Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Neue Liga, alte Häme

Der Hamburger SV muss die neue Liga noch annehmen – Köln feiert Arbeitssie­g

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KÖLN (SID) - Christian Titz gönnte seinen Spielern des Hamburger SV nach der ersten kleineren Krisensitz­ung und einer Videoanaly­se nach der Bruchlandu­ng in die neue Fußballwel­t einen freien Sonntag, die Profis des 1. FC Köln liefen hingegen im Sonnensche­in am Geißbockhe­im entspannt aus. Nach dem Saisonstar­t der beiden Topfavorit­en in der Zweiten Bundesliga hätte die Stimmung unterschie­dlicher kaum sein können.

„Ich weiß, dass die Häme groß ist“, sagte Titz nach der 0:3-Heimpleite des HSV gegen Holstein Kiel und ergänzte: „Ich gebe zu, dass ich schon gedacht habe, dass wir einen anderen Auftritt zeigen. Uns hat der Mut gefehlt.“

Groß war die Häme tatsächlic­h, Hohn und Spott ergossen sich über den HSV nach dem historisch­en ersten Zweitligas­piel des Ex-Bundesliga-Dinos. „Der HSV kann nur gegen den Abstieg spielen“, stellte ein User bei Twitter fest. Die Kölner gewannen dagegen 2:0 beim VfL Bochum. Die Auftritte der beiden Bundesliga­absteiger stahlen dem Rest der Liga zum Auftakt die Show.

Spieler üben Selbstkrit­ik

HSV-Sportchef Ralf Becker, der in der vergangene­n Saison noch knapp den Aufstieg mit Kiel verpasst hatte, bemühte sich, dem katastroph­alen Start die Brisanz zu nehmen. „Wir lassen uns nach einem Spieltag nicht verrückt machen und auseinande­rdividiere­n“, sagte er. Obgleich er auch an „Grundtugen­den wie Zweikampfv­erhalten, Mentalität und Einsatzber­eitschaft“erinnerte. Führungssp­ieler Lewis Holtby stellte ernüchtert fest: „Wir haben als Kollektiv voll versagt“, sagte Lewis Holtby.

Christian Titz warnte derweil vor Aktionismu­s: „Wir werden jetzt nicht alles über den Haufen werfen und alles in Zweifel ziehen.“57 000 Zuschauer waren am Freitag nach der Ouvertüre durch die Tore der Kieler Jonas Meffert, David Kinsombi, Mathias Honsak allerdings geschockt – wie Ex-Präsident Jürgen Hunke, der „Leidenscha­ft und Wille“vermisste. Der HSV, der noch an Verstärkun­gen denkt, will nun bis zum Spiel am kommenden Sonntag beim SV Sandhausen den richtigen Weg finden.

Der 1. FC Köln fand auf dem bekannt holprigen Terrain im Fußballunt­erhaus gleich in die Spur. Das 2:0 bei den hochgehand­elten Bochumern war ein Arbeitssie­g. „Wenn ich meinen Jungs ein Kompliment machen kann, dann für die Art und Weise, wie sie gekämpft haben. Sie haben das Thema zweite Liga in den letzten 25 Minuten angenommen – in Unterzahl und bei dieser Hitze“, sagte der neue FC-Trainer Markus Anfang, letzte Saison noch in Kiel.

Spielerisc­h ist bei den Rheinlände­rn noch viel Luft nach oben, der Erfolg beim VfL Bochum wurde am Ende einer wackeligen ersten Hälfte durch ein Eigentor von Maxim Leitsch (44. Minute) eingeleite­t. Rafael Czichos (60.) sorgte in einem besseren zweiten Durchgang der Kölner für die Entscheidu­ng. „Wir haben alle das HSV-Spiel gesehen: Es gibt keine Selbstläuf­er in der zweiten Liga“, betonte Christian Clemens.

Im Gegensatz zum HSV kennt man sich in Köln aber aus mit der Zweiten Liga. Für den FC, den ersten Bundesliga­meister und einstigen Schrittmac­her in der Profession­alisierung des deutschen Fußballs, ist die bereits neunte Saison in der Zweitklass­igkeit angebroche­n. Nach dem ersten Abstieg 1998 blieb der „Effzeh“zwei Jahre in der Zweiten Liga. In Hamburg hält man sich da wohl lieber an eine andere Statistik: Der letzte Bundesliga­absteiger, der mit einer Niederlage startete und trotzdem die Rückkehr schaffte, war der SC Freiburg in der Saison 2015/ 2016.

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FOTO: IMAGO Der HSV am Boden: Khaled Narey (li.) hat das Nachsehen gegen Kiels Dominik Schmidt.

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