Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Geschichte und Geschichte­n im Container

In Romanshorn steht ein kleines Verkehrsmu­seum der etwas anderen Art

- Von Christa Kohler-Jungwirth

● ie die Farbe des Bodensees an sonnigen Tagen – so türkisblau leuchtet der neue Bodenseeco­ntainer im schweizeri­schen Romanshorn. Seit Anfang Juni steht der umgebaute Frachtcont­ainer dort an der Hafenprome­nade und lädt zum Schauen und Entdecken ein. Auf wenigen Quadratmet­ern zeigt er Verkehrsge­schichten der internatio­nalen Bodenseere­gion. Historisch­e

Bilder zum Durchklick­en verbergen sich hinter Gucklöcher­n in einem dreidimens­ionalen Leuchtkörp­er, der in der Form des Bodensees das Innere des Containers nahezu ausfüllt. Das Dach bietet einen Rundblick über die Bucht von Romanshorn – dem größten Bodenseeha­fen der Schweiz, wo Fähren, Segelschif­fe und die Eisenbahn nur wenige

WMeter voneinande­r entfernt liegen. Historisch gesehen gilt Romanshorn als eine Drehscheib­e des Verkehrs. Schon früh hat sich die Hafenstadt am Bodensee zu einem wichtigen Verkehrskn­otenpunkt entwickelt. Deshalb war es naheliegen­d, dieses mobile Mini-Museum dort zu installier­en.

So dreht sich auch in den Geschichte­n des Erlebnisco­ntainers alles um den Verkehr in der Bodenseere­gion und die Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Näher beleuchtet wird der Zeppelin ebenso wie die Pfänderbah­n, Dampfschif­fe, Fähren und die Eisenbahn, die allesamt dazu beigetrage­n haben, Wirtschaft, Handel und Tourismus in dem Dreiländer­eck rund um den See zu entwickeln. Im Container erfahren interessie­rte Besucher, dass der Bodensee und der Rhein schon im Mittelalte­r als wichtige Verkehrsve­rbindungen galten und der Handelsweg Wasser der Region wirtschaft­lichen Aufschwung und Reichtum verliehen haben.

„Der Gedanke war, Geschichte, die oft im Verborgene­n liegt, aufzuzeige­n“, erläutert Stefan Krummenach­er, Stadtmarke­ting- und Kulturbeau­ftragter der Stadt Romanshorn, das Konzept des Museumscon­tainers. So sind denn auch mehr oder weniger bekannte Verkehrsge­schichten rund um den Bodensee ans Tageslicht befördert worden. Man erfährt zum Beispiel, dass die Pfänderbah­n seit ihrem Beginn im Jahr 1927 mehr als 36 Millionen Menschen von Bregenz auf den Berg transporti­ert hat, dass Konstanz bereits 1926 ein öffentlich­es Bussystem eingeführt hat oder dass die Postkutsch­e „Lindauer Bote“um 1825 in fünfeinhal­b Tagen die Strecke LindauMail­and über die Alpen zurückgele­gt hat.

Ein Kahn für Eisenbahnw­aggons

Die Geschichte des Trajekts, der in Romanshorn im nächsten Jahr sein 150-jähriges Jubiläum feiert, liegt Stefan Krummenach­er besonders am Herzen. 1876 war der erste Trajekt unterwegs – das erfährt man im kleinen Containerm­useum. Der Transportk­ahn konnte ganze Eisenbahnw­agen aufnehmen und ersparte damit den Trägern das mühsame Umladen der Güter vom Schiff an Land. So haben von 1869 bis 1976 Trajektver­bindungen zwischen Romanshorn und Lindau beziehungs­weise Friedrichs­hafen für einen effiziente­ren Güterverke­hr am Bodensee gesorgt. Dass dabei auch Unfälle passiert sind, zeigen historisch­e Bilder in den Gucklöcher­n.

Viel Platz ist nicht in dem türkisblau­en Erlebnisco­ntainer. Dennoch tummeln sich hier immer wieder gerne ganze Schulklass­en, erzählt Krummenach­er, und interessie­ren sich vor allem für die Gucklöcher. Diese Bullaugen, die einen geheimnisv­ollen Blick ins Innere des smaragdgrü­nen Leuchtkörp­ers gewähren, sind geografisc­h angeordnet und erzählen spannende Geschichte­n in historisch­en Bildern. Zusätzlich zeigen die Verkehrsge­schichten an den Innenwände­n des Erlebnisco­ntainers nicht nur den regionalen Aspekt des Bodenseeve­rkehrs, sondern auch internatio­nale Verflechtu­ngen.

Internatio­nal sind auch die Macher des Erlebnisco­ntainers. An dem gemeinsame­n Projekt sind neben den Städten Romanshorn, Bregenz, Kreuzlinge­n, Konstanz, Friedrichs­hafen und Lindau auch als Partner das Saurer Museum in Arbon, die „Autobau Erlebniswe­lt“in Romanshorn, die Schweizeri­sche Bodensee Schifffahr­t Romanshorn und Provida Romanshorn beteiligt. Die Szenografi­n Claudia Schmauder hat das Konzept aktiv begleitet und mit den Kooperatio­nspartnern zusammen entwickelt. Auf einer Kreidewand am linken Tor können Besucher übrigens ihre Spuren hinterlass­en und selbst malen oder einen Kommentar schreiben.

Weil der Bodenseeco­ntainer nicht nur Mobilitäts­geschichte erzählt, sondern selbst mobil ist, kann es durchaus sein, dass er in den nächsten Jahren auch an anderen Orten rund um den Bodensee gezeigt wird.

Der Erlebnisco­ntainer ist täglich von 8.30 Uhr bis 19 Uhr kostenlos zugänglich. Wer noch mehr über Verkehrsth­emen in Romanshorn und am Bodensee wissen will, kann in der Eisenbahn-Erlebniswe­lt „Locorama“in Romanshorn alles rund um den Schienenve­rkehr erfahren. Das „Museum am Hafen“in Romans-horn zeigt die Entwicklun­g Romanshorn­s als prominente nationale und internatio­nale Verkehrs-Drehscheib­e am Bodensee. Und das Automuseum „AutobauErl­ebniswelt“in Romanshorn zeigt als Privatsamm­lung jede Menge exklusive Flitzer.

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FOTOS: JUWI Vom Dach des Erlebnisco­ntainers hat man einen Panoramabl­ick über die Romanshorn­er Bucht.
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Die Geschichte der Pfänderbah­n im Guckloch.

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