Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Trockenheit macht den Tieren zu schaffen
Bauernverband Biberach-Sigmaringen spricht von einer ordentlichen Ernte – Futter ist knapp
● STAFFLANGEN - Die anhaltende Hitze hat den Landwirten in den Landkreisen Biberach und Sigmaringen eine frühe Ernte beschert. Der Bauernverband ist mit den Ernteerträgen zufrieden. „Die Hitze kam genau im richtigen Moment für die Ernte“, sagt Gerhard Glaser, Kreisobmann und Vizepräsident des Bauernverbands Biberach-Sigmaringen, beim Pressegespräch auf dem Hof von Familie Jeggle in Stafflangen. „Die Erträge sind insgesamt auf einem hohen Niveau.“Positiv sei ebenfalls, dass das Getreide direkt eingelagert werden konnte, ohne es vorher trocknen zu müssen. „Dafür mussten die Bauern in diesem Jahr zum Glück kein Geld ausgeben.“
Dem kann Andreas Jeggle nur zustimmen: „Die Ernte war dieses Jahr ein Traum, wir konnten ohne Unterbrechung einfahren.“Sein Familienbetrieb in Stafflangen umfasst rund 200 Hektar Fläche, auf dem er Getreide, Raps, Mais und Leguminosen anbaut. Zusätzlich hat sich die Familie auf die Aufzucht von Schweinen spezialisiert und betreibt eine Biogasanlage. Sein Sohn Martin ist nach seinem Studium vor ein paar Jahren voll in den Betrieb eingestiegen.
Was den Landwirten große Sorgen bereitet, ist aktuell die Knappheit des Futters. „Die Sorgen bei der Viehhaltung können wir nicht verheimlichen, denn vom Ackerbau allein lässt sich nicht leben“, sagt Gerhard Glaser, Landwirt aus Schemmerhofen. „Der Graswuchs auf den Wiesen steht still, es gibt kein Futter für die Tiere.“Wenn sich das nicht schleunigst ändert, müsse auch er sein Vieh in den Stall holen. „Dazu brauchen wir jetzt richtig Regen, das könnte uns noch retten.“Denn auch die Bäche seien ausgetrocknet.
Auch Hubert Hopp bereitet die Futterknappheit große Sorgen. „Mancher Betrieb hat da jetzt schon einen Engpass, der sich vielleicht noch mit Mais ausgleichen lässt“, so der Landwirt aus Meßkirch. Landwirt Karl Endriß aus Gammertingen weiß zum Beispiel aktuell nicht, wo er noch Futter herbekommen soll. „Aber ich habe noch Hoffnung, dass der Regen kommt.“Im Osten Deutschlands sei die Lage schon so dramatisch, dass sie Tiere schlachten müssen, weil es kein Futter gibt. „Die Fleischpreise sind seit der Hitzewelle drastisch gefallen“, so Endriß. An der Fleischtheke merke der Verbraucher allerdings noch nichts.
Was den Landwirten neben dem Klimawandel und der Wetterlage noch zu schaffen macht, ist die Wertschätzung bei Politik und Bevölkerung. „Wir brauchen mehr Wertschöpfung, aber auch mehr Wertschätzung“, sagt Hubert Hopp. „Wir werden für alles an den Pranger gestellt.“Den Landwirten werde unter anderem vorgeworfen, die Umwelt mit Pestiziden zu verschmutzen, zu viel Mais anzubauen und die Tierhaltung stehe ebenfalls im Fokus. Das ist es auch, was Doris Härle so stört: „Das stimmt mich sehr nachdenklich. Ich bin dafür, dass die Leute auf die Höfe kommen und sehen, was wir täglich leisten“, sagt die Vorsitzende der Landfrauen. „Wenn immer mehr Landwirte aufhören müssen, weil das Geld nicht reicht, dann frage ich mich, wo unsere Nahrung herkommt.“
Psychischer Druck wächst
Früher sei der Beruf des Landwirts ein sehr angesehener gewesen. Heute werden Kinder in der Schule deshalb gemobbt. Das kennt auch Niklas Kreeb, Geschäftsführer des Bauernverbands: „Da werden die Kinder dann gehänselt, weil die Eltern ,Umweltverbrecher’ sind, um es mal ganz krass auszudrücken.“Viele Landwirte seien dem psychischen Druck nicht gewachsen. Wie zum Beispiel Martin Jeggle mit solchen Vorurteilen umgeht? „Ich höre auf so etwas überhaupt nicht und mache einfach meine Arbeit.“Für ihn sei es Selbstverständlich gewesen in den Familienbetrieb einzusteigen und eines Tages den Hof in Stafflangen zu übernehmen: „Aber viele haben da einfach keine Lust darauf.“Oder aber es gibt nicht genügend Geld, man müsse schon ein bis zwei Millionen Euro in die Hand nehmen, „wenn der Sohn voll durchstarten will“, sagt Andreas Jeggle.
Für die Zukunft wünschen sich die Landwirte mehr Unterstützung vonseiten der Politik: „Da muss schleunigst etwas passieren, es müssen intelligente Lösungen für uns gefunden werden“, sagt Gerhard Glaser und meint finanzielle Unterstützung. „Denn die Risiken durch die Wetterkapriolen und den Klimawandel steigen stetig.“Kein Beruf der Welt sei so vom Wetter abhängig, wie der des Landwirts.
Wie Kreisobmann Gerhard Glaser die Situation momentan sieht, sehen Sie online in einem unter