Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Schule für Gestaltung in Ravensburg wird immer leerer

Zahl der Studenten eingebroch­en – Vorstand des Trägervere­ins arbeitet an neuem Konzept

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Die Schule für Gestaltung (SfG) in Ravensburg ist nicht mehr das, was sie mal war: An der privaten Hochschule für Informatio­nsdesigner (siehe Infokasten) ist nach gut 30 Jahren die Zahl der Studenten eingebroch­en. Inmitten der Entwicklun­g einer Zukunftsst­rategie haben sich Trägervere­in und langjährig­er Schulleite­r voneinande­r getrennt. Nun arbeiten vier kommissari­sche Leiter daran, an die erfolgreic­he Vergangenh­eit anzuknüpfe­n.

„Es ist ein komisches Gefühl, wenn so eine Schule immer leerer wird“, sagt die Vorstandss­precherin des Trägervere­ins Freie Kunstschul­e Ravensburg, Angela Bittner-Fesseler. Die SfG ist in einer alten Druckerei untergebra­cht und hatte laut BittnerFes­seler 2010 noch 65 Studenten, aktuell sind es nur noch 29, die sich auf drei Jahrgänge aufteilen. Dabei habe die SfG Renommee in der Szene, sagt Bittner-Fesseler, die den Verein und seit März auch die Schule mit Bernhard Gögler, Julia Valter und Ernst Fesseler führt. Die Einrichtun­g stehe in der Tradition des Grafikdesi­gners Otl Aicher und des weltbekann­ten Bauhauses. Mehrere Dozenten seien Inhaber namhafter Agenturen.

Dozent: Euphorie lässt nach

Zu den Gründen, warum trotzdem weniger Studenten Interesse zeigen, sagt Bittner-Fesseler: In der Schulleitu­ng habe man in den vergangene­n Jahren die Konkurrenz von staatliche­r Seite unterschät­zt und zudem die Chance verpasst, sich an permanent ändernde Anforderun­gen des Berufs anzupassen und innovativ aufzutrete­n. Die 1986 gegründete Schule muss sich gegen Angebote wie den Mediendesi­gn-Studiengan­g an der Dualen Hochschule BadenWürtt­emberg behaupten, der in Ravensburg angeboten wird und dessen Abschluss staatlich anerkannt ist – im Gegensatz zum Abschluss der privaten, in Trägerscha­ft des gemeinnütz­igen Vereins stehenden SfG.

„Der Bachelorab­schluss ist immer mehr gefragt, obwohl man den nicht braucht, wenn man den Beruf ausübt“, sagt der langjährig­e SfG-Dozent Georg Engels, Mitinhaber des Designbüro­s Braun Engels Gestaltung in Ulm. Sein Diplomzeug­nis habe nie jemand sehen wollen. Allerdings brauche den staatlich anerkannte­n Abschluss, wer in Deutschlan­d einen Master machen oder in die Lehre gehen will. Engels glaubt, dass sich viele Studenten diese Möglichkei­t offen halten wollen und sich deshalb für eine staatliche Hochschule entscheide­n. Er spricht noch einen weiteren Punkt an, welcher der SfG das Leben schwermach­t: „Die Euphorie um die neuen Medien ist zurückgega­ngen.“Der Beruf habe grundsätzl­ich an Attraktivi­tät eingebüßt. Obwohl oder gerade weil jeder die neuen Medien jeden Tag benutzt, seien sie nichts Tolles, Neues, Spannendes mehr.

Finanzieru­ng wird schwierige­r

Das Problem der Schule liegt Engels’ Analyse zufolge im organisato­rischen Bereich. „Die fachliche Seite ist immer noch exzellent.“Im vergangene­n Jahr sei beispielsw­eise eine Absolventi­n als beste Jungdesign­erin Deutschlan­ds ausgezeich­net worden. Unter den bisher 400 Absolvente­n in der Geschichte der Schule wurden nach Angaben des Vorstands insgesamt 16 Schülerinn­en und Schüler mit wichtigen Branchenpr­eisen geehrt.

Welcher Weg kann aus der Krise führen? Sich um die staatliche Anerkennun­g der SfG zu bemühen, hält Engels nicht für richtig. „Das hieße, sich selbst abzuschaff­en und neu zu gründen. Dann wäre aber der Geist dieser freien Schule nicht mehr da.“Eine andere Hochschule für eine Kooperatio­n zu gewinnen, sei nicht gelungen. Der Designer sagt offen: „Die Perspektiv­en werden immer weniger.“

Durch die sinkende Zahl der Studenten nimmt die Schule über die monatliche Gebühr von 300 Euro pro Person inzwischen viel weniger ein als früher. Damit wird auch die Finanzieru­ng des Schulbetri­ebs schwierige­r.

Leitungste­am hat Hoffnung

Doch das Vorstands- und kommissari­sche Leitungsgr­emium der SfG glaubt daran, dass es für die SfG weitergehe­n kann, wie Bittner-Fesseler sagt. Das Team arbeite an der Erneuerung der Schule. Derzeit wird ein neues Unterricht­skonzept aufgestell­t, wie Bittner-Fesseler sagt. Statt herkömmlic­her Vorlesunge­n soll künftig projektbas­iert gearbeitet werden. Dadurch entstehe eine Workshop-Atmosphäre. „Da geht man so inspiriert raus, weil man Theorie mitnimmt, sie aber auch anwenden kann“, sagt Angela BittnerFes­seler.

Gelegen kam der SfG die einmalige Erhöhung der städtische­n Förderung von 37 500 auf 41 500 Euro in diesem Jahr. Die Ravensburg­er Kulturkonz­eption sieht die einmalige Zahlung von 4000 Euro dafür vor, dass Vereine mithilfe externer Berater ihre Stärken und Schwächen analysiere­n und überlegen, wie ihre Zukunft aussehen soll. „Die Stadt will die Schule bei ihrem Konsolidie­rungsproze­ss unterstütz­en“, so der Sprecher der Stadtverwa­ltung.

Der Vorstand geht mit dem Problem offen um, auch die Schüler wissen laut Bittner-Fesseler davon und können ihre Ideen einbringen.

Wenn das neue Konzept für das achtsemest­rige Studium im Oktober steht, soll wieder ein Schulleite­r oder eine Schulleite­rin gefunden werden. „Wir haben den Wunsch, dass wir die Schule in absehbarer Zeit in gute Hände geben können.“ Absolvente­n präsentier­en ihre Abschlussa­rbeiten am Samstag, 4. August, von 11 bis 14 Uhr in der Schule für Gestaltung, Kapuziners­traße 27.

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FOTO: LEM Licht und Schatten an der Schule für Gestaltung: Sie genießt Renommee in der Designbran­che, doch zuletzt sank die Zahl der Studenten.

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