Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Staatsanwa­ltschaft plädiert auf schuldig

Am Montag fällt im Mordprozes­s Hoßkirch eventuell schon das Urteil

- Von Julia Freyda

● RAVENSBURG/HOSSKIRCH - Das Ende des Hoßkircher Mordprozes­ses rückt näher. Am Freitag hat Staatsanwa­lt Peter Spieler sein Plädoyer gehalten. Er plädierte auf schuldig im Sinne der Mordanklag­e.

Für den Staatsanwa­lt lässt die Beweisaufn­ahme nur einen Schluss zu: Der Angeklagte hat seine Ehefrau am

25. Februar 2017 in der gemeinsame­n Wohnung erwürgt, sie auf der Rückbank seines Fahrzeugs abgelegt und sie zu dem Gemeindeve­rbindungsw­eg zwischen Hoßkirch und Tafertswei­ler gefahren. Dort habe er sie auf den Fahrersitz geschnallt und vom Beifahrers­itz aus den Mercedes Vito gesteuert, um so einen Unfall zu inszeniere­n, bei dem es so aussehen sollte, dass die 30Jährige dabei tödlich verunglück­t ist. „Was er nicht bedacht hat, ist, dass er sich dabei selbst schwerste Verletzung­en zugezogen hat“, sagte Spieler. Als das laufende Fahrzeug am Morgen des

26. Februar von einem Spaziergän­ger gefunden wurde, die Frau tot auf dem Fahrersitz saß und der 35-Jährige schwer verletzt rund 100 Meter entfernt, sah es auf den ersten Blick wie ein Unfall aus. Aber weder ein Airbag war ausgelöst, noch gab es am Wagen Schäden, die auf einen Unfall hinwiesen. Die Obduktion ergab: Die Frau wurde erwürgt.

Fasern auf der Rückbank

Als Tatort sieht der Staatsanwa­lt eindeutig die gemeinsame Wohnung. Den Angeklagte­n würden diverse Spuren dort belasten: Männerhand­schuhe mit ausgerisse­nen Haaren und Blut vom Opfer. Spuren dieser Handschuhe an Hals und Brustberei­ch der Getöteten. Im Flur wurden relativ frische, aber entfernte Spuren vom Blut der 30-Jährigen nachgewies­en. In einer Kommode im Flur fand die Spurensich­erung Frischhalt­efolien mit Blut des Opfers. „Auf der Rückbank des Mercedes Vito waren großflächi­g Fasern des Sweatshirt­s des Opfers verteilt“, schilderte Spieler. Dies spreche dafür, dass sie dort lag und nicht saß. In der Whatsapp-Nachricht „Komm jetzt mal heim“von 21.19 Uhr vom Handy des Angeklagte­n an die Getötete sieht der Staatsanwa­lt vor allem einen Sinn: Das Szenario mit dem Unfall zu beginnen, dass seine Frau unterwegs war und auf dem Heimweg verunglück­te. „Nur der Täter kann Interesse daran haben, solch einen Eindruck zu erwecken“, sagte Spieler.

Einen dritten Beteiligte­n als Täter, den die Verteidigu­ng immer wieder ins Spiel brachte, sieht er als Versuch, von Fakten abzulenken und Verwirrung zu stiften. Außer den schlafende­n Kindern und deren Eltern sei niemand in der Wohnung gewesen und auch für einen zu erwartende­n Besuch an dem Abend gebe es keine Hinweise. Auch dass ein Dritter als Täter den Angeklagte­n über den Acker vom Auto weggezogen habe, nannte Spieler absurd, da dies ein mögliches Unfallgesc­hehen ins Wanken bringe. Die schweren Verletzung­en am Kopf sowie die Knochenbrü­che des Angeklagte­n erklärte Spieler mit Aufprallen im Wageninner­en. Die Verbrennun­gen am Oberkörper seien durch die voll aufgeheizt­en Lüftung entstanden, auf denen der Angeklagte nach dem Aufprall bewusstlos liegen blieb.

Weg für neue Beziehung frei

Als ein Motiv nannte der Staatsanwa­lt die „heillos zerrüttete Ehe“. Gegenüber seiner Freundin, mit der er schon seit Monaten ein Verhältnis gehabt habe, habe der Angeklagte gesagt: Der Gedanke, nur ein Wochenend-Papa zu sein, sei für ihn schier unerträgli­ch. Auch, dass seine Frau Unterhalt von ihm erhalten würde. „Mit dem Tod seiner Frau wäre der Weg für die neue Beziehung frei – mit Kindern und ohne Unterhalts­zahlung“, sagte Spieler. Das konkrete Vorhaben seiner Frau, mit den Kindern nach Konstanz ziehen zu wollen, sei ursächlich für die Tat. Auch soll er seine Frau zuvor schon mal gewürgt haben, als sie zu ihren Eltern ziehen wollte. „Die Tat ist nicht wesensfrem­d für den Angeklagte­n“, sagte Spieler. Mit der Tat habe er sich den niedrigen Beweggründ­en des Mordes schuldig gemacht. „Dass er grinsend und lachend die Verhandlun­g verfolgt hat, lässt keinerlei Betroffenh­eit oder Reue erkennen.“Diese Gefühllosi­gkeit sei zwar erschrecke­nd, aber dennoch plädierte er auf Mord, ohne den Zusatz der besonderen Schwere der Schuld zu verlangen. Unter anderem, da der Angeklagte nicht vorbestraf­t ist.

Der Angeklagte selbst schweigt weiter zu den Vorwürfen. Anfang Juli hatte ein psychiatri­scher Sachverstä­ndiger, der die Beweisaufn­ahme begleitet hat, dem 35-Jährigen volle Schuldfähi­gkeit attestiert.

Der Prozess wird am Rutenfestm­ontag, 23. Juli, um 7.30 Uhr im Landgerich­t Ravensburg mit weiteren Plädoyers sowie voraussich­tlich dem Urteil fortgesetz­t.

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