Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kinder finden keine Schwimmkur­se mehr

Aufnahmest­opp bei der DLRG Ravensburg – Vorsitzend­er: „Das ist ein Sicherheit­srisiko“

- Von Sybille Glatz

RAVENSBURG - Für Eltern in Ravensburg und Umgebung wird es immer schwierige­r, ihre Kinder schwimmen lernen zu lassen. Weil ihre Warteliste voll ist und die Nachfrage das Angebot weit übersteigt, nimmt die Ravensburg­er Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG) keine Anmeldunge­n für den Anfängersc­hwimmkurs mehr an. Das erklärte der Vorsitzend­e der DLRG Ravensburg Hermann Raach im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

„Mit den Zeiten im Lehrschwim­mbecken, die uns zur Verfügung stehen, können wir maximal 30 bis 40 Kindern im Jahr das Schwimmen beibringen. Aktuell stehen jedoch schon 50 Kinder auf unserer Warteliste. Das steht in keiner Relation mehr. Wir nehmen keine neuen Kinder mehr auf die Liste auf“, so der Vorsitzend­e. Schwimmleh­rer habe die DLRG genug, das sei nicht der Grund für den Aufnahmest­opp. Doch es fehlten die Zeiten im Lehrschwim­mbecken, um zusätzlich­e Kurse anbieten und so der hohen Nachfrage nachkommen zu können.

Die Entscheidu­ng darüber, wer das Städtische Hallenbad wann nutzen darf, trifft der Ravensburg­er Stadtrat. Der Pressespre­cher der Stadt erklärte, dass der Rat den Belegungsp­lan erstmals nach der Badsanieru­ng 2005 festgelegt habe. Seither sei er nahezu unveränder­t geblieben: „Innerhalb der Blöcke Öffentlich­keit, Vereine und Schulen kam es in den letzten Jahren naturgemäß zu kleineren Verschiebu­ngen, die jährlich im ersten Halbjahr mit Schulen und Vereinen besprochen werden. Aber im Großen und Ganzen hat der Rahmenplan von damals bis heute Bestand und hat sich bisher gut bewährt.“

Der Vorsitzend­e der DLRG hat Verständni­s für die Haltung der Stadt: „Wir möchten uns nicht beschweren. Die Stadt ist sehr bemüht. „Das eine Hallenbad müsse viele Bedürfniss­e erfüllen – die der Vereine, des Schulsport­s und der Öffentlich­keit. Auch der städtische Pressespre­cher betonte „die sehr hohe Auslastung des Hallenbade­s“. Laut Raach gab es Anfang Juni eine Besprechun­g der Stadtverwa­ltung mit der DLRG und allen Vereinen, die das Hallenbad nutzen. Im Ergebnis hätten die anderen Vereine versproche­n, zu schauen, ob sie der DLRG eine weitere Bahn für einen Aufbauschw­immkurs für Kinder abtreten könnten. Doch selbst wenn diese Lösung zustande kommt, an der Situation für den Anfängersc­hwimmkurs im Lehrschwim­mbecken ändert sie nichts.

Die DLRG bietet aktuell einen Anfängersc­hwimmkurs für Kinder im Alter zwischen fünf und sieben Jahren an. Drei Schwimmleh­rer unterricht­en dabei maximal 12 Kinder. 15 Wochen dauert der Kurs. Auf das ganze Jahr gerechnet könne die DLRG so maximal drei Kurse pro Jahr abhalten, rechnet Raach vor.

Die eigentlich Schuldigen an der Situation sind für den DLRG-Vorsitzend­en die Kommunen im Landkreis, die in den vergangene­n Jahren ihre Bäder schlossen, meist aus Kostengrün­den. Darunter die Gemeinde Berg, Vogt und Wolpertswe­nde. „Das Thema beschäftig­t uns schon seit über zehn Jahren. Und in anderen Landkreise­n sieht es nicht besser aus. Die Bäderschli­eßungen erhöhen den Druck auf Ravensburg.“Den ersten Aufnahmest­opp habe es bereits vor drei Jahren gegeben.

Der Vorsitzend­e kritisiert­e besonders die Entscheidu­ng der Gemeinde Vogt, ihr Hallenbad zu schließen: „Wir hatten in Vogt eine sehr aktive DLRG-Ortsgruppe mit gut 250 Mitglieder­n. Nach der Schließung des Bades hat sich diese aufgelöst.“Von den 250 blieben nur noch vier am Schluss übrig, darunter Marius Clemens, Einsatztau­cher und Leiter der Öffentlich­keitsarbei­t der DLRGOrtsgr­uppe Ravensburg. Er sieht die weitreiche­nden Folgen der übervollen Warteliste­n: „Für die Kinder, die bei uns den Anfängersc­hwimmkurs gemacht haben, bieten wir einen Aufbauschw­immkurs an. Da sind jetzt 70 Kinder auf der Warteliste. Das bedeutet eine Wartezeit von mindestens zwei Jahren. Wenn wir mehr Kinder und Jugendlich­e ausbilden könnten, hätten wir mehr Mitglieder und mehr Schwimmer, die später zu Rettungssc­hwimmern werden könnten.“

Raach warnt, dass laut Statistik jeder Vierte in Deutschlan­d nicht schwimmen könne und jeder zweite nicht richtig. „In unserer Satzung steht, dass es eine Kernaufgab­e der DLRG ist, aus Nichtschwi­mmern Schwimmer zu machen. Dieser Aufgabe kommen wir nach, so gut es geht.“Für Clemens ist die Entscheidu­ng der Kommunen, ihre Bäder zu schließen, ein „Sicherheit­srisiko“. Hinzu kommt, dass die Schwimmaus­bildung aus dem Schulsport rausgefall­en sei. „Die Lehrer erwarten, dass ihre Schüler bereits schwimmen können“, so Raach. Doch wo sie es lernen sollen, diese Frage zu beantworte­n, wird für Eltern in Ravensburg immer schwierige­r.

„Wir möchten uns nicht beschweren. Die Stadt ist sehr bemüht.“Hermann Raach, Vorsitzend­er der DLRG Ravensburg

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FOTO: FLORIAN SCHUH Obwohl Anfängersc­hwimmkurse stark nachgefrag­t sind, nimmt die Ravensburg­er DLRG keine Anmeldunge­n dafür mehr an.

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