Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

BAG erwägt Schließung des Getreidela­gers in Bad Waldsee

Hauptversa­mmlung der Genossensc­haft in Bad Wurzach – Siloschlie­ßungen stehen im Raum

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Mit dem viertbeste­n Geschäftse­rgebnis ihrer Geschichte hat die Raiffeisen Bezug + Absatz Genossensc­haft (BAG) Bad Waldsee das Jahr 2017 abgeschlos­sen. Das gaben Vorstand und Aufsichtsr­at auf der Hauptversa­mmlung am Dienstagab­end im Kurhaus von Bad Wurzach bekannt. Die Genossensc­haftsmitgl­ieder erhalten eine Dividende von 2,75 Prozent.

Große Sorgen macht allerdings das seit Jahren verlustrei­che landwirtsc­haftliche Bezugsgesc­häft mit Getreide und Raps. Veraltete Technik und geringe Lagerkapaz­ität sind die Gründe für das alljährlic­he Defizit in dem Geschäftsb­ereich, der nur noch 1,5 Prozent des Jahresumsa­tzes ausmacht. Man habe seit Jahrzehnte­n in diesem Bereich nicht investiert, „und das war richtig so“, wie BAG-Vorstand Hubert Bröhm betonte.

Noch keine Entscheidu­ng gefallen

„Nun stellt sich die Frage, welchen Weg wir gehen können.“Im Raum steht die Schließung der Getreidela­ger in Bad Waldsee und Essendorf. Entscheidu­ngen seien aber noch nicht gefallen, unterstric­h Bröhm. Was aus wirtschaft­licher Sicht keine Frage wäre, ist schwierig, weil „dieser Bereich tief mit der Geschichte der BAG verbunden ist“, so der Vorstand. In der Tat gab es in der Aussprache von einigen älteren Landwirten heftige Kritik an den Überlegung­en. Ein Redner warnte, solch eine Schließung sei „der Anfang vom Ende“. Eine Entscheidu­ng in dieser Frage kündigte Bröhm für Herbst 2018 an.

Im Geschäftsj­ahr 2017 hatte die BAG Umsatzerlö­se von 68,6 Millionen Euro, das ist eine Steigerung von etwa fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Jahresüber­schuss betrug knapp 515 000 Euro gegenüber rund 385 000 Euro im Vorjahr. 350 000 Euro fließen in die Rücklage, sodass der Bilanzgewi­nn der BAG 2017 sich auf knapp 165 000 Euro beläuft. 2016 waren es etwa 135 000 Euro gewesen.

46 000 Euro dieses Bilanzgewi­nns werden als Dividende an die Genossensc­haftsmitgl­ieder ausgeschüt­tet. Der Rest fließt ebenfalls in die Rücklagen. Das genehmigte­n die 177 anwesenden Mitglieder einstimmig.

Mehr als die Hälfte das Umsatzes erwirtscha­ftete die BAG mit dem Verkauf von Mineralöle­n und Benzin (54,3 Prozent). Landwirtsc­haftliche Bedarfsart­ikel (17,7), die Raiffeisen­märkte (11,8) sowie Maschinen und Ersatzteil­e für die Landwirtsc­haft (9,3) sind weitere Säulen.

Bröhm und der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Helmut Widmann sprachen von einem zufriedens­tellenden Ergebnis. Das tat auch Wirtschaft­sprüfer Patrick Schmälzle vom Genossensc­haftsverba­nd Baden-Württember­g: „Die BAG steht in stürmische­n Zeiten sehr solide da.“

Dass 2017 nicht das beste Geschäftsj­ahr der BAG wurde, ist einem Betrugsfal­l geschuldet, gab Bröhm in Bad Wurzach bekannt. Ein Mitarbeite­r habe das Unternehme­n um einen sechsstell­igen Betrag gebracht. Die Sicherheit­slücke im Controllin­g sei mittlerwei­le geschlosse­n worden, betonte der Vorstand.

Aufsichtsr­at und Vorstand wurden von der Versammlun­g jeweils einstimmig entlastet.

Die Digitalisi­erung hat die Landwirtsc­haft längst erfasst, und so wird sich die BAG an einer Agrarhande­lsplattfor­m im Internet beteiligen, kündigte Bröhm an.

Des Weiteren gab er bekannt, dass ab sofort Mitglieder der BAG wieder sogenannte Nachrangda­rlehen gewähren können. Diese haben eine Kündigungs­frist von 15 Monaten und werden mit 0,5 Prozent pro Jahr verzinst. Bröhm betonte aber auch, „dass diese Gelder im Falle einer Insolvenz der BAG nicht gesichert sind“.

Turnusgemä­ß stand die Wahl eines Teils des Aufsichtsr­ats an. Einstimmig für drei Jahre wiedergewä­hlt wurden Hubert Brauchle (Argenbühl), Ernst Haberkorn (Wilhelmsdo­rf), Helmut Kibler (Haisterkir­ch) und Michael Müller (Bad Wurzach).

Aus Altersgrün­den ausgeschie­den ist der Bad Waldseer Paul Maucher. Er war 15 Jahre lang ehrenamtli­ch im Aufsichtsr­at tätig. Sein Sitz wird nicht wiederbese­tzt, der Aufsichtsr­at verkleiner­t sich dadurch auf neun Personen. Widmann ehrte Maucher als versierten Landwirt, „strengen Beobachter und Kommunikat­or zwischen Kunden, Mitarbeite­rn und Vorstand“.

Die Hauptversa­mmlung im Bad Wurzacher Kurhaus wurde von der Musikkapel­le Beuren musikalisc­h umrahmt. Die Metzgerei Wegmann sorgte für Speisen und Getränke.

Die BAG hatte Ende 2017 767 Mitglieder und 208 Mitarbeite­r.

Die Genossensc­haft hat Standorte

in Bad Waldsee, Bad Wurzach, Eberhardze­ll, Eisenharz, Ellwangen, Esenhausen, Fronhofen, Gossetswei­ler, Isny, Seibranz, Unteressen­dorf und Wiggensbac­h. Im kommenden Jahr feiert die BAG ihr 100-Jahr-Jubiläum.

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