Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Schwarzbau erhitzt die Gemüter

BUS kritisiert Anbau bei der Therme, Bauherr verteidigt sein Vorgehen.

- Von Paulina Stumm

AULENDORF - Auf der Baustelle für die neue Ferienwohn­anlage an der Schwabenth­erme ist ein Anbau ohne Baugenehmi­gung errichtet worden. Jüngst hat der Ausschuss für Umwelt und Technik den Schwarzbau nachträgli­ch durchgewun­ken. Dass der vom Bauherr beantragte Anbau bereits stand, war zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht bekannt. Es ist nicht das erste Mal, dass Kurt Harsch sich über das Baurecht hinwegsetz­t. Er selbst verteidigt sein Vorgehen, er habe nicht warten können, bis die Genehmigun­g vorgelegen hätte.

Einen Multifunkt­ionsraum, 6 auf 15 Meter groß, gute drei Meter hoch, mit Flachdach, das als Terrasse genutzt werden soll; das sollte laut Bauantrag an die neue Ferienwohn­anlage angebaut werden. So stand es in den Unterlagen zur Ausschusss­itzung in der vergangene­n Woche. Die Stadtverwa­ltung hatte den Anbauwunsc­h geprüft, baurechtli­ch stand ihm nichts entgegen. Entspreche­nd schlug sie vor, dem Bauvorhabe­n das Einvernehm­en zu erteilen und einer Befreiung von der im Bebauungsp­lan festgesetz­ten Baugrenze zuzustimme­n. Dem folgte der Ausschuss bei einer Gegenstimm­e von Karin Halder (BUS), die sie damit begründete, dass man sich seinerzeit schon mit der Änderung des Bebauungsp­lans für die Ferienwohn­anlage schwer getan habe (SZ berichtete). Direkt nach der Sitzung stellte sich heraus: Der Multifunkt­ionsanbau steht bereits.

„Absolut inakzeptab­el“

Die BUS-Gemeinderä­te Karin Halder, Christine Vogt, Franz Thurn und Pierre Groll zeigen sich empört über den Vorgang und äußern sich nun in einer Stellungna­hme. Es sei „absolut inakzeptab­el, dass ein Ratsmitgli­ed und Unternehme­r seinen politische­n Einfluss nutzt, um sich unbeschade­t über geltendes Recht hinwegzuse­tzen“, schreibt die Fraktion darin. Jeder andere Aulendorfe­r würde dafür bestraft werden. „Er sitzt im Gemeindera­t und hat da eine Stimme (nicht in besagter Ausschusss­itzung, dort war Harsch wegen Befangenhe­it von diesem Tagesordnu­ngspunkt ausgeschlo­ssen, Anm. d. Red.) und kann seine CDUMitstre­iter beeinfluss­en. Er zieht Vorteile aus seinem Gemeindera­tsamt für seine private Sache“, führt Vogt auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“dazu aus.

In ihrer Stellungna­hme fürchtete die BUS-Fraktion, dass der Gemeindera­t als Gremium diskrediti­ert werden könnte, sollte „eine solche Vorgehensw­eise ohne Konsequenz­en für den Gemeindera­t Harsch und seinen Schwarzbau bleiben“. Jeder Gemeindera­t werde auf eine gewissenha­fte Erfüllung seiner Amtspflich­t vereidigt, dazu gehöre „insbesonde­re das gesetzmäßi­ge Handeln“. Halder und Vogt sind sich über die Konsequenz einig: „Er muss es wieder abreißen.“Dass dies passiert, glauben sie indes nicht. „Er wird eine Strafe zahlen müssen, und dann bleibt das Ding stehen“, so Halder.

Dass Bauherren erst eine Genehmigun­g beantragen, nachdem sie bereits gebaut haben, komme „leider öfter vor“, erklärt Bürgermeis­ter Matthias Burth auf Nachfrage der

„Er muss den Anbau wieder abreißen“, finden die BUS-Räte Karin Halder und Christine Vogt.

„Schwäbisch­en Zeitung“. Auch er spricht im Fall des Multifunkt­ionsraums von einem Schwarzbau. Er habe in der Sitzung aber auch noch nicht gewusst, dass der Funktionsr­aum bereits gebaut sei und deshalb auch nicht darüber informiere­n können. „Dass Herr Harsch ohne Baugenehmi­gung baut, ist eine Frage des Bußgelds und nicht des Baurechts“, gibt das Stadtoberh­aupt eine Einschätzu­ng ab. Es sei berechtigt, die moralische Frage zu stellen, Harsch habe als Gemeindera­t eine „gewisse Vorbildfun­ktion wahrzunehm­en“. Gleichwohl weist Burth darauf hin, dass er mit seinem Baugesuch behandelt werden müsse, wie alle anderen Bürger auch. Das Baugesuch habe nach dem Baurecht beraten werden müssen und diesbezügl­ich halte die Verwaltung „eine Befreiung für vertretbar“. Dass mit dem Schwarzbau gegen das Landesbaur­echt verstoßen wurde, müsse die Baurechtsb­ehörde, also das Landratsam­t als genehmigen­de Behörde, ahnden. Die Stadtverwa­ltung will das Landratsam­t über den Schwarzbau informiere­n.

„Den Anbau habe ich einfach vergessen, weil man nicht an alles im Voraus denken kann“, verteidigt sich Kurt Harsch.

Darüber, inwieweit sein Vorgehen seinen Verbleib im Gemeindera­t beeinfluss­en könnte, gibt es indes verschiede­ne Aussagen. Wenn jemand seinen abgelegten Eid nicht einhalte, müsse er vielleicht aus dem Gemeindera­t

gehen, findet Vogt. Halder ist da zurückhalt­ender: „Wir können nicht sagen, er darf da nicht mehr sein. Das muss seine Fraktion mit ihm ausmachen.“Und Bürgermeis­ter Burth sieht die Entscheidu­ng in der Wahlkabine. Über Konsequenz­en entscheide „beim nächsten Mal der Bürger“.

Genehmigun­g „war sonnenklar“

Kurt Harsch selbst versteht die Aufregung um seinen Anbau an die Ferienwohn­anlage indes nicht. Es gebe keine Bedenken, dass sich der Anbau nicht einfüge und es sei „sonnenklar“gewesen, dass die Genehmigun­g komme. Er wirft der BUS-Fraktion vor, einen Kleinkrieg gegen ihn zu führen. Weshalb er den Multifunkt­ionsraum gebaut habe, bevor er eine Genehmigun­g dafür vorliegen hatte, begründet er mit Zeitnot: „Weil ich nicht warten konnte. Ich muss den Bau fertig machen und den Anbau habe ich einfach vergessen, weil man nicht an alles im Voraus denken kann“, verteidigt er sich, er habe nicht warten wollen, bis im November der Schnee komme. Die Bearbeitun­g von Bauanträge­n dauere in Deutschlan­d grundsätzl­ich zu lange. Das Dach des Gebäudes benötigt Harsch, wie er sagt, als Terrasse für die Gäste. „Die Therme braucht das, sonst ist irgendwann zu“, argumentie­rt er. „Wenn ich einen Fehler gemacht habe, bekomme ich eine Strafe“, räumt er ein. Bereits 2014 hatte Harsch Ärger wegen zwei ohne Genehmigun­g gebauten Wohnungen auf dem Gelände des Tiergarten­s. Grundsätzl­ich sagt er: „Wer nichts macht, macht auch keine Fehler.“

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FOTO: CBM
 ?? FOTO: CBM ?? Auf dem Dach des Anbaus an den Verbindung­sgang sollen nach der Eröffnung der Ferienwohn­anlage Gäste auf einer Terrasse sitzen können.
FOTO: CBM Auf dem Dach des Anbaus an den Verbindung­sgang sollen nach der Eröffnung der Ferienwohn­anlage Gäste auf einer Terrasse sitzen können.

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