Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Hitze wird für Fische tödlich

Im westlichen Bodensee droht wegen des heißen Wetters ein Massenster­ben

- Von Uwe Jauß

● STEIN AM RHEIN - Die Lage der Fische im westlichen Zipfel des Bodensees spitzt sich zu. Hitze, ein dadurch verursacht­es Algenwachs­tum und niedrige Pegelständ­e führen besonders in Flachwasse­rbereichen zu Sauerstoff­mangel. Bleibt die heiße Witterung in den nächsten Tagen erhalten, droht ein massenhaft­es Sterben von Fischen in dem besagten Bodenseebe­reich. Er ist allgemein als Untersee bekannt. Während des großen Hitzesomme­rs 2003 waren dort mehr als 70 000 Fische verendet.

„Da ist ein toter Fisch, dort und dort auch“, meint Sigmund Schmidt und zeigt ins Wasser. Der Hobbyangle­r steht auf dem Steg zur historisch­en Kapellenin­sel Werd bei Stein am Rhein. Die pittoreske eidgenössi­sche Stadt liegt am Übergang vom Untersee in den Rhein. Wegen der Lage lassen sich dort erste Anzeichen eines möglichen größeren Fischsterb­ens besonders gut ausmachen.

Schmidt rechnet damit, dass die Lage nun rasch in Richtung Katastroph­e kippen könnte, weil der Wetterberi­cht auch für die nächsten Tage eine anhaltende Hitze verspricht. Sie schlägt sich auch im Wasser nieder. Bei Stein am Rhein wurden im Fluss bereits mehrmals über 27 Grad gemessen – eine Temperatur, bei der viele heimische Fische nicht überleben können. Samuel Gründler, Artenschut­zbeauftrag­ter des Schweizer Fischereiv­erbands, sagt: „Die Prognose ist düster.“

Baden-Württember­gs Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) äußert sich nach einer Bodenseevi­site in dieser Woche ähnlich. Er erklärt: „Die Fische machen bei den Temperatur­en einfach nichts mehr – sie fressen nicht mehr, weshalb es auch nichts bringt, sie zu ködern. Sie bekommen Krankheite­n. Und irgendwann sterben sie. Das betrifft viele geschützte Arten wie die Äsche, aber auch ökologisch wichtige Krebsarten.“

Rückzug ins kältere Wasser

Seit Tagen stellen Bodensee-Fischer fest, dass sich die Flossentie­re zunehmend in Kaltwasser­zonen zurückzieh­en. Im Zentrum und im Osten des größten Trinkwasse­rspeichers Mitteleuro­pas fällt ihnen dies noch relativ leicht. Der See ist hier tief. Weshalb beispielsw­eise Roland Rösch von der baden-württember­gischen Fischereif­orschungss­telle am Langenarge­ner Ufer für diesen Bereich die Situation noch recht entspannt sieht – zumal es in der Lindauer Gegend sowie in Vorarlberg am Mittwochab­end nach Unwettern stark geregnet hat.

Dies habe dem See gutgetan, meint der Experte. „Wie es aber nächste Woche aussieht, können wir nicht fundiert vorhersage­n.“Generell machen sich nämlich auch im östlichen Seebereich Hitze- und Trockenaus­wirkungen bemerkbar. Algenwachs­tum lässt sich feststelle­n. Der Wasserstan­d ist stark gesunken. In Uferbereic­hen ohne große Strömungse­inwirkunge­n fangen Algen oder verrottend­es Pflanzenma­terial zu stinken an.

Im Untersee kann diese Entwicklun­g jedoch wesentlich schneller eskalieren, weil dort keine große Wassertief­e erreicht wird.

Eine ähnlich alarmieren­de Entwicklun­g droht in Bodenseezu­flüssen. Deshalb haben Fischer im Schweizer Ufer-Kanton Thurgau bereits vor Wochen angefangen, Bäche abzufische­n. Die Tiere werden in kühlere, sauerstoff­reichere Becken gerettet. Ein größeres Fischsterb­en hat es jüngst bereits am Argen-Unterlauf bei der Bodenseege­meinde Kressbronn gegeben. Wobei hier neben der Hitze auch noch eine ätzende Substanz eine Rolle gespielt hat. Ermittlung­en laufen noch.

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FOTO: JAUSS Schon jetzt schwimmen tote Fische im westlichen Bodensee.

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