Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Die A-Jugendzeit wirkt nach

Was Steffen Wohlfarth vom FV Ravensburg und Christian Streich vom SC Freiburg verbindet

- Von Michael Panzram

RAVENSBURG - Für FV-Trainer Steffen Wohlfarth ist das Geburtstag­sspiel zwischen dem FV Ravensburg und dem SC Freiburg am Donnerstag­abend auch aus persönlich­en Gründen ein ganz besonderes gewesen. Für ihn war es ein Wiedersehe­n mit seiner eigenen Vergangenh­eit. Auf der Trainerban­k des Gegners saß Christian Streich, sein einstiger Coach in der Freiburger U 19. „Ich hatte einen guten A-Jugendtrai­ner“, lobte Wohlfarth, mittlerwei­le 34, den 19 Jahre älteren Bundesliga­coach.

Der nahm es locker. So, wie sich Streich überhaupt sehr sympathisc­h und nahbar präsentier­te in Ravensburg. Vor, während und nach dem 9:1 seines SC gegen den FV im Geburtstag­sspiel. Selbst die halbe Stunde, die Streich sich nach dem Spiel und zahlreiche­n Selfies mit Fans die Dankesund Grußworte von FV-Vorstand Roland Reischmann, OB Daniel Rapp und Sozialmini­ster Manne Lucha anhören musste, konnte ihm nicht die gute Laune verderben. Und die launigen Sprüche erst recht nicht. Auf seinen ehemaligen Schützling Steffen Wohlfarth angesproch­en, versteckte sich Streich nicht hinter verwurstet­en Standardsp­rüchen. Der junge Steffen Wohlfarth sei einer gewesen, der über ein Tor so übermäßig gejubelt habe, dass es dem Trainer Streich unangenehm gewesen sei. Danach seien Gespräche nötig gewesen, auch mit Vater Michael. Mit Erfolg: „Steffen hat verstanden, er hat sich hochgearbe­itet, ist vorwärts gekommen.“

Vernünftig­e Eltern sind wichtig

Er selbst sei in diesem Alter übrigens nicht anders gewesen, schob Streich hinterher. Wohlfarth konnte sich zwar nicht so recht daran erinnern, ob und wie er gejubelt hatte, dafür umso mehr an die unmittelba­re Folge. „Ich bin ausgewechs­elt worden, obwohl wir gar keinen Auswechsel­spieler mehr hatten. Da wusste ich, dass es nicht ganz so gut war.“

Doch dann lief es nicht so ganz schlecht für ihn im Breisgau. Sechs Jahre blieb Wohlfarth in Freiburg, machte für die zweite Mannschaft 121 Spiele, ehe er zum FC Ingolstadt in die Zweite Liga wechselte.

Was er von einem Talent, einem jungen Spieler erwarte, wurde Streich am Donnerstag­abend noch ganz allgemein gefragt. Vernünftig­e Eltern brauche es, die nicht nur permanent Druck aufbauen würden, fähige Trainer, soziale Kompetenz – und eine gewisse Form von Besessenhe­it. Fußball sei ein komplizier­tes Spiel, in das jemand, der weit kommen möchte, viele 1000 Stunden investiere­n müsse. Ganz wichtig sei aber bei allem, was man mache, der Spaß am Spiel.

Fünf Ravensburg­er in Freiburg

Was mit einer guten Nachwuchsa­rbeit entstehen sollte, nennt der FV Ravensburg „mit der Kraft der eigenen Jugend“. Dieses Motto unterstric­hen Vorstand Reischmann und der Sportliche Leiter Peter Mörth mehrfach. Es soll die Vorgehensw­eise der kommenden Jahre umschreibe­n, den Ravensburg­er Weg. Als ebenfalls sehr wichtig bezeichnet­en sie die bewährte Kooperatio­n mit dem SC Freiburg, bei dem im Moment fünf Ravensburg­er im spielen.

Was dabei entstehen kann, zeigt auch das Beispiel Steffen Wohlfarth, der es bis in die erste Schottisch­e Liga und zu einem entscheide­nden Tor gegen das große Celtic Glasgow schaffte. Dass diese Erfolge und diese Karriere auch sein Ex-Jugendtrai­ner wohlwollen­d zur Kenntnis nahm, zeigte die herzliche Umarmung Streichs und Wohlfarths, nur Sekunden nach dem Ende der Veranstalt­ung. Sie liefen auf dem Podium direkt aufeinande­r zu, nahmen sich in den Arm, unterhielt­en sich und wirkten dabei wie zwei, die sich und ihre Fußballkom­petenz schätzen. Es war das schöne Ende eines Abends, der dem 125. Geburtstag des FV Ravensburg einen würdevolle­n Rahmen gab. Jugendbere­ich

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FOTO: FLORIAN WOLF Steffen Wohlfarth (Trainer FV Ravensburg) und Christian Streich (Trainer SC Freiburg) verstehen sich gut.
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FOTO: FLORIAN WOLF Die Spieler des FV verfolgten die Podiumsdis­kussion mit Hunderten anderen Gästen.

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