Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Skulpturen für Altshausen“startet
„Raumgefüge“von Reinhard Scherer eröffnet die vierte Skulpturen-Ausstellung
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ALTSHAUSEN - Nunmehr zum vierten Mal ist das Gemeindeprojekt „Skulpturen für Altshausen“auf dem Marktplatz realisiert worden. 2009 von Jupp Eisele und Kurt König initiiert, haben seither ausschließlich Künstler ausgestellt, die mit Metall arbeiten. Der erste, Henk Visch, zeigte Bronze- und Aluminiumfiguren, die beiden folgenden, Robert Schad 2011 und Herbert Mehler 2016, Arbeiten aus massivem Vierkantstahl und Cortenstahl. Auch der 1948 in Wangen geborene Künstler Reinhard Scherer bevorzugt schon lange dieses Material für seine raumgreifenden Skulpturen. Wie es dazu kam, erklärte er im später folgenden, sehr informativen Künstlergespräch mit Laudator Martin Mäntele aus Ulm.
In der strahlenden Sonne an diesem frühen Sonntagnachmittag ist man dankbar für den paradiesischen Schatten unter den Apfelbäumen, da wachsen den zahlreichen Gästen die Früchte geradezu in den Mund hinein. Auch das Gabrieli Quintett hat einen Platz zwischen den Bäumen eingenommen und erfrischt mit kristallklarem und sattem Bläserklang und Barockmusik das Ohr. Zur Ausstellungseröffnung begrüßte Bürgermeister Patrick Bauser schwungvoll und herzlich den Künstler Reinhard Scherer und freute sich über das Interesse an der Kunst. „Ein gebürtiger Allgäuer von robuster Natur“, sei Scherer. Und ein Handwerker mit Schwielen an den Händen, rückte er die tonnenschweren Skulpturen auf Augenhöhe. Ohne Unterstützung des Gemeinderats, des Landrats und der OEW sei ihre Aufstellung auf zum Teil extra dafür gegossenen Betonsockeln nicht möglich gewesen. Auch nicht ohne die „unverzichtbare Beratung“durch Jupp und Marielle Eisele, bedankte er sich bei den Initiatoren.
Laudator vom Künstler engagiert
Martin Mäntele, vom Künstler als Laudator engagiert, führte zunächst gedanklich in die Formenwelt von Reinhard Scherer ein. Indem der Künstler Raumkörper aus unregelmäßigen Stahlplatten zusammenbaue, könne er frei mit dem Raum umgehen. Im Gegensatz zu den fünf „platonischen Körpern“, von denen der bekannteste der Hexaeder (Sechsflächner, Würfel) ist, folgten sie keiner geometrischen Ordnung, sondern einer „Balance aus Statik und Dynamik“, wie es Scherer selbst in einem auf dem Ausstellungsflyer abgedruckten Text formuliert. So könne sich im Kontrast von Raumgrenze und Offenem eine „energiegeladene Leere“herausbilden.
Dieser faszinierende, scheinbar widersprüchliche Begriff hatte es Martin Mäntele besonders angetan, aber seine erste Frage an Scherer betraf das Material. Zu Beginn seines Studiums an der Stuttgarter Akademie habe er alle Materialien, vom Holz, Ton, Metall bis zum Gips, ausprobiert, aber wirklich faszinierte habe ihn nur das Metall, weil er damit die „Massen und Volumina im Raum festhalten“könne. „Außerdem mag ich keine lackierten Oberflächen“, antwortete Scherer mit Nachdruck, der Cortenstahl hingegen erhalte durch die Oxidation an der Luft eine Schutzschicht und roste nicht durch, solange er nicht mit Erdfeuchte in Kontakt käme.
Bodenständig und reflektiert, verständlich und intellektuell wirkt Scherer im Gespräch und so hört das Publikum bei der Schilderung der Techniken und der Arbeitsweise aufmerksam unte interessiert zu. Die Form seiner Arbeiten sei vom Material abhängig und den „Plan“gewinne er durch ein Modell im Maßstab 1:10 oder 1:5 und in acht bis zwölf Überarbeitungsstufen. Das wichtigste jedoch sei im öffentlichen Raum die Wechselbeziehung zwischen Umraum und Skulptur, ihre Größe, die sich aus dem „persönlichen, physischen Erleben“heraus ergebe. So hat Scherer auch die vier Großskulpturen für Altshausen, die zentrale „diametral“von neun Metern Länge, zwei weitere knapp menschenhohe und eine vertikal ausgerichtete für diesen Platz „raumprägend“ausgewählt; weitere kleinere Arbeiten sind im Seitenraum des Rathauses zu sehen.