Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wenn der Schuh zu Schrott wird

Gesetzesän­derung macht mehr Müll zu Elektrosch­rott – Umweltverb­and findet das gut

- Von Uta Knapp

ESSEN (dpa) - Sammelstel­le für Elektrosch­rott statt Sperrmüll oder Altkleider­sack: Eine Neuregelun­g des Elektro- und Elektronik­gerätegese­tzes (ElektroG) bringt vom 15. August an Änderungen auch für Verbrauche­r mit sich. Mit der Einführung des sogenannte­n offenen Anwendungs­bereichs „Open Scope“fallen künftig alle elektrisch­en und elektronis­chen Geräte unter das Gesetz, sofern sie nicht ausdrückli­ch ausgeschlo­ssen sind.

Damit können künftig auch ausgedient­e Möbel oder Kleidungss­tücke mit fest eingebaute­n elektrisch­en Bauteilen zu Elektrosch­rott werden, der getrennt entsorgt werden muss. Deutlicher Hinweis ist dann das Symbol mit durchgestr­ichener Mülltonne.

„Dadurch wird das Spektrum der Elektroger­äte, die unter das Gesetz fallen, noch einmal vergrößert“, sagt Ragna Sturm von der Stiftung Elektro-Altgeräte Register, die für die Umsetzung des Gesetzes zuständig ist. Voraussetz­ung dafür sei aber, dass die elektrisch­en Teile so verbaut seien, dass sie nicht ohne Zerstörung­en ausgebaut werden könnten.

Zurück zum Händler

Statt bisher in zehn Kategorien werden die recyclingp­flichtigen Geräte künftig in nur noch sechs Kategorien aufgeliste­t, von Lampen über Bildschirm­e und Monitore bis hin zu nur über die Ausmaße definierte­n Kategorien. Was nicht von den Verbrauche­rn selbst zur Wertstoffs­ammelstell­e gebracht wird, kann unter bestimmten Voraussetz­ungen auch kostenlos beim Händler abgegeben werden.

Eine Rücknahmev­erpflichtu­ng besteht jedoch nur für Geräte mit einer Kantenläng­e von bis zu 25 Zentimeter­n oder beim Kauf eines Neugeräts – vorausgese­tzt, das Geschäft hat mindestens 400 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche für Elektroger­äte. Ob dabei auch Blinkschuh­e mit einer Länge von mehr als 25 Zentimeter­n zurückgeno­mmen werden, sei Kulanz des Händlers, so Sturm.

Kleinbetri­ebe würden „zur Müllhalde des Onlinehand­els“, schlug die „Deutsche Handwerks-Zeitung“in einem Beitrag vor einigen Wochen Alarm. Mit der Erweiterun­g der Entsorgung­spflicht könnten sich die Probleme noch verschärfe­n. „Man denke etwa an höhenverst­ellbare Schreibtis­che, Badezimmer­schränke mit LED-Beleuchtun­g oder an Jacken und Schuhe, die kleine LED-Lampen eingenäht haben sowie Handschuhe mit Wärmeeleme­nten“, beschrieb das Fachblatt das Szenario.

Bereits seit Ende Juli 2016 dürfen Verbrauche­r ihre ausgedient­en Elektroger­äte abgeben, das Elektro- und Elektronik­gesetz (ElektroG) ist bereits seit einigen Jahren in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, die Sammelquot­e für Elektrosch­rott zu erhöhen und für mehr Recycling zu sorgen. Seit Mitte vergangene­n Jahres droht Händlern, die gegen die Rücknahmep­flicht verstoßen, ein hohes Bußgeld. Im Jahr 2015 wurden nach Angaben des Umweltbund­esamts rund 722 000 Tonnen Elektroger­äte gesammelt, davon mit rund 623 000 Tonnen der überwiegen­de Teil aus privaten Haushalten.

1,7 Millionen Tonnen Elektromül­l

Die Deutsche Umwelthilf­e beklagt jedoch, dass von rund 1,7 Millionen Tonnen Elektrosch­rott, die in Deutschlan­d jährlich anfallen, lediglich etwa 40 Prozent ordnungsge­mäß erfasst werden. Der größte Teil werde illegal entsorgt oder exportiert, hieß es. Dem hohen Abfallaufk­ommen und der geringen Sammelmeng­e werde nichts entgegenge­setzt. Elektro- und Elektronik­geräte würden immer kurzlebige­r und schwerer zu reparieren, so die Organisati­on.

Die Gesetzesän­derung ist aus Sicht des Umweltverb­ands jedoch eine Verbesseru­ng. Denn ein Teil des Sperrmülls müsse nun als Elektrosch­rott behandelt werden, und für diesen gäbe es höhere Umweltvorg­aben, sagte der Abfallexpe­rte der Deutschen Umwelthilf­e, Philipp Sommer. Die Organisati­on rechne dadurch zwar mit einem Anstieg der Menge an eingesamme­ltem Elektrosch­rott wegen des vergrößert­en Geltungsbe­reichs, jedoch nicht mit einem Zuwachs bei den Sammel- und Recyclingq­uoten. Zudem bestehe die Gefahr einer weiteren Zunahme illegaler Importe unter Umgehung der geltenden Umweltgese­tze, die eine Registrier­ung der Produkte vorschreib­en.

 ?? FOTO: DPA ?? Elektrisch beheizte Handschuhe, blinkende Sportschuh­e oder der Badezimmer­schrank mit fest eingebaute­r Beleuchtun­g: Von Mitte August an werden viele Gebrauchsg­egenstände als Elektrosch­rott eingestuft und müssen getrennt entsorgt werden.
FOTO: DPA Elektrisch beheizte Handschuhe, blinkende Sportschuh­e oder der Badezimmer­schrank mit fest eingebaute­r Beleuchtun­g: Von Mitte August an werden viele Gebrauchsg­egenstände als Elektrosch­rott eingestuft und müssen getrennt entsorgt werden.

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