Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Graffiti, Müll und Lärm nerven
Bad Schussenried testet kleine Schritte – Sollen größere Keulen ausgepackt werden?
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BAD SCHUSSENRIED - Vandalismus, Sachbeschädigungen, Vermüllung und Lärm durch Jugendliche, die sich im Freien treffen, sorgen bei so manchem Bürger und bei den Verantwortlichen im Rathaus in Bad Schussenried für Ärger. „Wir haben nicht das Personal, um tagtäglich und vor allem nachts unterwegs zu sein“, sagte Bürgermeister Achim Deinet einer Anwohnerin des Kurparks, die sich über nächtlichen Lärm beklagte. „Da sind die ganze Bürgerschaft und vor allem die Eltern gefragt“, sagte Deinet. Die Stadt alarmiere regelmäßig die Polizei. Demnächst soll eine Teilsperrung die Einfahrt mit Autos in den Kurpark einschränken.
Der Kurpark ist nur einer von mehreren neuralgischen Punkten. Ein anderer ist das Schulzentrum: Ordnungsamtsleiter Andreas Mutter sagte, dort habe es im vergangenen Jahr elf Sachbeschädigungen gegeben, wozu auch Graffiti zählen. Im ersten Halbjahr 2018 seien bei der Polizei sieben Fälle aktenkundig. Dies seien nur die gravierenden Vorkommnisse, die bei der Polizei angezeigt wurden. Müll, den die Hausmeister selbst wegräumen, und etliche Beschwerden über Lärm seien da nicht mitgezählt.
Damit die Polizei eingreifen kann
Um eine bessere Handhabe für das Eingreifen der Ordnungshüter zu schaffen, erlässt die Stadt jetzt eine Benutzungsordnung fürs Schulgelände: Diese stellt klar, dass der Schulhof, das Schulgelände und die Sportanlagen vorrangig für Schüler, Lehrer und Vereinssportler da sind. Zwischen 22 und 6 Uhr ist die Benutzung in aller Regel untersagt. Zudem verbietet die Stadt unter anderem, dort Alkohol und Drogen mitzuführen und zu konsumieren, zu rauchen, mit motorisierten Fahrzeugen zu fahren sowie Radios und Ähnliches laut laufen zu lassen. Die Benutzungsordnung gilt fürs Schulgelände, nicht für die benachbarte Stadthalle. Schilder sollen auf den Geltungsbereich und die Regeln hinweisen.
Bei der Stadt gibt sich niemand Illusionen hin, dass der einstimmig gefasste Gemeinderatsbeschluss oder die Schilder an sich irgendeine Verhaltensänderung bewirken könnten. Wichtig sei die Benutzungsordnung dennoch, sagte Mutter, denn sie „erleichtert die Polizeiarbeit“: Nur wenn Regeln aufgestellt worden seien, könnten Platzverweise erteilt, im Wiederholungsfall Hausverbote ausgesprochen und, wenn nötig, Anzeigen wegen Hausfriedensbruch erstattet werden.
Der Amtsleiter wies aber auch ausdrücklich darauf hin, dass damit lediglich Symptome bekämpft werden. „Uns ist klar, dass wir das Problem nur verlagern“, sagte Andreas Mutter. Die Jugendlichen treffen sich dann vermutlich woanders. Die Stadtverwaltung will zunächst beobachten, wie sich diese Maßnahme auswirkt. Auf eine Frage der fraktionslosen Rätin Susanne Diesch riet Mutter davon ab, jetzt auch für den Kurpark gleich mit einer Benutzungsordnung zu kommen; eine öffentliche Freizeiteinrichtung sei etwas anderes als ein Schulgelände.
Alexander Eisele (FUB/BL) gab dennoch zu erkennen, dass auch aus seiner Sicht in Ruhe weitere Schritte erwogen werden müssen. Die Bürger müssten sich klar sein, dass irgendwann nichts mehr übrig bleibe als die nächtliche Sperrung von Parks. Er hatte schon früher angeregt, über Videoüberwachung zumindest nachzudenken. Die Verwaltung prüft dies und steht in Kontakt mit den Rathäusern in Laupheim und Riedlingen, wo dies ebenfalls ein Thema ist. Die neuen Datenschutzregeln machten Videoüberwachung aber „noch schwieriger“, sagte der Ordnungsamtsleiter. Außerdem warnte Stadtrat Wolfgang Dangel namens der Freien Wähler davor, den Bogen zu überspannen: „Die Nutzungsordnung fürs Schulgelände unterstützen wir. Aber ich beharre auch auf Freiheitsrechten und möchte nicht überall Kameras.“Peter Vollmer (CDU) möchte ebenfalls „nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen“und „einen Schritt nach dem anderen“machen.
Sozialarbeit wird fortgeführt
Wenn es also beim Umfang möglicher repressiver Maßnahmen im Detail unterschiedliche Vorstellungen gibt, so herrscht unter den Räten Einigkeit, dass die Stadt innerhalb ihrer Möglichkeiten in die Vorbeugung investieren soll: In derselben Sitzung befürworteten sie einhellig, den Vertrag mit dem Haus Nazareth über die Sozialarbeit zu verlängern: Es bleibt bei zwei Stellen, wobei der Umfang der offenen Jugendarbeit etwas erhöht, jener der Schulsozialarbeit verringert wird (Bericht folgt). Diesch regte an, gezielt einen Treffpunkt für Jugendliche draußen zu schaffen.