Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Schranke oben, Zug kommt

Störanfäll­igkeit von Bahnübergä­ngen in der Region ist laut Bahn gering – Augenzeuge­n berichten

- Von Bernd Treffler

WANGEN - Man kommt an einen Bahnüberga­ng, die Schranken sind oben, und doch fährt – wenn auch langsam – ein Zug vorbei: Zumindest in der Region Wangen scheint dies an manchen Stellen immer mal wieder zu passieren. Die SZ hat mit Augenzeuge­n gesprochen.

Diesen Moment wird Egon Vochezer wohl so schnell nicht vergessen. Der Wangener Senior nähert sich mit seinem Fahrrad aus Richtung Hammerweih­er dem Bahnüberga­ng an den Fachklinik­en, als ihn eine Frau und ein Mann unmissvers­tändlich auffordern anzuhalten. „Sie sagten mir, dass die Schranken nicht zu gehen und ein Zug da ist, also habe ich gestoppt“, erinnert sich Vochezer. Was dann passiert, hat der Wangener noch nicht erlebt: Eine Regionalzu­g aus Richtung Kißlegg quert den Bahnüberga­ng im Schritttem­po – bei geöffneter Schranke. Als der Zug dann weiter Richtung Wangener Bahnhof fährt, sagt die Frau zu dem verwundert­en Senior: „So etwas passiert in Oflings regelmäßig.“

Störungen dann, wenn es „richtig kalt oder heiß ist“

Der kleine Bahnüberga­ng des Weilers liegt an einer Verbindung­sstraße, die von vielen als Abkürzung im Wangener Norden genutzt wird. Entspreche­nd eng und manchmal auch gefährlich geht es an dem Übergang zu, der wegen der Elektrifiz­ierung erst im Herbst 2016 umgebaut und modernisie­rt wurde. „Da fahren ungeduldig­e Radler und Autos auch mal durch, wenn die Signalanla­ge tut und die Schranken schon unten sind“, berichtet eine Anliegerin, die nicht mit Namen genannt werden möchte.

Die Situation, dass sich ein Zug nähert und die Schranken oben bleiben, erlebt sie „immer mal wieder, meistens, wenn es richtig kalt oder heiß ist“. Dann spielt sich laut ihren Angaben folgendes ab: Der Zug hält, der Zugführer steigt aus und versucht, die Schranken in Bewegung zu setzen. Je nachdem, ob dies gelingt, fährt er ganz langsam durch und hupt falls nötig. „Das ist im letzten Winter, also auch nach der Modernisie­rung, ein paar Mal passiert“, erinnert sich die Anliegerin. Und: „Ich bin mal morgens aufgewacht, da stand plötzlich ein langer Eurocity vor meinem Fenster.“

Dass Schranken nicht schließen, obwohl sie dies tun sollten, dafür kann es laut Bahn eine Reihe von technische­n Gründen an der Außenanlag­e des Übergangs oder an den Einrichtun­gen im Schalthaus geben. Auch externe Einflüsse, beispielsw­eise Blitzschla­g oder Vandalismu­s, seien mögliche Gründe für Störungen. Ob dann Lichtsigna­le oder Akustik noch funktionie­ren, hänge von der Art der Störung ab.

An kleineren Bahnübergä­ngen wie dem an den Wangener Fachklinik­en oder in Oflings werde der Zugführer durch ein entspreche­ndes Signal an der Strecke informiert, dass er vor dem Bahnüberga­ng halten muss. „Nach dem Halt vor dem Bahnüberga­ng schaltet der Triebfahrz­eugführer diesen vor Ort mit Hilfe eines Schlüssels ein“, so ein Bahnsprech­er. „Sollte der Bahnüberga­ng auch durch diese hilfsweise Einschaltu­ng nicht gesichert werden können, befährt der Zug den Übergang mit Schrittges­chwindigke­it und der Triebfahrz­eugführer pfeift in erforderli­chem Umfang, so dass alle Verkehrste­ilnehmer gewarnt werden.“

Solche Fälle würde auch die Straßenver­kehrsordnu­ng regeln. Generell gelte hier: Schienenfa­hrzeuge haben Vorrang (siehe auch Kasten). Mit der Elektrifiz­ierung der Allgäubahn zwischen Memmingen und Lindau bis 2020 würden aber auch die Bahnüberga­ngsanlagen technisch auf den neuesten Stand gebracht werden, gegebenenf­alls mit einer Verbreiter­ung der Straße. „Die Vermeidung von Engstellen führt insbesonde­re bei der Begegnung auf dem Bahnüberga­ng von beispielsw­eise Pkw und Lkw zu mehr Sicherheit“, sagt der Bahnsprech­er.

Und wie oft passiert es, dass ein Zug kommt und die Schranken oben bleiben? Hier sagt die Bahn, dass die Störanfäll­igkeit von Bahnübergä­ngen „gering“sei. „Bahnüberga­ngsunfälle in der Region Wangen sind aus den letzten zehn Jahren nicht bekannt“, so der Bahnsprech­er weiter. „Auch nicht an gestörten Bahnübergä­ngen.“Bleibt zu hoffen, dass diese Statistik auch weiterhin Bestand haben wird.

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FOTO: BEE So sollte es im Normalfall sein: Die Signalanla­ge blinkt und klingelt, die Schranken sind unten, der Zug passiert den Bahnüberga­ng – wie hier bei den Wangener Fachklinik­en.

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