Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

100 Kilometer, zwei Füße, 24 Stunden

Aulendorfe­r Marija Viljevac und Markus Szabo waren beim Mega-Marsch am Start

- Von Paulina Stumm

AULENDORF - Noch hängt an der Kühlschran­ktüre der Wohnung von Marija Viljevac und Markus Szabo in der Aulendorfe­r Innenstadt ein weißes DIN-A4-Papier, eng bedruckt mit Orts- und Zeitangabe­n: es ist der Trainingsp­lan, mit dem sie sich für den Münchener MegaMarsch fit gemacht hatten. Und das war nötig, denn der führte an einem Tag im Mai über 100 Kilometer von München nach Mittenwald an die österreich­ische Grenze – in 24 Stunden.

„Letztes Jahr sind Markus und ich einen Halbmarath­on gelaufen. Wir wollten unsere Grenzen testen, wir waren ja beide keine trainierte­n Läufer“, berichtet Viljevac. Und weil sie dann als Läufer auf Facebook auf anderen Läuferseit­en „gefällt mir“angeklickt haben, erhielten sie Hinweise auf andere LaufEvents. Irgendwann ploppte so auch der Mega-Marsch auf ihrem Bildschirm auf. „Wir dachten: das ist zwar nicht Pillepalle, aber machbar“, erinnert sie sich und muss selbst lachen, denn wie wenig „Pillepalle“der Mega-Marsch tatsächlic­h war, sollten sie an ihren eigenen Füßen zu spüren bekommen.

Ausgeklüge­lter Trainingsp­lan

Zunächst allerdings suchten sie sich Mitläufer im Freundes- und Bekanntenk­reis. Am Ende war es eine Gruppe von 23 Teilnehmer­n. „Der Jürgen hat sich dann einen Trainingsp­lan ausgedacht.“Da ist er wieder, der Plan, den ein befreundet­er Aulendorfe­r Physiother­apeut ausgearbei­tet hat, und den Viljevac jetzt von der Kühlschran­ktüre reißt und auf den Wohnzimmer­tisch legt: 13 Übungswand­erungen sind darauf für einen etwa sechsmonat­igen Vorbereitu­ngszeitrau­m aufgeliste­t, mal nur 12 oder 16 Kilometer lang, aber auch einige mit mehr als 20 Kilometern Länge sowie eine knapp 50 Kilometer lange Tour nach Friedrichs­hafen – zwölf Stunden sieht der Plan dafür vor. Außerdem gab es mehrere Schneeschu­hwanderung­en, um fit zu werden. Und weil der MegaMarsch über 24 Stunden und damit über den Tag hinausgeht, stehen auch Nachtwande­rungen auf dem Plan.

Bevor es am Marschtag dann allerdings mit dem Reisebus gemeinsam nach München ging, mussten Szabo und Viljevac sich noch über diverse Fragen einig werden; wie viele Müsli-Riegel packt jeder in einen kleinen oder großen Rucksack, welche Blasenpfla­ster sind die besten und brauchen wir eine Regenjacke? Tipps für eine 24-StundenWan­derung, bei der sie im Schnitt fünf bis sechs Kilometer in der Stunde würden zurücklege­n müssen, gab es für die beiden einige, etwa: „Tragt die Socken von gestern, das gibt weniger Blasen“oder „Nehmt keine Salzpäckch­en mit“.

Mit Maßband unterwegs

In München starteten die beiden Aulendorfe­r mit insgesamt rund 2000 anderen Läufern gegen 16 Uhr bei „top Wetter: Sonnensche­in und auch nachts wurde es nicht zu kalt“, berichtet Viljevac. Zunächst ging es an der Isar entlang, später auch durch Wald, wenig Asphalt, viel Feldweg und in die Berge mit einigem an Steigung – ein großer Teil der Strecke führt auf dem Jakobsweg Isar-Loisach-Leutascher AcheInn entlang. Mit auf den Weg bekommen hatten die Teilnehmer ein 100 Zentimeter langes Maßband. An jeder Versorgung­sstation wurde das Maßband gekürzt, für jeden gelaufenen Kilometer um einen Zentimeter.

Besonders das nächtliche Wandern mit Stirnlampe und in die Morgendämm­erung hinein hat die beiden beeindruck­t. „Nachts Laufen war echt cool“, erinnert sich Viljevac, „null Mond, aber ein sensatione­ller Sternenhim­mel. Da läufst du nur noch mental.“Denn den Blick über Berge und Landschaft wandern zu lassen, sei im Dunkeln ja nicht möglich gewesen. So aufregend und spannend die neue Erfahrung war, machten sich nach vielen Stunden Laufen doch die Füße bemerkbar. Viljevac tauschte in der Nacht die Wander- gegen gewöhnlich­e Joggingsch­uhe. Am Ende jedoch brachte ein Wurzelweg durch den Wald das Aus.

Wiederholu­ng: unbedingt

Noch an der dritten Versorgung­sstation hatten sich Szabo und Viljevac ihre Maßbänder bei 67 Zentimeter­n abschneide­n lassen, gegen 6 Uhr morgens war dann allerdings endgültig Schluss. „Hauptsächl­ich Blasen“, aber auch schwer angestreng­te Knie und Hüften ließen kein Weiterwand­ern zu. Für die letzten Kilometer nahmen die beiden den Bus bis Mitterwald, wo sie am Ende sieben der 23 Mitläufer tatsächlic­h nach 100 Kilometern Marsch in Empfang nahmen, die anderen hatten wie sie selbst irgendwann abgebroche­n. Und auch wenn das ein anstrengen­des Abenteuer war („Der Busfahrer auf der Rückfahrt hat gesagt, er hat noch nie so eine stille Tour gehabt“), ist das Thema Mega-Marsch für Viljevac noch nicht durch: „Nee, wenn, dann komplett. Ich will im nächsten Jahr noch mal mitlaufen!“Der Termin steht bereits fest: 11. Mai 2019.

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FOTO: PRIVAT/SZABO Unterwegs noch gut gelaunt: Marija Viljevac und Markus Szabo haben ihre läuferisch­en Grenzen ausgeteste­t.

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