Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Räte empören sich über Tierheim
Vorwurf, Katzen würden von der Straße gestohlen, weisen die Tierschützer zurück
● SCHEMMERHOFEN - In vielen Gemeinden war es eine reine Formsache: Die Erhöhung der Zuschüsse für das Tierheim in Biberach. Künftig muss jeder Bürger umgerechnet einen Euro pro Jahr zahlen, bislang waren es 60 Cent. Im Schemmerhofer Rat hat sich daran eine emotionale Debatte über den Sinn des Tierheims entzündet. Die Debatte gipfelte in dem Vorwurf: Mitarbeiter des Tierheims Biberachs oder benachbarter Tierschutzorganisationen würden Katzen von der Straße einsammeln. Das Tierheim Biberach hat die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen.
Der Unmut bei manchen Räten saß offenbar tief: Altheims Ortsvorsteher Johannes Müller empörte sich: „Ich bin überzeugt, da werden Katzen eingefangen.“Von einem Landwirt in Altheim habe er gehört, das Katzen von der Straße mitgenommen worden seien, offenbar von Mitarbeitern eines Tierheims, möglicherweise auch aus dem Ehinger Raum. Aber vor allem gegen den Willen der Eigentümer. Fragwürdig sei auch, in welcher Form die Fundtiere und deren Finder generell registriert würden.
Auch Gemeinderat Reinhold Brehm machte seinem Unmut über die Erhöhung Luft: „Solange wir das Tierheim mit Geld stopfen, wachsen die unendlich.“Er habe das Gefühl, dass die „Verhältnismäßigkeit“nicht mehr passe. „Heute ist es leichter ein Kind zu adoptieren, als einen Hund in einem Tierheim zu ergattern“, sagte er. Das Tierheim Biberach hat auf Nachfrage der Schwäbischen Zeitung die Kritik deutlich zurückgewiesen: „Wir würden nie auf die Idee kommen, Tiere einzusammeln, von denen wir wissen, dass sie jemandem vor Ort gehören“, erklärt Petra Schefold, Vorsitzende des Biberacher Tierschutzvereins. „Nur wenn eine akute Gefahr für diese Tiere besteht, wie zum Beispiel bei einem freilaufenden Hund oder bei verletzten Katzen und kein Besitzer vor Ort zu ermitteln ist, werden diese Vierbeiner im Tierheim versorgt.“Und Schefold betont: „Wir sind froh über jedes Fundtier, bei dem das Zuhause ermittelt werden kann.“
Finder müssen sich registrieren
Um die Besitzer ausfindig zu machen, nutze das Tierheim alle Möglichkeiten: Der angebliche Fall aus Altheim sei nicht bekannt, auch bei einer Überprüfung der Tier-Datenbank seien keine passenden Tiere aus Altheim gefunden worden. Wenn die Tiere gechipt sind, versuche das Tierheim bei einem Fund über das Einwohnermeldeamt die Besitzer zu ermitteln, zudem werden Bilder der Tiere im Mitteilungsblatt veröffentlicht sowie über die sozialen Medien. Mitarbeiter des Heims fragen zudem bei Anwohnern am Fundort nach und gleichen das Fundtier mit bestehenden Vermisstenmeldungen ab. Schwieriger werde, wenn das Tier nicht gechipt sei. In jedem Fall aber gelte: Bei der Abgabe der Tiere müsse sich der Finder mit Namen, Adresse und genauen Fundort registrieren. Zudem müsse er per Unterschrift bestätigen, dass es sich tatsächlich um ein Fundtier handelt.
Jedes Jahr werden etwa 350 Fundkatzen im Biberacher Tierheim eingeliefert, um sie und die zahlreichen anderen Tiere kümmern sich acht Tierpfleger in Teilzeit und zahlreiche Ehrenamtliche. Bereits 2011 haben die Kommunen im Kreis Biberach einer Kostenpauschale von 60 Cent je Einwohner zugestimmt. Schon damals sei klar gewesen, dass die Pauschale nicht ausreiche. „Die jährlichen Verluste haben sich zuletzt im sechsstelligen Bereich bewegt“, erklärt Schefold.
Der jetzt beschlossene Zuschuss in Höhe von einem Euro sei weiterhin nicht kostendeckend. Laut Berechnungen des Tierheims müsste dafür jeder Bürger 1,40 Euro jährlich aufbringen. „Aber wir versuchen, den Vertrag möglichst niedrig zu halten und wollen ein Partner der Kommunen sein“, sagt Schefold. Zudem ist das Heim auch weiterhin auf Spenden angewiesen.
Der Schemmerhofer Gemeinderat hat sich am Ende seiner Debatte mehrheitlich für die Erhöhung der Pauschale für die Unterbringung der Fundtiere ausgesprochen. Dagegen stimmten Josef Rapp, Reinhold Brehm und Christian Engstler. Paul Haid enthielt sich. Statt wie bislang 4800 Euro wird der Haushalt der Gemeinde nun mit jährlich 8300 Euro belastet.
Bürgermeister Mario Glaser hatte zuvor bereits erklärt: „Wir sind dankbar, dass das Tierheim die Aufgabe übernimmt.“Die Alternative wäre, dass jede Gemeinde einzeln die Fundtierkosten abrechnen würde und sich um die Versorgung kümmern müsste. Dafür würden aber wohl deutlich höhere Beiträge fällig, als dies bislang der Fall ist.