Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
BAG erwägt Schließung des Getreidelagers in Bad Waldsee
Hauptversammlung der Genossenschaft in Bad Wurzach – Siloschließungen stehen im Raum
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BAD WURZACH - Mit dem viertbesten Geschäftsergebnis ihrer Geschichte hat die Raiffeisen Bezug + Absatz Genossenschaft (BAG) Bad Waldsee das Jahr 2017 abgeschlossen. Das gaben Vorstand und Aufsichtsrat auf der Hauptversammlung am Dienstagabend im Kurhaus von Bad Wurzach bekannt. Die Genossenschaftsmitglieder erhalten eine Dividende von 2,75 Prozent.
Große Sorgen macht allerdings das seit Jahren verlustreiche landwirtschaftliche Bezugsgeschäft mit Getreide und Raps. Veraltete Technik und geringe Lagerkapazität sind die Gründe für das alljährliche Defizit in dem Geschäftsbereich, der nur noch 1,5 Prozent des Jahresumsatzes ausmacht. Man habe seit Jahrzehnten in diesem Bereich nicht investiert, „und das war richtig so“, wie BAG-Vorstand Hubert Bröhm betonte.
Noch keine Entscheidung gefallen
„Nun stellt sich die Frage, welchen Weg wir gehen können.“Im Raum steht die Schließung der Getreidelager in Bad Waldsee und Essendorf. Entscheidungen seien aber noch nicht gefallen, unterstrich Bröhm. Was aus wirtschaftlicher Sicht keine Frage wäre, ist schwierig, weil „dieser Bereich tief mit der Geschichte der BAG verbunden ist“, so der Vorstand. In der Tat gab es in der Aussprache von einigen älteren Landwirten heftige Kritik an den Überlegungen. Ein Redner warnte, solch eine Schließung sei „der Anfang vom Ende“. Eine Entscheidung in dieser Frage kündigte Bröhm für Herbst 2018 an.
Im Geschäftsjahr 2017 hatte die BAG Umsatzerlöse von 68,6 Millionen Euro, das ist eine Steigerung von etwa fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Jahresüberschuss betrug knapp 515 000 Euro gegenüber rund 385 000 Euro im Vorjahr. 350 000 Euro fließen in die Rücklage, sodass der Bilanzgewinn der BAG 2017 sich auf knapp 165 000 Euro beläuft. 2016 waren es etwa 135 000 Euro gewesen.
46 000 Euro dieses Bilanzgewinns werden als Dividende an die Genossenschaftsmitglieder ausgeschüttet. Der Rest fließt ebenfalls in die Rücklagen. Das genehmigten die 177 anwesenden Mitglieder einstimmig.
Mehr als die Hälfte das Umsatzes erwirtschaftete die BAG mit dem Verkauf von Mineralölen und Benzin (54,3 Prozent). Landwirtschaftliche Bedarfsartikel (17,7), die Raiffeisenmärkte (11,8) sowie Maschinen und Ersatzteile für die Landwirtschaft (9,3) sind weitere Säulen.
Bröhm und der Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Widmann sprachen von einem zufriedenstellenden Ergebnis. Das tat auch Wirtschaftsprüfer Patrick Schmälzle vom Genossenschaftsverband Baden-Württemberg: „Die BAG steht in stürmischen Zeiten sehr solide da.“
Dass 2017 nicht das beste Geschäftsjahr der BAG wurde, ist einem Betrugsfall geschuldet, gab Bröhm in Bad Wurzach bekannt. Ein Mitarbeiter habe das Unternehmen um einen sechsstelligen Betrag gebracht. Die Sicherheitslücke im Controlling sei mittlerweile geschlossen worden, betonte der Vorstand.
Aufsichtsrat und Vorstand wurden von der Versammlung jeweils einstimmig entlastet.
Die Digitalisierung hat die Landwirtschaft längst erfasst, und so wird sich die BAG an einer Agrarhandelsplattform im Internet beteiligen, kündigte Bröhm an.
Des Weiteren gab er bekannt, dass ab sofort Mitglieder der BAG wieder sogenannte Nachrangdarlehen gewähren können. Diese haben eine Kündigungsfrist von 15 Monaten und werden mit 0,5 Prozent pro Jahr verzinst. Bröhm betonte aber auch, „dass diese Gelder im Falle einer Insolvenz der BAG nicht gesichert sind“.
Turnusgemäß stand die Wahl eines Teils des Aufsichtsrats an. Einstimmig für drei Jahre wiedergewählt wurden Hubert Brauchle (Argenbühl), Ernst Haberkorn (Wilhelmsdorf), Helmut Kibler (Haisterkirch) und Michael Müller (Bad Wurzach).
Aus Altersgründen ausgeschieden ist der Bad Waldseer Paul Maucher. Er war 15 Jahre lang ehrenamtlich im Aufsichtsrat tätig. Sein Sitz wird nicht wiederbesetzt, der Aufsichtsrat verkleinert sich dadurch auf neun Personen. Widmann ehrte Maucher als versierten Landwirt, „strengen Beobachter und Kommunikator zwischen Kunden, Mitarbeitern und Vorstand“.
Die Hauptversammlung im Bad Wurzacher Kurhaus wurde von der Musikkapelle Beuren musikalisch umrahmt. Die Metzgerei Wegmann sorgte für Speisen und Getränke.
Die BAG hatte Ende 2017 767 Mitglieder und 208 Mitarbeiter.
Die Genossenschaft hat Standorte
in Bad Waldsee, Bad Wurzach, Eberhardzell, Eisenharz, Ellwangen, Esenhausen, Fronhofen, Gossetsweiler, Isny, Seibranz, Unteressendorf und Wiggensbach. Im kommenden Jahr feiert die BAG ihr 100-Jahr-Jubiläum.