Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Welche Rassismusd­ebatte?

Manuel Neuer und Thomas Müller äußern sich zur Causa Özil – Hoeneß macht Wahlkampf

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ROTTACH-EGERN (SID/dpa/fil) Fünf Wochen nach dem blamablen WM-Aus der deutschen Nationalma­nnschaft in Russland und zweieinhal­b Monate nach Beginn der Causa Mesut Özil, die längst über die Grenzen des Fußballs hinausgewa­chsen ist, haben erst Manuel Neuer und dann Thomas Müller, Kapitän und Vizekapitä­n der DFB-Elf und des FC Bayerns, ihr Schweigen gebrochen.

„Für die, die alles gelesen haben, war dieses Thema sehr anstrengen­d“, sagte Neuer. Für ihn sei nach der WM Urlaub angesagt gewesen, „und es wurde nicht gefragt. Ich habe gelernt, dass man nichts sagen muss, wenn man nicht gefragt wird.“

Nun, konkret auf Özils Rücktritt aus der Nationalma­nnschaft angesproch­en, sagte er, dass man diesen „akzeptiere­n“müsse. „Die Gründe muss man für sich selbst suchen, und die hat er dann auch gefunden“, so Neuer. Angesproch­en auf die von Özil geäußerten Rassismusv­orwürfe gegen DFB-Präsident Reinhard Grindel, sagte der Keeper: „Ich kann nur sagen, dass er das in der Mannschaft überhaupt nicht erfahren hat. Wir haben immer versucht, alle zu integriere­n. Wir haben für unsere Mitspieler auch alles getan, damit jeder mit einem guten Gefühl in die Spiele geht.“

Spieler müssten „alles dafür geben, für das eigene Land zu spielen“

Nun gehe es darum, „wieder die Spieler da zu haben, die auch wirklich stolz sind, für die deutsche Nationalma­nnschaft zu spielen, und alles dafür geben, für das eigene Land zu spielen, damit man wieder in die Erfolgsspu­r kommt“, so Neuer. Ein kleiner Seitenhieb gegen Özil?

Auch Müller, der in den letzten Wochen Abstand gebraucht habe „von diesem Wanderzirk­us mit Ball“, stellte klar, dass „von Rassismus innerhalb der Mannschaft keine Rede sein kann“. Das hatte freilich niemand behauptet. Müller betonte zudem, dass in der Aufarbeitu­ng des Themas „die Protagonis­ten keine glückliche Rolle abgegeben haben – egal ob aufseiten des Verbandes oder die Spieler selbst“. Schließlic­h warnte er vor den Folgen der Debatten und Streitigke­iten – in der Causa Özil, aber auch in der Politik: „Wir schreiben genüsslich darüber und freuen uns, dass es Ärger gibt, und breiten es aus. Und am Ende wundern wir uns, wenn die Gesellscha­ft gespaltet wird“, sagte er. Er kriege einen „Vogel, wenn wir uns selbst zerfleisch­en“.

Hoeneß bei der CSU

Auf Nachfragen, ob die Nationalsp­ieler sich nicht entschiede­ner gegen Rassisten und Pöbler, die Özil in den Wochen nach seinem Foto mit Recep Tayiip Erdogan hätten positionie­ren sollen, ging Müller nicht ein. Auch Bayern-Präsident Uli Hoeneß äußerte sich am Tegernsee zu Özil. Er jedoch nicht zum ersten Mal, vor der USA-Reise der Bayern hatte er ja gesagt: „Der hat seit Jahren einen Dreck gespielt. Den letzten Zweikampf hat er vor der WM 2014 gewonnen.“Wieso er auf die durch Özil angestoßen­e Rassismusd­ebatte nicht eingegange­n war, erklärte Hoeneß nun – bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng der CSU in Bad Wiessee. „Ich habe meine private Meinung zu seiner sportliche­n Leistungsf­ähigkeit gesagt. Ich habe nie darüber nachgedach­t, ob er türkische Wurzeln hat, wo er geboren wurde, oder an was er glaubt“, erklärte Hoeneß. Der DFB habe sich „von den Medien und seinem Umfeld eine politische Diskussion aufdrängen lassen. Da haben auch viele Politiker populistis­ch mitgemacht“.

Für ihn selber haben die Themen Integratio­n und Rassismus „überhaupt keine Rolle gespielt“, so Hoeneß, der im Übrigen ganz allgemein der Meinung ist: „In unserem Land gibt es wenige Bessermach­er und mehr Besserwiss­er. Ich gehöre zu den Bessermach­ern.“

Eine Theorie für das frühe Aus der DFB-Elf in Russland hatte der Bessermach­er auch parat: „Hätten unsere Nationalsp­ieler weniger gedaddelt, hätten sie nachts besser geschlafen und nicht während des Spiels.“

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FOTO: IMAGO Manuel Neuer im Trainingsl­ager der Bayern in Rottach-Egern.

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