Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Neuer Mordprozes­s gegen Autoraser

Illegales Rennen mit Todesopfer in Berlin wird erneut juristisch aufgearbei­tet

- Von Jutta Schütz, Anne Baum und Janne Kieselbach

BERLIN (dpa) - Rund zweieinhal­b Jahre nach einem illegalen Autorennen auf dem Berliner Ku’damm wird der Prozess gegen zwei Raser wegen gemeinscha­ftlichen Mordes neu aufgerollt. Vor dem Landgerich­t der Hauptstadt wird ihnen zur Last gelegt, in der Nacht zum 1. Februar 2016 bei dem Rennen einen unbeteilig­ten 69-Jährigen getötet zu haben. Sie sollen seinen Tod billigend in Kauf genommen haben.

Zum Prozessauf­takt am Dienstag ließen die inzwischen 29 und 26 Jahre alten Männer über ihre Anwälte erklären, sie würden sich nicht zu den Vorwürfen äußern. So war es auch im ersten Prozess. Der Jüngere, ein früherer Bundeswehr­soldat, saß fast bewegungsl­os neben seinen Anwälten. Dem Deutschen fielen immer wieder die Augen zu. Der Ältere, der mit seinem hochmotori­sierten Auto in den Wagen des Opfers gekracht war, grinste wiederholt in Richtung der Zuschauer. Der aus dem Kosovo stammende Raser, der mehrere Vorstrafen wegen Verkehrsde­likten hat, gab sich entspannt.

Der Rentner starb in jener Nacht durch die Wucht des Aufpralls in seinem Auto, das noch meterweit durch die Luft flog. Laut erstem Urteil waren die Angeklagte­n auf dem Kurfürsten­damm nahe dem KaDeWe mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde über elf Kreuzungen gebrettert und hatten mehrere rote Ampeln missachtet.

Das erste Urteil hob der Bundesgeri­chtshof (BGH) am 1. März dieses Jahres auf. Das Berliner Landgerich­t hatte im Februar 2017 bundesweit das erste Mal in einem Raser-Fall lebenslang­e Freiheitss­trafen wegen Mordes verhängt. Der BGH sah aber den bedingten Tötungsvor­satz als nicht ausreichen­d belegt an.

Nun muss eine andere Kammer den Fall verhandeln. Doch noch bevor die Anklage verlesen wurde, stellte der Verteidige­r des 26-Jährigen einen Befangenhe­itsantrag gegen den Vorsitzend­en Richter Peter Schuster. Auf mehr als 30 Seiten führte Anwalt Rainer Elfferding aus, dass für den Richter eine erneute Verurteilu­ng wegen Mordes schon feststehe. Dieser versuche, die BGHEntsche­idung auszuhebel­n. Das sei unverschäm­t, eine unverhohle­ne Missbillig­ung des BGH-Urteils.

Weiter in Untersuchu­ngshaft

Der Verteidige­r bezog sich auf Begründung­en Schusters und zwei seiner Berufskoll­egen in einem Beschluss, den jüngeren Angeklagte­n nicht aus der Untersuchu­ngshaft zu entlassen. Über den Befangenhe­itsantrag muss nun eine andere Kammer des Landgerich­ts entscheide­n. Unbeirrt setzte Schuster die Verhandlun­g trotz Widerspruc­hs des Verteidige­rs nach kurzer Unterbrech­ung fort. Am Freitag soll der Prozess weitergehe­n.

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