Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Das typische Aulendorfer Haus trägt Satteldach
Architekten stellen Ergebnisse der Stadtbildanlayse vor – 84 prägende Gebäude ausgemacht
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AULENDORF - Das typische Haus in Aulendorf hat hochformatige Fenster, ist zweigeschossig mit Satteldach, steht am Hang und wurde vor 1950 gebaut. Das ist – in extrem geraffter Kürze – das Ergebnis der Stadtbildanalyse. Die Stadt hat sie erstellen lassen, da sie Spielregeln für das Bauen und Sanieren in der Aulendorfer Innenstadt aufstellen will.
Bereits 2016 hatte der Gemeinderat deshalb einen entsprechenden Bebauungsplan angestoßen. Hintergrund waren Befürchtungen, dass weitere Neubauten das individuelle Erscheinungsbild der Altstadt zerstören könnten. Auch wie mit stadtbildprägenden Häusern umgegangen werden soll, ist eine Frage, die dabei aufkam. Übergangsweise erließ die Stadt eine Veränderungssperre für das Gebiet. Was typisch für das Aulendorfer Ortsbild ist, hat nun die Stadtbildanalyse des beauftragten Architekturbüros FPZ Zeese herausgearbeitet.
Insgesamt haben sich die Analysten 379 Gebäude in der Innenstadt angeschaut. Etwa 113 davon sind nach 1950 erbaut worden, sie wurden nicht detailliert betrachtet, da sie, so heißt es im Bericht der Stadtbildanalyse, „den historischen Kontext oft bewusst negieren und nicht die historisch gewachsene Struktur und Charakteristik der Gebäude abbilden“. Besonders in den Blick genommen haben die Analysten also 266 Gebäude, die vor 1950 erbaut wurden. Das entspricht etwa 71 Prozent der Gebäude.
Stadtraum
Im Vergleich mit alten Karten aus dem Jahr 1822 zeigt sich, dass die historischen Platz-und Gassenstrukturen im Wesentlichen erhalten geblieben sind. Es gab aber auch Veränderungen, etwa im Bereich des Bahnhofs, der Neuen Gasse und der Schulstraße oder auch um die Hauptstraße. Besonders geprägt ist die Stadt durch ihre Hanglage, was besonders die Einsehbarkeit von Häuserrückseiten oder den Blick auf Dächer prägt. Zudem teilt sich die Stadt in eine Oberstadt entlang der Hauptstraße und eine dem mittlerweile meist verdolten Mühlbach folgende Unterstadt, geprägt durch Bach- und Bahnhofsstraße. Grundsätzlich halten die Analysten fest, dass die Innenstadtstraßen meistens nicht gerade, sondern mal breiter, mal enger und sich windend verlaufen und der Stadtraum durch viele Gassen sehr kleinteilig ist.
Baudenkmäler
Der Anteil von denkmalgeschützten Gebäuden ist in Aulendorf im Vergleich zu anderen Städten relativ gering. Im Untersuchungsgebiet sind es 14. Neben den Gebäuden des Schlossensembles auch einige in der Bahnhofstraße. Daneben stufen die Stadtbildanalysten 84 weitere Gebäude als stadtbildprägend ein sowie 19 als erhaltenswert. Sie bestimmen das Bild der Innenstadt bis heute maßgeblich mit.
Bauart
Verputztes Fachwerk, Mauerwerksbauten oder eine Mischung aus beidem sind die vorherrschenden Bauarten in Aulendorf. Sichtbares Fachwerk konnten die Stadtbildanalysten lediglich bei acht Häusern (drei Prozent) erkennen, auch wenn etwa ein Viertel der historischen Gebäude als reines Fachwerk gebaut sind. Typisch für die Innenstadt sind zweigeschossige Gebäude (74 Prozent), wobei aufgrund der Topografie zum Beispiel auch Hanggeschosse prägend sind.
Gebäudestellung
Die meisten Häuser stehen traufständig zur Straße, das heißt, die Dachschräge zeigt zur Straße hin. Festgestellt haben die Analysten aber, dass es Bereiche gibt, in denen sich giebelständige Gebäude häufen, insbesondere an Straßenkreuzungen oder auch Hofeinfahrten.
Dächer
Die historisch geprägten Häuser sind überwiegend mit Satteldächern gebaut und meist mit roten Biberschwanzziegeln bedacht. Die durchschnittliche Dachneigung beträgt 45 Grad, steilere Dächer kommen nur bei sehr alten Häusern von vor 1900 vor. Große Dachüberstände bilden die Ausnahme. Sie kommen, so heißt es im Bericht, eher an Gebäuden vor, die nicht dem typischen Gebäudetyp entsprechen. Typische Dachdetails sind ein Traufkasten mit einfacher Holzverkleidung und ein einfaches Ortgangbrett.
Fassaden
Eine strenge Geometrie prägt das Erscheinungsbild der innerstädtischen Gebäude, zum Beispiel stehen die Fenster in gleichmäßigen Abständen und sind über die Geschosse gleich angeordnet. Giebelfassaden sind überwiegend symmetrisch. Im Lauf der Zeit stark verändert haben sich Erdgeschossfassaden in der Hauptund der Bachstraße. Aus alten Betrieben wurden Ladengeschäfte, die immer wieder umgebaut wurden. Als positiv bewerten die Analysten in diesem Zusammenhang Schaufenster und Türbereiche, die in Größe, Anordnung uns teils in Fensterteilung einen Bezug zur Gesamtfassade herstellen. Also beispielsweise eine gegliederte Fensterfront, deren Kleinteiligkeit sich im Obergeschoss wiederfindet. Apropos Fenster: Vorherrschendes Format ist das Hochformat, häufig geteilt. Was die Fassadenfarbe angeht, ist eine sehr kräftige Farbe für die gesamte Fassade eher untypisch und „führt dazu, dass das Gebäude sich nicht mehr in seine Umgebung einfügt“, heißt es in dem Bericht. Insgesamt sind die Fassaden in Aulendorf eher zurückhaltend und hell gehalten. Kräftige Farbe bringen vor allem Fensterläden, Balken, Gewände oder andere Details.
Typische Details
Die Stadtbildanalysten weisen darauf hin, dass viele Details weniger spezifisch für Aulendorf als eben durch den Baustil der Epoche bedingt sind. Sie nennen etwa sichtbares Fachwerk, sichtbare Balkenköpfe am Giebel, Gewände an Fenstern und Türen aus Holz, Gesimse, die häufig zwischen Erd- und erstem Obergeschoss zu sehen sind, Klappfensterläden aus Holz und an Mauerwerksbauten, gerne auch mal Natursteindetails, zum Beispiel fensterbrettartige Gesimse oder Türumrahmungen. Auch, dass einige Häuser Schriftzüge tragen, ist aufgefallen.
Das weitere Vorgehen
„In Ihrer Stadt gibt es viele Gebäude, die eine einfache Gestalt haben, aber sehr prägend für das Stadtbild sind“, zog Architektin Petra Zeese in der jüngsten Gemeinderatssitzung ein Fazit. Diese Gebäude, so heißt es in der Sitzungsvorlage der Stadt, sind zu erhalten, zu sanieren und im Bestand fortzuentwickeln. Viele dieser erhaltenswerten Gebäude seien aber stark sanierungsbedürftig. Wie in Zukunft mit diesen Gebäuden umgegangen werden soll, dafür wird es klare Gestaltungsregeln geben – sowohl, wenn saniert wird, als auch, wenn abgerissen und neu gebaut wird. Denn in letzterem Fall soll die besondere Prägung dieser Gebäude für das historisch gewachsene Stadtbild bewahrt beziehungsweise qualitätvoll weiterentwickelt werden, sodass sie die Identität der Stadt widerspiegeln. Der Gemeinderat hat Zeese nun damit beauftragt, örtliche Bauvorschriften in Form einer Gestaltungsund Erhaltungssatzung zu erarbeiten. Zeese rät dazu, auch eine Gestaltungsfibel zu erstellen, in der anhand von Beispielen aufgezeigt wird, was die Satzung meint. Ein Entwurf soll im Spätherbst vorliegen. Um Dinge wie die Geschosszahl, Gebäudehöhen, Gebäudestellung, Nutzung, Erschließung und Parken aus den Grundstücken im Detail zu regeln, benötigt die Stadt zudem einen städtebaulichen Rahmenplan. Auch diesen wird Zeese ausarbeiten. Aus ihm können bei Bedarf Bebauungspläne für Teilgebiete