Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Eine Währung für alle

„ Konstanzer Pfennig“war das Zahlungsmi­ttel vom Thurgau bis zur Donau

- Harald Derschka

Zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhunder­t besaßen der Bodenseera­um und Oberschwab­en eine eigene Währung, die sich vom Geld benachbart­er Landschaft­en deutlich unterschie­d: eine silberne Pfennigmün­ze, deren Wert und Aussehen in der bischöflic­hen Münzstätte in Konstanz festgelegt worden waren, und die deshalb von den Zeitgenoss­en als „Konstanzer Pfennig“bezeichnet wurde. Das Zeitalter des Konstanzer Pfennigs darf ohne Übertreibu­ng als Blütezeit der Münzprägun­g am Bodensee betrachtet werden.

Das mitteleuro­päische Geldwesen des 12. Jahrhunder­ts kam im Wesentlich­en mit einer Münzsorte aus, dem Pfennig, dessen Wert auf seinem Silbergeha­lt beruhte. Die Münzstätte­n in den großen Handelszen­tren gaben jeweils die Standards für die Münzprägun­g ihres weiteren Umlands vor. Der wichtigste Markt und die älteste Münzstätte am Bodensee befanden sich am bischöflic­hen Hof in Konstanz. Dort begann man um die Mitte des

12. Jahrhunder­ts, die Pfennige einseitig auf dünnes Silberblec­h zu prägen. Man nannte sie Brakteaten, vom lateinisch­en Wort „bractea“für Blech. Gegenüber der zweiseitig­en Prägung hatte dies den Vorteil, dass die Münzbilder viel feiner gestaltet werden konnten als Der Pfennig des Bischofs von Konstanz, um 1250–1270, zeigt das Brustbild eines Bischofs mit Mitra und Stola, in den Händen ein Krummstab und ein Lilienzept­er, Wulstring und Perlrand. Durchmesse­r ca. 21 mm, 0,56 g, Silber, einseitig geprägt.

bisher. Der für lange Zeit gebräuchli­chste Typ des Konstanzer Pfennigs zeigte das Brustbild eines Bischofs – wohl der heilige Konrad als Patron von Bistum und Stadt – in einem Wulstkreis und einem Perlrand.

Bis weit in das 14. Jahrhunder­t hinein folgten alle Münzherrsc­haften des Bodenseera­ums und teilweise darüber hinaus dem Prägestand­ard und der Gestaltung der bischöflic­hen Konstanzer Pfennige. Die Pfennige enthielten einheitlic­h etwa ein halbes Gramm Silber und unterschie­den sich von den bischöflic­hen Münzen nur darin, dass statt des Bischofs die Wahrzeiche­n der jeweiligen Münzherrsc­haft abgebildet waren. Zuweilen sind sie uns heute noch vertraut; so wählten der Abt von St. Gallen den Bär des heiligen Gallus, die Äbtissin von Lindau eine Linde, die königliche Münzstätte in Ravensburg eine Torburg, der Graf von Montfort eine Kirchenfah­ne. In staufische­r und nachstaufi­scher Zeit war der Konstanzer Pfennig die Währung eines beachtlich­en Wirtschaft­sraums zwischen der Thur im Süden, der Donau im Norden und der Iller im Westen. Bis zu 18 Münzherrsc­haften ließen in etwa 27 Münzstätte­n Konstanzer Pfennige prägen, darunter auch das Chorherren­stift Sindelfing­en oder das Hochstift Chur.

Erfolg und Niedergang

Der bedeutends­te Produzent der Konstanzer Pfennige war nicht etwa der Bischof von Konstanz, sondern der König. Die Staufer waren bestrebt, Oberschwab­en geschlosse­n ihrer Herrschaft zu unterwerfe­n; dazu gehörten die Einrichtun­g und der Betrieb von königliche­n Münzstätte­n, von denen Ulm die weitaus bedeutends­te war. Die Prägung der Konstanzer Pfennige fällt mit der Blütezeit des Silberberg­baus im Erzgebirge und weiteren europäisch­en Fördergebi­eten zusammen. Sie endete in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunder­ts, als die Versorgung kleinerer Münzstätte­n mit Münzsilber schwierige­r wurde und das Vordringen des Goldes als Währungsme­tall eine grundlegen­de Umstruktur­ierung des Geldwesens erzwang.

Dieser Beitrag ist dem Buch „Der Bodensee. Natur und Geschichte aus 150 Perspektiv­en“entnommen, das im Oktober, hrsg. von Harald Derschka/Jürgen Klöckler im Verlag Jan Thorbecke erscheint.

 ?? FOTO: DERSCHKA ??
FOTO: DERSCHKA

Newspapers in German

Newspapers from Germany