Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Fulminantes Drama
Tatort: Die Musik stirbt zuletzt (So., ARD, 20.15 Uhr)
- Eine einzige Handkamera, keinerlei Schnitte, ein Dreh in Schweizer Echtzeit? Das klingt nach einem ermüdenden Experiment. Aber dieser Krimi unter der Regie von Dani Levy ist präzise vorbereitet und hochspannend! In 88 Minuten spielt sich in der eleganten Welt des Luzerner Kulturzentrums eine Tragödie von Shakespeare’schen Ausmaßen ab. Während eines CharityKonzerts mit einem jüdischen Kammerorchester überlebt der Klarinettist nur knapp einen Giftanschlag. Wie die zufällig anwesende Kommissarin Liz Ritschard (Delia Mayer, im lachsfarbenen Abendkleid) und ihr herbeigerufener Kollege Reto Flückiger (Stefan Gubser, im Fußballshirt) herausfinden, wollte das Opfer zusammen mit seiner Schwester, der Pianistin, das dunkle Geheimnis ihres greisen Sponsors und vermeintlichen Wohltäters Walter Loving aufdecken. Es geht um Schleppergeschäfte in der NS-Zeit. Mit grandiosem Pathos spielt der alte Regiemeister Hans Hollmann den am Rollator lamentierenden Loving. An seiner Seite zickt Sibylle Canonica als Gattin. Ganz theaterhaft richtet sich der zynische Sohn Franky ans Publikum: „Verfaultes Geld!“. Aber anders als im Theater darf der Zuschauer die Perspektive wechseln und den Guten, Bösen und Schillernden wie ein Schatten überallhin folgen, vom Saal in die Bar, in verborgene Flure, sogar aufs Damenklo. Fulminant!