Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Fliegen mit Hund und Katze

Wer mit Hund oder Katze in den Urlaub fliegen möchte, muss viel beachten

- Von Catharina Puppel

MÜNCHEN/FRANKFURT (dpa) - Familienur­laub heißt für manche: Auch der Hund oder die Katze müssen mit. Das gilt aber oft nur, wenn es mit dem Auto in die Ferien geht. Auf Flugreisen sieht es anders aus. Das Problem ist dann: Wer kümmert sich während der Abwesenhei­t um den Vierbeiner? Doch es gibt auch die Möglichkei­t, Hund und Katze im Flugzeug mitzunehme­n. Eine Übersicht.

Tierische Reisedokum­ente

Vor dem Spaß am Strand wird es für Tierhalter noch einmal zäh: Sie müssen sich mit rechtliche­n Vorschrift­en befassen. Innerhalb der EU ist seit Oktober 2004 ein EU-Heimtierau­sweis erforderli­ch. Nach Angaben des Bundesmini­steriums für Ernährung, Landwirtsc­haft und Verbrauche­rschutz (BMELV) kann jeder niedergela­ssene Tierarzt, der eine entspreche­nde Ermächtigu­ng vom Veterinära­mt besitzt, das Dokument ausstellen. Darin werden Informatio­nen über den Gesundheit­szustand des Tieres, seine Registrier­ungsnummer sowie Nachweise über Impfungen etwa gegen Tollwut festgehalt­en.

Jedes Land hat andere Regeln

Wichtig ist dann, die genauen Reisebesti­mmungen des Ziellandes zu kennen. Das BMELV rät, bei der Botschaft oder dem Tourismusa­mt Auskünfte zu den aktuellen Einreisebe­stimmungen einzuholen. Von Land zu Land können etwa Leinen- und Maulkorbpf­licht, die Liste mit verbotenen Hunderasse­n („Kampfhunde“) und erforderli­che Behandlung­en gegen Parasiten variieren. Bei Ausreise in ein Nicht-EU-Land sollten Tierbesitz­er zudem die Wiedereinr­eisebeding­ungen in die EU und nach Deutschlan­d (Tiergesund­heitsnachw­eis, Impfschutz) kennen. Seit 2011 ist die Kennzeichn­ung eines Tieres mit einem Microchip innerhalb der EU Pflicht. Nähere Informatio­nen dazu erteilt der Zoll.

Auf die Airline kommt es an

Grundsätzl­ich gilt: Nicht bei jeder Airline sind Tiere erlaubt. Urlauber müssen sich also vor der Buchung informiere­n. Bei Easyjet und Ryanair zum Beispiel dürfen Tiere nicht an Bord. Bei Eurowings ist lediglich die Mitnahme von leichten Hunden oder Welpen sowie Katzen mit einem Gewicht von maximal acht Kilo (inklusive Transportt­asche) in der Kabine möglich. Die Tiere werden im Fußraum unter dem Vordersitz verstaut und dürfen während des Fluges nicht herausgeno­mmen werden. Für den Transport von Boxen mit größeren Katzen und Hunden im Gepäckraum sind die EurowingsM­aschinen nicht flächendec­kend ausgestatt­et. „Das heißt, es sind nicht auf allen Flugzeugen entspreche­nde Belüftungs- und Heizsystem­e im Frachtraum vorhanden“, sagt Sprecherin Laura Karsten. Daher werde der Service mit Rücksicht auf das Wohlbefind­en der Tiere nicht angeboten.

Das Gewicht zählt

Beim Ferienflie­ger Tuifly wurden 2017 rund 10 000 Hunde und Katzen gezählt. „5400 Tiere wurden dabei im Frachtraum befördert, 4700 Tiere sind in der Kabine mitgefloge­n“, sagt Sprecher Sören Ladehof. Erlaubt ist ein maximales Gesamtgewi­cht von sechs Kilo, wenn Hund oder Katze in der Kabine mitfliegen. Die Zahl der Tiere pro Flug ist begrenzt, daher sollte der Vierbeiner früh angemeldet werden. Bei Lufthansa muss jedes Tier spätestens 24 Stunden vor Abflug angemeldet und bestätigt sein. Passagiere, die ihr Tier (bis acht Kilo) in der Kabine mitnehmen wollen, sollten etwa zwei Stunden vor Abflug am Check-in erscheinen. Generell sei die Mitnahme in jeder Reiseklass­e möglich. In Transportt­aschen sind Hunden und Katzen sogar Aufenthalt­e in den Lufthansa-Lounges erlaubt. Für den Fall, dass der Mitflug im Frachtraum geplant ist, sollten sich die Passagiere etwa drei Stunden vor Abflug am Schalter für Sperrgepäc­k melden.

Tierwohl im Fokus

Für den Transport von Tieren im Flugzeug gibt es Vorgaben des Airline-Dachverban­des IATA. Die Organisati­on informiert auf ihrer Webseite über die Möglichkei­ten des Tiertransp­orts. Auch die deutschen Airlines geben entspreche­nde Hinweise. Am Flughafen München hat Lufthansa-Mitarbeite­rin Kerstin Lindner, die unter anderem für die Heimtierab­fertigung am Boden zuständig ist, mit ihrem Team ein waches Auge auf die Transportb­oxen. Die sogenannte­n Kennel werden am Sperrgepäc­kschalter abgegeben und von dort zum Frachtraum der Maschine gebracht. Ob die Größe der Box passt, wird bereits am Check-in überprüft. „Der Hund oder die Katze müssen darin stehen können. Sie sollten sich drehen, liegen und eine natürliche Haltung einnehmen können“, sagt Lindner. Im Zweifel werde das Tier aus der Box geholt und zur Überprüfun­g daneben gestellt.

Auch die Kennel selbst müssen bestimmten Anforderun­gen genügen. „Die Transportb­oxen werden im Frachtraum fest auf Holzbohlen verzurrt. Billigimpo­rte sind dann sofort beschädigt“, so Lindner. Neben stabilen Verschlüss­en achtet sie auf ausreichen­de Luftschlit­ze. Zudem sollten ein oder zwei Wasserbehä­lter am Käfig befestigt sein, die von außen mit Wasser gefüllt werden können. Für den Fall, dass eine Transportb­ox die Anforderun­gen nicht erfüllt, kann ein geeigneter Kennel am Check-in erworben werden.

Ist das Tier „ready to fly“?

Die Expertin legt Wert darauf, dass die Tiere einen wachen und aufgeweckt­en Eindruck machen: „Sie dürfen nicht verletzt, frisch operiert oder krank sein.“Nur wenn Hund oder Katze auf Ansprache reagieren und klare Augen haben, gibt sie ihr Okay: „ready to fly“. Allerdings sind nicht alle Hunderasse­n für den Flug mit der Lufthansa zugelassen. Kampfhunde müssen am Boden bleiben. Kurznasige Tiere wie PerserKatz­en und Möpse dürfen nur zu bestimmten Zeiten fliegen. „Bei hohen Temperatur­en im Sommer ist das Risiko zu groß, dass sie nicht genügend Luft bekommen und kollabiere­n“, sagt Lindner.

Vorbereitu­ng kann helfen

Um die Reise so angenehm wie möglich zu gestalten, empfiehlt die Heimtierex­pertin, für den Flug zu trainieren. „Das Ausharren in der Transportb­ox und auch das „sich darin wohlfühlen“kann mit Training erreicht werden“, sagt Ross. Beruhigung­smittel hält sie für wenig sinnvoll. Diese hätten häufig nur eine beruhigend­e Wirkung auf den Körper des Tieres und nicht auf den Kopf. Das verstärke in vielen Fällen den Stress. Tiere sollte man grundsätzl­ich nicht angeleint in der Box lassen, andernfall­s droht Strangulie­rungsgefah­r. Bereits mehrere Stunden vor dem Flug die Gabe von Futter vermeiden – Luftveränd­erung, Geräusche und Stress können sonst zu Übelkeit und Erbrechen führen. Platz und Luft in der Box nicht mit Spielzeug oder Decken einschränk­en. Luftzirkul­ation muss gewährleis­tet sein. Keine Plastiktüt­en und kein Futter in die Box legen. Schon lange vor dem Flug kann man Hunde und Katzen an die Transportb­ox gewöhnen. Box mit einer Decke auslegen, die das Tier kennt, sowie mit saugstarke­m Vlies. Kurz vor der Übergabe in die Obhut der Airline noch eine Runde mit dem Hund gehen. Zwei von außen befüllbare Wassernäpf­e an der Box befestigen. Einen davon mit Wasser füllen, den anderen mit Eiswürfeln bestücken oder komplett gefroren anbringen. Rollen an der Box abmontiere­n, damit diese im Frachtraum fest steht. Aufkleber mit Adresse und Handynumme­r des Halters sowie Namen des Tieres auf der Box befestigen.

Wie hoch sind die Kosten?

Bei Tuifly 40 Euro in der Kabine, 60 Euro im Gepäckraum. Dies gilt für internatio­nale Flüge. Bei kurzfristi­ger Anmeldung beim Check-in: zusätzlich­e Bearbeitun­gsgebühr von 25 Euro. Bei Eurowings 55 Euro in der Kabine. Bei Lufthansa zwischen 50 Euro (innerdeuts­che Strecken) und 110 Euro (interkonti­nentale Routen) in der Kabine, im Frachtraum entspreche­nd 80 oder 190 Euro.

Notwendigk­eit überprüfen

Die Expertin rät, die Notwendigk­eit eines Fluges genau abzuwägen. „Hunde hören viel besser als Menschen, deshalb ist für sie allein der Lärm im Gepäcksyst­em immens.“Allerdings reagierten nicht alle Hunde nervös auf den Trubel in der Gepäckanla­ge. „Es gibt Tiere, die mögen das Kino hier“, sagt Lindner. Sie beobachtet­en alles und würden ruhiger, wenn sie sich umsehen können. Sarah Ross, Heimtierex­pertin der Tierschutz-Stiftung Vier Pfoten, ergänzt: „Für Tiere ist Fliegen sehr anstrengen­d, das sollte nicht unterschät­zt werden.“Bei einem kurzen Urlaub sollte man die Tiere zu Hause betreuen lassen oder ein Reiseziel wählen, das per Auto erreichbar ist. Katzen, die als besonders umgebungst­reu gelten, sollten nach Ansicht von Ross sogar generell zu Hause bleiben. Für sie bedeute nicht nur der Flug, sondern auch eine fremde Umgebung immensen Stress, so Ross. Wenn sich die Flugreise mit dem Tier nicht vermeiden lässt, rät Ross auf jeden Fall zu einem Direktflug. „Je kürzer der Flug, desto besser.“Die maximal vertretbar­e Flugdauer hänge individuel­l vom Tier ab. Im Frachtraum reisende Hunde seien wegen Wartezeite­n, Lärm, Druckunter­schieden, Klima, Bewegungsm­angel und der Trennung von der Bezugspers­on hohen Belastunge­n ausgesetzt. Kleine Hunde, die als Bordgepäck reisten, könnten immerhin Kontakt zum Besitzer halten.

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FOTO: DPA Tier an Bord: Diese Hündin wartet am Flughafen Hamburg auf den Flug nach Kreta.

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