Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
B 31-neu: Landwirt soll enteignet werden
Beim Verfahren des Regierungspräsidiums gab es in Friedrichshafen bisher keine Einigung
● FRIEDRICHSHAFEN - Die B 31-neu ist in Bau, obwohl es noch immer Flächen gibt, die sich nicht im Eigentum des Bundes befinden. Deshalb wurde nun ein Enteignungsverfahren durch das Regierungspräsidium Tübingen im Häfler Rathaus eröffnet. Das ist bereits der zweite Schritt, nachdem ein Besitzeinweisungsverfahren keine Einigung brachte.
Der Termin war die mündliche Verhandlung der Enteignungsbehörde über den von der Deges, Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs und -bau GmbH, gestellten Enteignungsantrag gegen den Landwirt Anton Schraff, der im Zuge des Baus der B 31-neu Flächen abgeben soll. Die Deges ist mit dem Bau der Straße beauftragt und vertritt somit das Land Baden-Württemberg und den Bund.
Die für den Bau der B 31-neu nötigen Flächen müssen dauerhaft zugunsten der Bundesstraßenverwaltung gesichert werden. Die Deges hat in diesem Fall den Antrag auf Enteignung gestellt, weil der Landwirt diese Flächen nicht zu dem durch die Deges angebotenen, „entschädigungsrechtlich korrekt ermittelten Verkehrswert“ verkaufen will. Er ist der Einzige, der sich nicht einverstanden erklärt. Mit anderen Landwirten und Grundstückeigentümern habe man Verträge abschließen können, schreibt die Deges.
Die Enteignungsbehörde entscheide in diesem Verfahren gleichzeitig über die Höhe der Entschädigung für die betroffenen Flächen und setze hierfür einen Entschädigungsbetrag fest, der nach Abschluss des Verfahrens an den Landwirt auszuzahlen ist.
Tauschvertrag wurde ungültig
Ein teil der Straße führt durch die Ländereien von Anton Schraff. Der Streit um diese Flächen, die der Landwirt abgeben muss, währt bereits seit über einem Jahrzehnt. „Ich bin es leid, ich bin offen für eine Einigung“, sagt Anton Schraff heute, nachdem die bisherigen Angebote von Stadt und Deges sowie alle Verhandlungen im Sande verliefen.
Ursprünglich hatte die Stadt Friedrichshafen über das Amt für Vermessung und Liegenschaften Tauschflächen angeboten, die die Familie Schraff aber nicht habe anerkennen können, sagt der Landwirt, der nicht nur Obst anbaut, sondern auch Waldbesitzer ist. Eine Fläche, die er nutzen sollte, hatte die Stadt kurz vorher gerodet, sie sei für ihn wertlos. Die Familie ist damals also nicht auf diesen Tausch eingegangen, sondern hat über einen Anwalt Widerspruch eingelegt. Letztlich wurde der Tauschvertrag Ende 2012 für ungültig erklärt.
Seither habe es viele Gespräche gegeben, die aber für Anton Schraff keine akzeptable Lösung brachten. „Die Stadt hat mir noch immer nicht mitgeteilt, wie viele Bäume für den Straßenbau gerodet werden mussten“, wirft er der Verwaltung vor. Mittlerweile ist es aber nicht mehr die Stadtverwaltung, die die Verhandlungen führt, sondern die Deges. Dirk Abel, Sprecher des Regierungspräsidiums, bezeichnet dieses Verfahren als die Folge bisher nicht erfolgreicher Verhandlungen. Ein Besitzeinweisungsverfahren, die Vorstufe einer Enteignung, bei der es noch Spielraum für Verhandlungen gebe, habe zu keiner Einigung geführt. Jetzt gehe es darum, gerichtlich zu entscheiden, die Flächen in das Eigentum der Bundesrepublik zu überführen. Generell seien solche Verfahren juristisch klar definiert. Das heißt, dass am Ende auf jeden Fall eine Entschädigung für den Landwirt dabei herauskommt. Und die ist ebenfalls gesetzlich festgeschrieben.
Dieses konkrete Verfahren will der RP-Sprecher jedoch nicht kommentieren. Ganz allgemein sagt er stattdessen, dass viele Enteignungsverfahren entstünden, weil die ursprünglichen Grundstücksbesitzer „Vorstellungen jenseits dessen haben, was sogar rechtlich möglich ist“, also was innerhalb der Möglichkeiten liegt, die hier von der Deges angeboten werden könnten.
„Für die Stadt Friedrichshafen bedeutet der Bau der B 31-neu eine enorme Verkehrsverbesserung, die über Jahrzehnte hinweg gefordert wurde. Für die Realisierung ist es gelungen, alle notwendigen Grundstücke – bis auf die Grundstücke einer einzigen Eigentümergemeinschaft – zu erwerben, zum Teil schon vor vielen Jahren noch durch die Stadt, später im Auftrag der Deges“, heißt es bei der Pressestelle auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Und weiter: „Zum Verfahren selbst können und werden wir uns daher nicht äußern.“