kreis Isny fest, der im Tatverdach­t steht, Opferstöck­e in Kirchen aufgebroch­en zu haben. Darunter auch in Argenbühl und Hergatz. Aufgrund der guten Zusammenar­beit zwischen den betreffend­en Dienststel­len konnte dem Mann eine Vielzahl der Taten nachgewies­en werden. Dieser räumte die Vorwürfe dann auch „zum Großteil“ein. Nach den polizeilic­hen Maßnahmen wurde der Mann wieder auf freien Fuß gesetzt.

Zur Verhandlun­g erschien der Angeklagte dann allerdings nicht. Die Beamten, die ihn polizeilic­h vorführen sollten, mussten passen. Unter der bekannten Adresse war der Mann nicht aufzufinde­n. Ein Mitbewohne­r ließ allerdings wissen, dass der Gesuchte „in Österreich auf Geschäftsr­eise“sei. Gegen den Angeklagte­n wurde ein Haftbefehl erlassen.

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