Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Seehofer speckt ab
Horst Seehofer ist bekanntlich ein Meister der großen Zahl. Unvergessen, wie er im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 die mächtige Ziffer 200 000 allein durch unerbittliche Wiederholung populär machte. Damals war er noch Chef der bedeutendsten Splitterpartei der Republik. Als Leiter des deutschen Heimatmuseums setzt Seehofer nun auf Bodenständigkeit. Bei aller Liebe zum großen Wurf ist der Horstl nämlich auch Realist: Er weiß ganz genau, dass nicht alle Züge seiner Spielzeugeisenbahn gleichzeitig aus dem Bahnhof fahren können.
In jüngster Zeit ist allerdings ein gewisser Downsizing-Prozess unverkennbar, wie man heutzutage sagt: alles eine Nummer kleiner. Schon legendär sind Seehofers 63, in unsichtbarer
Tinte verfasste, Thesen zur Flüchtlingsverankerung, die er damals im Juni an die
Tür des Kanzleramts nagelte. Seit dem letzten Ausreißer an seinem 69. Geburtstag mit den 69 Afghanen arbeitet er konzentriert an der Schrumpfung der Zahlen, gemeinsam mit seiner Partei. Die CSU ist in Sachen Wählerzuspruch schon bei 37 Prozent angekommen. Und da geht noch mehr. ●
Seehofer hat erwirkt, dass Flüchtlinge, die aus Spanien über Österreich nach Deutschland wollen, künftig erbarmungslos zurückgewiesen werden. Dabei soll es sich um klar weniger als 63 handeln. Der nächste Schritt wird sein, Flüchtlinge aus Italien, die über Dänemark einreisen, abzuweisen. Das Ziel sind einstellige, für Nichtmathematiker beherrschbare Zahlen, weswegen künftig auch Nordafrikaner, die über Polen einreisen wollen, Aufnahme in die Statistik finden werden. (hü)