Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kressbronner Whisky wackelt auf Bodensee
Im Bug der MS Schwaben lagern 820 Liter – Wellengang soll Reifeprozess fördern
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KRESSBRONN - Seit Donnerstag schaukeln im Bug des Motorschiffes Schwaben rund 820 Liter Kressbronner Single Malt Whisky. Gelagert in zwei 190 Liter Bourbon- und zwei 250 Liter fassenden amerikanischen Weißeichenfässern wird der prämierte Edelstoff bis Frühjahr 2019 durch die Schiffsbewegung auf dem Bodensee eine besondere Reife und Entwicklung genießen. „Es ist ein Experiment. Wir werden uns einfach überraschen lassen, versprechen uns aber durch die Temperaturschwankungen und die ständige Unruhe über den Sommer und Winter hinweg eine ganz besondere, einzigartige Note“, sagte Whisky-Hersteller Martin Steinhauser.
Es ist keine Schnapsidee. An Bord der MS Schwaben lagern seit Donnerstag tief unten im Bug des Schiffsklassikers vier Fässer mit edlem Inhalt. Der Hintergrund: Martin Steinhauser, der seit 2009 Single Malt Whisky in seiner Destillerie in Kressbronn herstellt, hatte eine Vision. „Unsere Fässer werden im Whisky-Stadel von morgens bis abends klangvoll mit Kressbronner Marschmusik berieselt, warum sollte er nicht auch auf dem Bodensee schaukeln und sich unter Deck im Bug eines Schiffes wohlfühlen?“, fragte sich der Fachmann mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
Schnell wurde aus der „Schnapsidee“Realität, nachdem man mit Frank Gaffry, Teamleiter für Technik und Service bei den BodenseeSchiffsbetrieben (BSB), einen idealen Partner gefunden hatte. „Nach einer Besichtigung der 1937 in Dienst gestellten MS Schwaben im April, die zu dieser Zeit noch umgebaut und modernisiert wurde, haben wir Nägel mit Köpfen gemacht. Zuvor mussten jedoch einige bürokratische Hürden genommen werden und entsprechende Halterungen zur Sicherung der Fässer angebracht werden“, erinnert sich Steinhauser. Tatsächlich wäre das Projekt fast an den strengen unterschiedlichen Zollbestimmungen gescheitert.
Schließlich bewegt sich das Kursschiff über den Bodensee und legt in drei verschiedenen Ländern an: „Wir haben sämtliche zuständige Behörden in Österreich, in der Schweiz, von Friedrichshafen über Stuttgart bis hin zum Finanzministerium und nach Brüssel eingeschaltet. Heute sind wir glücklich, dass unser vier Jahre alter Whisky seine Reise über das Schwäbische Meer antreten darf bevor er als limitierte Sonderedition auf den Markt kommt“, freute sich der Vater des ersten Bodensee-Whiskys, bevor seine Söhne Moritz, Christian und Destillator Michael Heimpel sowie Max Helmle die leeren Eichenfässer unter Bord brachten und befüllten, um anschließend ordnungsgemäß durch den Zollbeamten Kurt Lippert verplombt und verschlossen zu werden.
Spirituosen im Wert von 100 000 Euro an Bord
Auf das zu erwartende Ergebnis angesprochen, gibt sich Martin Steinhauser spannungsgeladen: „Es ist wie eine Lotterie. Wer nichts riskiert, kann nicht gewinnen. Keiner weiß, wie sich der Geschmack entwickeln wird. Ich bin mir aber sicher, dass dies ein ganz besonderer und einzigartiger sein wird.
Rund, weich und harmonisch, da Holz bekanntlich atmet und die Luftfeuchtigkeit unter Deck sowie die Temperaturschwankungen im Zusammenspiel mit dem Wellengang den Reifeprozess auf eine ganz besondere Art beeinflussen werden. Der Edelstoff erhält somit seine ganz eigene Geschichte“. „Das ist ein wunderbarer und toller Tag für beide Partner. Hier kommen Tradition und Genuss zusammen, das passt einfach“, so Frank Gaffry.
Den Wert der flüssigen Nahrung an Bord beziffert Steinhauser übrigens auf rund 100 000 Euro.
Am 29. September wird dann die MS Schwaben um 18.30 Uhr in Kressbronn am Landungssteg anlegen und zu einer ganz speziellen Whisky-Erlebnisfahrt auf dem Bodensee aufbrechen.