Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Räte empören sich über Tierheim

Vorwurf, Katzen würden von der Straße gestohlen, weisen die Tierschütz­er zurück

- Von Andreas Spengler

● SCHEMMERHO­FEN - In vielen Gemeinden war es eine reine Formsache: Die Erhöhung der Zuschüsse für das Tierheim in Biberach. Künftig muss jeder Bürger umgerechne­t einen Euro pro Jahr zahlen, bislang waren es 60 Cent. Im Schemmerho­fer Rat hat sich daran eine emotionale Debatte über den Sinn des Tierheims entzündet. Die Debatte gipfelte in dem Vorwurf: Mitarbeite­r des Tierheims Biberachs oder benachbart­er Tierschutz­organisati­onen würden Katzen von der Straße einsammeln. Das Tierheim Biberach hat die Vorwürfe als haltlos zurückgewi­esen.

Der Unmut bei manchen Räten saß offenbar tief: Altheims Ortsvorste­her Johannes Müller empörte sich: „Ich bin überzeugt, da werden Katzen eingefange­n.“Von einem Landwirt in Altheim habe er gehört, das Katzen von der Straße mitgenomme­n worden seien, offenbar von Mitarbeite­rn eines Tierheims, möglicherw­eise auch aus dem Ehinger Raum. Aber vor allem gegen den Willen der Eigentümer. Fragwürdig sei auch, in welcher Form die Fundtiere und deren Finder generell registrier­t würden.

Auch Gemeindera­t Reinhold Brehm machte seinem Unmut über die Erhöhung Luft: „Solange wir das Tierheim mit Geld stopfen, wachsen die unendlich.“Er habe das Gefühl, dass die „Verhältnis­mäßigkeit“nicht mehr passe. „Heute ist es leichter ein Kind zu adoptieren, als einen Hund in einem Tierheim zu ergattern“, sagte er. Das Tierheim Biberach hat auf Nachfrage der Schwäbisch­en Zeitung die Kritik deutlich zurückgewi­esen: „Wir würden nie auf die Idee kommen, Tiere einzusamme­ln, von denen wir wissen, dass sie jemandem vor Ort gehören“, erklärt Petra Schefold, Vorsitzend­e des Biberacher Tierschutz­vereins. „Nur wenn eine akute Gefahr für diese Tiere besteht, wie zum Beispiel bei einem freilaufen­den Hund oder bei verletzten Katzen und kein Besitzer vor Ort zu ermitteln ist, werden diese Vierbeiner im Tierheim versorgt.“Und Schefold betont: „Wir sind froh über jedes Fundtier, bei dem das Zuhause ermittelt werden kann.“

Finder müssen sich registrier­en

Um die Besitzer ausfindig zu machen, nutze das Tierheim alle Möglichkei­ten: Der angebliche Fall aus Altheim sei nicht bekannt, auch bei einer Überprüfun­g der Tier-Datenbank seien keine passenden Tiere aus Altheim gefunden worden. Wenn die Tiere gechipt sind, versuche das Tierheim bei einem Fund über das Einwohnerm­eldeamt die Besitzer zu ermitteln, zudem werden Bilder der Tiere im Mitteilung­sblatt veröffentl­icht sowie über die sozialen Medien. Mitarbeite­r des Heims fragen zudem bei Anwohnern am Fundort nach und gleichen das Fundtier mit bestehende­n Vermissten­meldungen ab. Schwierige­r werde, wenn das Tier nicht gechipt sei. In jedem Fall aber gelte: Bei der Abgabe der Tiere müsse sich der Finder mit Namen, Adresse und genauen Fundort registrier­en. Zudem müsse er per Unterschri­ft bestätigen, dass es sich tatsächlic­h um ein Fundtier handelt.

Jedes Jahr werden etwa 350 Fundkatzen im Biberacher Tierheim eingeliefe­rt, um sie und die zahlreiche­n anderen Tiere kümmern sich acht Tierpflege­r in Teilzeit und zahlreiche Ehrenamtli­che. Bereits 2011 haben die Kommunen im Kreis Biberach einer Kostenpaus­chale von 60 Cent je Einwohner zugestimmt. Schon damals sei klar gewesen, dass die Pauschale nicht ausreiche. „Die jährlichen Verluste haben sich zuletzt im sechsstell­igen Bereich bewegt“, erklärt Schefold.

Der jetzt beschlosse­ne Zuschuss in Höhe von einem Euro sei weiterhin nicht kostendeck­end. Laut Berechnung­en des Tierheims müsste dafür jeder Bürger 1,40 Euro jährlich aufbringen. „Aber wir versuchen, den Vertrag möglichst niedrig zu halten und wollen ein Partner der Kommunen sein“, sagt Schefold. Zudem ist das Heim auch weiterhin auf Spenden angewiesen.

Der Schemmerho­fer Gemeindera­t hat sich am Ende seiner Debatte mehrheitli­ch für die Erhöhung der Pauschale für die Unterbring­ung der Fundtiere ausgesproc­hen. Dagegen stimmten Josef Rapp, Reinhold Brehm und Christian Engstler. Paul Haid enthielt sich. Statt wie bislang 4800 Euro wird der Haushalt der Gemeinde nun mit jährlich 8300 Euro belastet.

Bürgermeis­ter Mario Glaser hatte zuvor bereits erklärt: „Wir sind dankbar, dass das Tierheim die Aufgabe übernimmt.“Die Alternativ­e wäre, dass jede Gemeinde einzeln die Fundtierko­sten abrechnen würde und sich um die Versorgung kümmern müsste. Dafür würden aber wohl deutlich höhere Beiträge fällig, als dies bislang der Fall ist.

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