Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Mit Mathematik die Ehe retten

Stuttgarte­r Professor Christian Hesse stellt verblüffen­de Erkenntnis­se für den Alltag vor

- Von Marcus Mockler

● STUTTGART (epd) - Kann Mathematik zu einer besseren Partnersch­aft verhelfen? Christian Hesse, Mathematik­professor an der Universitä­t Stuttgart, hat daran keinen Zweifel. Er schlägt vor, jede Beziehung mit der 5:1-Formel zu leben: Laut Beobachtun­g US-amerikanis­cher Paarforsch­er braucht es für jede negative Botschaft an den Partner zum Ausgleich fünf positive. Wer einmal kritisiert, sollte also fünfmal etwas Liebes sagen oder tun. Paare, die das befolgen, hätten ein sehr viel niedrigere­s Scheidungs­risiko.

Die Formel ist nur ein kleiner Ausschnitt aus Hesses neuem Buch „Leben hoch zwei“, das seinen Lesern nicht nur eine bessere Ehe, sondern auch längeres Leben und Glück verspricht – und das alles mit Mathematik. So warnen die Statistike­r vor einer zu teuren Hochzeitsf­eier. Übersteige­n die Kosten 20 000 Euro, erhöhe sich die Scheidungs­rate deutlich. Großzügigk­eit brauche es allenfalls bei den Eheringen. Wer weniger als 500 Euro ausgibt, müsse sich ebenfalls auf eine wahrschein­liche Scheidung einstellen.

Auch beim Lottospiel­en kann der Mathe-Experte nachhelfen. Zwar gibt es keine Formel, welche Zahlen gewinnen, denn jede Kombinatio­n ist gleich wahrschein­lich – sogar die Folge 1, 2, 3, 4, 5, 6. Wer aber seinen richtigen Tipp mit möglichst wenigen Mitspieler­n teilen und einen höheren Gewinn einfahren möchte, muss auf Folgendes achten: Die Kreuze im Feld sollten kein Muster ergeben, und es sollten einige Zahlen höher als 31 getippt werden. Denn Muster tippen viele andere auch, und da oft Geburts- oder Hochzeitsd­aten angekreuzt werden, sind die Kästchen von 1 bis 31 sehr viel häufiger ausgefüllt als die darüber liegenden.

Auch für Fußballman­nschaften hat der Statistike­r einen wichtigen Rat: Beim Elfmetersc­hießen sollte man der gegnerisch­en Mannschaft nie freiwillig den Vortritt lassen. Wer den Reigen der Torschüsse beginnt, gewinnt am Ende mit einer Wahrschein­lichkeit von 60 Prozent. Ursache dürfte der psychische Druck sein, der auf den Zweitschie­ßenden liegt – sie müssen in der Regel einen eben erzielten Vorsprung des Gegners ausgleiche­n, was auch den abgebrühte­sten Spieler ein bisschen nervös machen und damit zu Fehlern führen kann.

Betrügern auf der Spur

Zu den erstaunlic­hsten Phänomenen gehört wohl die sogenannte BenfordReg­el, die besagt: Die Zahlen, mit denen wir hantieren, beginnen sehr viel häufiger mit einer 1, 2 oder 3 als mit einer 8 oder einer 9. Das hat verstörend­e Auswirkung­en. Steuererkl­ärungen werden inzwischen mit einer Software geprüft, um Tricksern auf die Spur zu kommen. Tauchen dort überrasche­nd häufig Zahlen auf, die mit einer hohen Ziffer beginnen, schauen sich die Beamten die eingereich­ten Unterlagen noch einmal genauer an. Nach demselben System konnte man Hesse zufolge Entwicklun­gsländern nachweisen, dass sie systematis­ch ihre Wirtschaft­sdaten manipulier­en. „Es ist ziemlich schwer, Daten unauffälli­g zu fälschen“, erklärt der Mathematik­er.

Die Liste der in dem Buch präsentier­ten verblüffen­den Erkenntnis­se ließe sich fortsetzen – etwa damit, dass das Todesrisik­o am eigenen Geburtstag am höchsten ist, wie man Jetlag am effektivst­en bekämpft und warum Vorsorgeun­tersuchung­en zu Brust- und Prostatakr­ebs offenbar nur einen sehr geringen Einfluss auf die Lebenserwa­rtung haben. Das Buch ist eine unterhalts­ame Mischung aus Psychologi­e, Lebenshilf­e und Anleitunge­n, wie wir Zahlen zu unserem eigenen Vorteil nutzen können.

Christian Hesse, Leben hoch zwei. Wie Sie mit Mathematik Ihre Ehe verbessern, länger leben und glücklich werden. 208 Seiten, 18 Euro. Güterslohe­r Verlagshau­s (2018) Gütersloh.

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FOTO: IVO KLJUCE Ehe, Lotto, Fußball: Christian Hesse hat Mathe-Tipps für viele Lebensbere­iche parat.

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