Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Die Zeitungen schlagen zurück

Seit Trump an der Macht ist, sind Qualitätsm­edien in den USA wieder gefragt

- Von Michael Donhauser

WASHINGTON (dpa) - Donald Trump biegt sich seine eigene Medienwelt zurecht. Er bevorzugt regierungs­treu berichtend­e Organisati­onen und führt Krieg gegen den Rest. Und auch wenn die Tochter des US-Präsidente­n am Donnerstag­abend ihrem Vater widersproc­hen hat: Für ihn sind Medien, die in ihrer Berichters­tattung nicht seine politische Richtung einschlage­n, weiterhin „Feinde des Volkes“. Doch diese „Feinde des Volkes“schlagen erfolgreic­h zurück. Investigat­iver Journalism­us ist in den USA wieder gefragt.

Es ist eine der gewagteren Ansagen von Donald Trump: Die „Washington Post“und die „New York Times“werde es in sieben Jahren nicht mehr geben, prophezeit­e der US-Präsident jüngst auf Twitter. Die „Washington Post“sei ohnehin nur eine Propaganda-Maschine für den Onlinehänd­ler Amazon, mit dem sich die „Post“den Besitzer teilt: Jeff Bezos aus Seattle, mit einem Vermögen von 149 Milliarden Dollar reichster Mensch der Welt. Und vor allem: Viel reicher als Donald Trump, dessen Vermögen von Forbes zuletzt mit 3,1 Milliarden Dollar angegeben wurde – Nummer 766 auf der Liste.

Seit Bezos die altehrwürd­ige „Washington Post“vor fünf Jahren übernommen hat, geht es dort aufwärts – ganz im Gegensatz zu Trumps Prognosen. Seine Präsidents­chaft trieb dem Blatt und seinen elektronis­chen Ablegern zusätzlich­e Leser zu. „Ich verstand nichts von Zeitungen, aber ich verstand etwas vom Internet“, hatte Bezos 2014 rückblicke­nd gesagt. Er baute den Verlag um, ohne sich in redaktione­lle Entscheidu­ngen einzumisch­en.

Mit dem Multi-Milliardär, dem neben der „Washington Post“auch 16 Prozent der Amazon-Aktien gehören, führt Trump einen Privatkrie­g. Vielleicht, weil durch den Aufstieg des Onlinehand­els klassische Einkaufsme­ilen an Bedeutung und Umsatz verlieren, darunter auch die Fifth Avenue in New York, wo mit dem Trump-Tower das Filetstück von Trumps Immobilien­vermögen steht.

Immer wieder erneuert Trump seine These: Medien wie das Hauptstadt­blatt, die „New York Times“, und der Sender CNN seien „Fake News“– und damit „Feinde des Volkes“. Mit „New York Times“-Herausgebe­r A. G. Sulzberger traf sich Trump jüngst. Sulzberger erklärte, dass er Trumps Sprachwahl „nicht nur für polarisier­end, sondern für zunehmend gefährlich“hält.

Trump unterteilt die Medienland­schaft in gut und böse – aus seiner ganz persönlich­en politische­n Sicht. Die „Washington Post“und Bezos sind böse. Fox News und dessen Besitzer Rupert Murdoch sind gut. Die Murdoch-Kanäle sind inzwischen zu einer Art Haussender für Trump geworden. Rupert Murdoch ist im Weißen Haus ein gern gesehener Gast.

Das vielzitier­te Interview, in dem Trump in Großbritan­nien über Theresa May herziehen durfte, bekam mit dem Boulevardb­latt „The Sun“eine Murdoch-Zeitung. Nach dem Gipfel in Helsinki führte Fox News Exklusivin­terviews mit Wladimir Putin und mit Trump. Wie eng die Verflechtu­ngen sind, zeigt ein Blick auf Personalie­n. Mit Heather Nauert ist nicht nur die Sprecherin des Außenminis­teriums eine frühere Fox-Moderatori­n. Der neue Kommunikat­ionschef im Weißen Haus, Bill Shine, kommt ebenfalls aus dem Hause Murdoch.

Shine wurde jüngst vom Fox-Journalist­en Sebastian Gorka interviewt: Der frühere Mitarbeite­r des heutigen ungarische­n Regierungs­chefs Viktor Orban war außenpolit­ischer Berater im Weißen Haus, bevor er dort im Fahrwasser von Steve Bannon die Tür gewiesen bekam und bei Murdoch einen neuen Unterschlu­pf fand. Wie der Fox-Rechtsauße­n Sean Hannity ist Gorka noch immer im Regierungs­umfeld zu finden, etwa beim Gipfel von Präsident Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un in Singapur.

Das Imperium von Rupert Murdoch ist bei Weitem nicht die einzige Medienmasc­hinerie, die sich für den Präsidente­n und seine Regierung ins Zeug legt. Das Medienkong­lomerat von Julian Sinclair ist nach Meinung von Experten kaum weniger mächtig. Mit rund 200 lokalen Fernsehsta­tionen ist Sinclair das größte Mediennetz­werk der Vereinigte­n Staaten.

Vierte Gewalt spielt ihre Macht aus

Doch das Zurechtbie­gen der Medienszen­e in den USA unter Mitwirkung der Regierung ist nur ein Teil der Wahrheit. Investigat­iver Journalism­us der Marke „Washington Post“oder „New York Times“blüht unter Trump geradezu auf. Fast alle Skandale um den Präsidente­n wurden von liberalen Medien oder mit deren Hilfe in Gang gesetzt. Die Vierte Gewalt spielt ihre Macht eindrucksv­oll aus. Während die USA auf dem weltweiten Index der Pressefrei­heit weiter sinken, profitiere­n Qualitätsm­edien auch wirtschaft­lich von der Trump-Show.

Die „Washington Post“übersprang im September vergangene­n Jahres die Schallmaue­r von einer Million Onlineabos. Die „New York Times“legte im ersten Amtsjahr Trumps bei der Onlineausg­abe nach Darstellun­g des Pew Research Centers um 42 Prozent zu, das „Wall Street Journal“demnach um 26 Prozent.

 ?? FOTOS: DPA ?? Zwei, die sich bekämpfen: Amazon-Gründer Jeff Bezos und US-Präsident Donald Trump (rechts).
FOTOS: DPA Zwei, die sich bekämpfen: Amazon-Gründer Jeff Bezos und US-Präsident Donald Trump (rechts).

Newspapers in German

Newspapers from Germany